Ursula von der Leyen hat nun 18 Tage Zeit, um Donald Trump davon abzuhalten, europäische Exporteure mit einem Zoll von 30 Prozent zu belegen. Am Wochenende hat Trump nun den Druck erhöht. Sollte es bis zum Stichtag am 1. August nicht gelingen, bessere Bedingungen zu erzielen, hätte dies katastrophale Folgen für die Wirtschaft der EU. Die Tatsache, dass Trumps Eskalation am Wochenende in Brüssel kaum mehr als ein Wimmern auslöste, verdeutlicht, wie sehr von der Leyens Strategie, „schlafende Hunde nicht zu wecken“, gescheitert ist. Anstatt sich direkt mit Trump auseinanderzusetzen, verließ sich von der Leyen auf ihren besten Mann: Maroš Šefčovič, einen in der Slowakei geborenen ehemaligen Kommunisten, der in Brüssel als ewiger Kommissar seines Landes Karriere gemacht hat. Šefčovič ist, soweit man weiß, ein netter Kerl, aber er ist gescheitert. Sofern Washington nicht in letzter Minute eine Kehrtwende vollzieht – was unwahrscheinlich erscheint –, scheint von der Leyens Entscheidung, Šefčovič die volle Verhandlungsmacht zu übertragen, ein massives Fiasko gewesen zu sein. Das wirft die Frage auf: Wo war Ursula? Von der Leyen hatte versprochen, erst nach Washington zu reisen, wenn eine „konkrete” Vereinbarung vorliegt. Nun liegt diese vor. Die europäischen Handelsminister treffen sich heute in Brüssel, nachdem sich am Sonntag die Botschafter versammelt hatten. Diese unterstützen nachdrücklich von der Leyens Entscheidung, ein 21 Milliarden Euro schweres Vergeltungspaket bis zum 1. August auf Eis zu legen, wie Euractiv erfahren konnte. Die Kommission wird den Ministern außerdem eine separate Liste mit Gegenmaßnahmen im Wert von rund 72 Milliarden Euro für US-Exporte vorlegen. Das haben EU-Diplomaten mitgeteilt. „Beide Pakete werden Anfang August einsatzbereit sein, wenn die Verhandlungen zu keinem akzeptablen Ergebnis führen”, sagte ein EU-Diplomat. Wenn die EU aber nicht bereit ist, das kleinere Vergeltungspaket jetzt einzusetzen, wie glaubwürdig ist dann die größere Drohung? Zudem sollte man nicht vergessen, dass dieses Paket, das als Reaktion auf die 25-prozentigen Zölle auf Stahl und Aluminium konzipiert wurde, nicht angepasst wurde, nachdem Trump diese Zölle mitten in den Verhandlungen auf 50 Prozent erhöht hatte. Trump scheint wie immer die Oberhand zu haben. Die gute Nachricht ist, dass die EU heute in einer besseren Position ist als zum Zeitpunkt von Trumps Drohung mit 50-prozentigen Zöllen. Die schlechte Nachricht ist, dass der Brexit plötzlich wie eine kluge Entscheidung erscheint: Das Vereinigte Königreich kam mit nur zehn Prozent Zöllen davon. Der Handel fällt in den Zuständigkeitsbereich der Europäischen Kommission, die im Namen der EU-Länder verhandelt. Damit sollte sie zumindest in dieser Sache gut sein. Deshalb stellen sich die Hauptstädte Europas heute Morgen eine sehr Trump-typische Frage: „Was zum Teufel ist passiert, Ursula?” |