Europa sieht sich mit Krisen an verschiedenen Fronten konfrontiert, die seine Sicherheit und Wirtschaft massiv gefährden. Umso wichtiger ist es, dass die Politik die Lage genau analysiert und sich entsprechend vorbereitet. Die Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen der EU und den USA etwa stehen durch Trumps „Liberation Day“-Zölle stark unter Druck. Worauf sich Europa einstellen muss und wieso es trotz allem an Standards festhalten sollte, lesen Sie weiter unten. Dass bei allen Bedrohungen Europa seine Glaubwürdigkeit und Rolle als geopolitisch wichtiger Akteur bewahren muss, heben weitere Beiträge hervor. So hat die Eskalation zwischen den USA und Israel einerseits sowie Iran andererseits offenbart, auf welchen fragilen Grundlagen die angeblich strategische Partnerschaft von Teheran und Moskau steht. Genau deshalb und damit es nicht ins Abseits gerät, muss Europa durch nachhaltige diplomatische Initiativen mitreden. Inwiefern Russlands Vorgehen gegen sogenannte „Foreign Agents“ auch autokratischen Parteien in Europa als Vorbild dient und welche Gefahr darin für demokratische Gesellschaften besteht, erfahren Sie in einer ausführlichen Analyse. Wir wünschen eine gute Lektüre! Die „Liberation Day“-Zölle gefährden die transatlantische Wirtschaftsgemeinschaft: Womit die EU rechnen und was sie verhindern muss von Claudia Schmucker, Leiterin des Zentrums für Geopolitik, Geoökonomie und Technologie Worum es geht: Die Frist vom 9. Juli 2025, die US-Präsident Donald Trump für die Aussetzung der sogenannten reziproken Zölle des Liberation Day gewährt hatte, wurde nun auf den 1. August verschoben. Diese Zölle sollen einen Ausgleich für angeblich unfaire Marktzugangsbeschränkungen der Handelspartner für amerikanische Waren und Dienstleistungen schaffen. Neben dem Basiszoll von 10 Prozent droht der Europäischen Union damit ein weiterer Zoll von 50 Prozent. Dies sind jedoch nicht die einzigen Zölle, die die EU treffen: Sie hat bereits mit 25-Prozent-Zöllen auf Autos und Autoteilen sowie 50-Prozent-Zöllen auf Stahl- und Aluminium zu kämpfen und es laufen bereits weitere Untersuchungen, unter anderem zu Halbleitern, Pharmazeutika, Flugzeugteilen und Holz. Bereits vor dem möglichen Inkrafttreten der reziproken Zölle hat sich – laut WTO – der US-Zollsatz gegenüber der EU von durchschnittlich 3,47 auf 14,95 Prozent erhöht. Was auf dem Spiel steht: Die Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen der EU und den USA sind die am stärksten integrierten Wirtschaftsbeziehungen weltweit. Das Gleiche gilt für Deutschland: Laut Statistischem Bundesamt waren die USA im Jahr 2024 mit einem Außenhandelsumsatz (Exporte und Importe) von 252,8 Milliarden Euro erstmals seit 2015 wieder der wichtigste Handelspartner Deutschlands – noch vor China. Die hohen Zölle gefährden somit die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und der EU in dem wichtigsten Markt, und das zu einer Zeit, in der die deutsche und europäische Wirtschaft bereits stark unter Druck steht. Was zu tun ist: Die Einführung eines 50-Prozent-Zolls muss unbedingt verhindert werden. EU-Handelskommissar Maros Sefcovic versucht daher in einer Art Pendeldiplomatie, die Einführung durch ein vorläufiges Abkommen zu verhindern. Ein umfassendes Abkommen ist unwahrscheinlich; auch bis zum August ist nicht mehr viel Zeit. Das Ziel ist ein loseres Rahmenabkommen, das bereits Zollhöhen und nicht-tarifäre Handelshemmnisse anspricht sowie Angebote zum Ankauf von amerikanischem LNG und anderen Waren beinhaltet. Die EU muss sich jedoch auf den 10-prozentigen Basiszoll einstellen. Auch eine Änderung bei den Sektorzöllen ist unwahrscheinlich. Was zudem nicht passieren darf: Dass Standards, für die die EU steht – sowohl im digitalen Bereich (Digital Markets Act) als auch beispielsweise bei Lebensmitteln – aufgegeben werden. Das ist wichtig für die Glaubwürdigkeit der EU. Daneben muss die Suche nach verlässlichen Partnern weiter ausgebaut werden. Dies darf jedoch nicht zu Lasten der ohnehin angeschlagenen WTO gehen. Lesen Sie mehr zum Thema US-Zölle in unserer Zeitleiste Zollmacht Trump: Eine Timeline eskalierender Handelskonflikte. Diese zeigt die wichtigsten Schritte, Akteure und Eskalationsmomente seit Januar 2025 und gibt einen Überblick über Motive, Mechanismen und mögliche nächste Schritte im Welthandel. |