Interview: Niram Ferretti
Frage: Wie bewerten Sie als Kritiker des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) mit dem Iran, dem Atomabkommen Donald Trumps Ausstieg?
Antwort: Ich bin extrem zufrieden. Der Iran-Deal brachte den Mullahs in Teheran enorme Vorteile; er gab ihnen Handlungsfreiheit jetzt und in der Zukunft Atomwaffen, wofür die sie gewaltige Mengen an Geld erhielten. Er konnte nicht schnell genug beendet werden.
Frage: Benjamin Netanyahu, ein höchst unverblümter Gegner des Atom-Deals, sagte in einer Rede vor dem Kongress 2015: "Das Regime des Iran ist nicht nur ein jüdisches Problem, so wie das Nazi-Regime nicht nur ein jüdisches Problem war. ... Das Regime des Iran stellt eine schwere Bedrohung dar, nicht nur für Israel, sondern auch für den Frieden der gesamten Welt." Hatte er recht?
Netanyahu bei seiner Rede vor einer gemeinsamen Sitzung des US-Kongresses am 3. März 2015 |
Antwort: Sehr recht. Die Iraner führen derzeit Kriege im Irak, Syrien, dem Libanon und Syrien, außerdem bedrohen sie Saudi-Arabien und andere Staaten des Persischen Golfs. Darüber hinaus würde die Drohung mit einem Atomwaffenangriff, der einen elektromagnetischen Puls in den Vereinigten Staaten und anderen westlichen Ländern auslöst, einen katastrophalen Verlust an Leben mit sich bringen.
Frage: Viele europäische Führungspolitiker haben erklärt, dass die Europäische Union den JCPOA beibehalten wird; realistisch gesehen: Kann der Deal am Leben erhalten werden, wenn die US- Regierung Wirtschaftssanktionen gegen den Iran wieder einführt?
Antwort: Ja, die Europäer können Konzerne wie Total S.A. kreieren, die keine Geschäfte in den USA machen und damit frei im Iran agieren können. Übrigens: Wenn die Europäer Teheran überzeugen weiterhin an den Bedingungen des JCPOA festzuhalten, macht das die Entscheidung der USA kostenfrei; Washington ist ausgestiegen, aber die Iraner werden weiterhin Uran anreichern. [Update: Nach diesem Interview geführt wurde, bestätigte Irans Präsident Ruhani, dass die Regierung des Iran sie Bedingungen des JCPOA festhalten wird, wenn die Europäer gewisse Zugeständnisse machen. In diesem Fall wird der US-Ausstieg das Handeln des Iran nicht ändern.]
Frage: Wie sehr wird das Land, mit einer iranischen Wirtschaft, die bereits in den Seilen hängt, von der Entscheidung der Amerikaner aus dem Deal auszusteigen getroffen?
Antwort: Die iranische Führung hat eine "Widerstandwirtschaft" aufgebaut, die Sanktionen überstehen kann, also wird das Land die Entbehrungen bewältigen. Ob das iranische Volk die vermehrte Armut akzeptieren wird, ist jedoch eine andere Sache. Ich erwarte, dass es zunehmend unzufrieden wird, was dann zu etwaigen Explosion führt.
Schlagzeile des "Guardian" einen Tag nach Trumps Entscheidung aus dem JCPOA auszustreigen. (Öl bei $77, aber der iranische Rial stürzt ab, als Trump den Atomdeal verlässt.) |
Frage: In einem Interview mit L'Informale im November sagten Sie: "Ich wünschte, Washington wäre gegenüber der Islamischen Republik fundamentaler feindselig, bis zu dem Punkt, an dem man einen Regimechange anstrebt, aber das ist in den fast vierzig Jahren khomeinistischer Regierung nie der Fall gewesen." Die Ernennungen von Mike Pompeo zum Außenminister und besonders der von John Bolton zum nationalen Sicherheitsberater, dazu der Ausstieg aus dem Iran-Deal deuten eine resolutere Herangehensweise an den Iran an. Könnte Ihr Wunsch schon bald erfüllt werden?
Antwort: Das bezweifle ich. Beachten Sie, was Trump nach dem Ausstieg aus dem JCPOA über die Führer des Iran sagte: "Sie werden einen neuen und nachhaltigen Deal machen wollen, einen, von dem der ganze Iran und die iranische Bevölkerung profitiert. Wenn sie das tun, bin ich bereit, willens und in der Lage [zu verhandeln]." Das legt keine Absicht nahe eine Regimewechsel herbeizuführen.
Frage: Sehen Sie die jüngste direkte Konfrontation zwischen Israel und dem Iran als möglichen Auftakt zu etwas Größerem?
Antwort: Ja. Während die jüngsten Runden für die Iraner ein beinahe totaler Fehlschlag gewesen zu sein scheinen, haben sie effektivere Wege gefunden gegen Israel zuzuschlagen. Sie können Israel durch ihre Stellvertreter aus dem Gazastreifen, Syrien und (besonders) dem Libanon angreifen lassen. Oder sie können jihadistische Gewalt gegen Juden einsetzen, wie in Buenos Aires oder Burgas.
Die Folgen der Bombardierung des AMIA-Gebäudes in Buenos Aires im Juli 1994 durch den Iran, bei dem 85 Menschen getötet wurden. |
Frage: Bisher hat Putin nichts gegen Israelis militärische Aktivitäten gegen den Iran in Syrien eingegriffen, aber selbst wenn Russland und der Iran keine gemeinsamen geopolitischen Ziele haben, sind sie Verbündete. Ist es nicht unvermeidlich, dass Putin eine Entscheidung gegen Israels Interessen treffen wird?
Antwort: Nein, das ist nicht unvermeidbar. Erstens hat Putin sich durchweg um gute Beziehungen zu Israel bemüht. Zweitens möchte er nicht, dass die Iraner Syrien beherrschen, also dient es seinen Interessen, wenn die Israelis ihnen Schläge verpassen.
Frage: Sie sind bezüglich Donald Trump skeptisch gewesen; wie bewerten Sie seine mutigen Entscheidungen im Nahen Osten wie den Umzug der Botschaft nach Jerusalem, die Unterzeichnung des Taylor Force Act, Zahlungen an die UNRWA zurückzuhalten und aus dem Iran-Deal auszusteigen?
Antwort: Trumps fehlende politische Philosophie und seine allgemeine Unberechenbarkeit ließ mich fürchten, dass er im Nahen Osten große Fehler macht. Bisher bin ich angenehm überrascht worden. Aber er könnten seine Ansichten innerhalb einer New Yorker Minute ändern, also bin ich auf künftige Probleme gefasst.