Liebe Frau Do,

spätestens seit meinem Schulaufenthalt 1994 in den USA bin ich ein politischer Mensch. Damals baute ein gewisser Bill Clinton die Vereinigten Staaten um, und das Land diskutierte aufgeregt über Waffenkontrolle, Krankenversicherung und Schulgewalt. An meiner High School gab es den Kurs „Public Debate“, wir spielten Kongressmitglieder, diskutierten politische Themen im Klassenzimmer. Nach meiner Rückkehr las ich politische Bücher, etwa Remarques Antikriegswerk „Im Westen nichts Neues“ oder den Rassismus-Roman "To Kill a Mockingbird". An der Universität fand ich es spannend, wenn Wirtschaft auf Politik traf, wir lernten Laffer, Friedman, Keynes kennen, und ich schrieb zum Abschluss über Max Webers Bürokratietheorie. Politik ist meine Leidenschaft, und Weber nannte Leidenschaft als eine der Grundelemente des Politischen. Umso enttäuschter bin ich von diesem Wahlkampf, von diesem Kanzler-Duell, vom großkoalitionären Mehltau. Kein Wort zu innenpolitischen Reformen, kein Wort zum Mega-Thema Digitalisierung, keine Diskussion über die Zukunftstauglichkeit unserer sozialen Sicherungssysteme. Wir laden Sie deshalb zur Fortsetzung des TV-Duells mit unseren Mitteln ein. Hier lesen Sie die Pläne und Positionen der Kanzlerkandidaten zu den Fragen, die nicht gestellt wurden. 

Wenn Sie zu den Erst- oder Bisher-Nicht-Wählern gehören, die eigentlich gar nicht so genau wissen, was am 24. September zur Wahl steht und wie das alles funktioniert, möchte ich Ihnen noch unser neues Videoformat empfehlen. Bei RP Online erklärt Vera Kämper alles Wichtige zur Wahl.

1977, mein Geburtsjahr, war zugleich das blutigste Jahr des Terrors der Rote Armee Fraktion. Höhepunkt der Mord- und Entführungsserie der RAF war der so genannte "Deutsche Herbst“ mit der Todesnacht von Stammheim. Martin Bewerunge blickt zurück auf düstere Wochen und Monate vor 40 Jahren.

Herzlichst

Ihr