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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 25.02.2022 | Überwiegend dichte Bewölkung bei max. 6°C. | ||
+ Am langen Tisch verhungert: Entsetzen in der Welt über Putins Krieg + „Eine Krise hebt die andere nicht auf“: Klimaaktivisten wollen BER blockieren + „Politik muss emotionslos sein“: Abschiedsworte von Antje Kapek + |
von Anke Myrrhe |
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Guten Morgen, „Europas Zukunft wird eine Zukunft in Frieden und Freiheit sein“, sagte Olaf Scholz gestern Abend in einer Fernsehansprache. Dass der Bundeskanzler einen solchen Satz ans deutsche Volk richtet, dass er diese Beruhigung der Menschen für nötig hält, allein das ist schier unbegreiflich. Über Nacht ist der Frieden in Europa keine Selbstverständlichkeit mehr. Das Selbstverständnis einer ganzen Generation erschüttert von den Bomben eines Despoten mit Großmachtphantasien. Die Welt ist nicht mehr die, die sie vorgestern war. Debatten über Nord Stream 2, diplomatisches Geschick und freundliche Annäherungen – sie wirken am Abend des Kriegsbeginns so weit entfernt wie die sibirische Steppe. „Wir wurden eiskalt belogen“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock gestern Abend im ZDF. „Es gibt kein Zurück“, sagte Olaf Scholz. Auch er wurde von Putin vorgeführt, der ihn – wie den Rest des Westens – am langen Tisch hat verhungern lassen. Die wichtigsten Nachrichten aus der Nacht: +++ „Es hat keine Wirkung gezeigt, der russische Präsident hat den Krieg gewählt“, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron gegen 3 Uhr morgens bei einer Pressekonferenz in Brüssel, über sein Telefonat mit Wladimir Putin. +++ Der EU-Sondergipfel stimmte Sanktionen gegen Russland zu: Ein Ausschluss aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift und Ausfuhrverbote für Erdgas sind zunächst nicht dabei. Das sei nicht der Schritt, den Europa im Moment gehen wolle, sagte US-Präsident Joe Biden. +++ Die USA schicken 7000 Soldaten nach Deutschland, um die Nato zu stärken. +++ Das russische Militär hat offenbar die Kontrolle über das Gebiet um den zerstörten Atomreaktor Tschernobyl übernommen. +++ Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ordnete die allgemeine Mobilmachung an: Alle Reservisten und Wehrpflichtigen werden einberufen. +++ Wenig später wird Selenskyj in einen Bunker gebracht: Erste russische Truppen haben die Hauptstadt Kiew erreicht. „Ich werde in Kiew bleiben“, sagte Selenskyj. +++ Die Ukraine meldete 137 Tote. Alle aktuellen Entwicklungen erfahren Sie rund um die Uhr hier in unserem Liveblog. Außerdem empfehlen wir Ihnen folgende Hintergrund-Artikel: Augenzeugen berichten: Der Tag, an dem der Krieg nach Europa kam (T+) Politikwissenschaftler Herfried Münkler im Interview: „Die Nato hat Putin freie Hand gegeben“ (T+) Putin fordert die Nato heraus: Wie der Westen jetzt reagieren sollte (T+) Forschung as usual: Viele in der Wissenschaft wollen mit Russland weiter zusammenarbeiten, im Labor wie im All. Die Leibniz-Gemeinschaft schlägt einen anderen Weg ein. Die Abhängigkeit vom Gas ist gewachsen: Was Russlands Krieg für Berlins Energieversorgung bedeutet (T+) Die Angst der Ukrainer in Berlin: „Ich weiß nicht, ob ich meine Eltern wiedersehe“ (T+) | |||||
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13.651 Ukrainerinnen und Ukrainer leben derzeit laut Statistischem Landesamt in Berlin, es werden wohl bald deutlich mehr werden. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR geht bereits von 100.000 Menschen aus, die sich auf die Flucht begeben haben, auch Berlin bereitet sich vor. „Wir haben die Verantwortung, alles zu tun, damit Berlin ein sicherer Hafen ist für die Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen müssen“, sagte Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) gestern. Es sei nun eine Frage von Tagen, bis die ersten Menschen hier ankämen. Derzeit sind nur etwa 1.300 Plätze für Geflüchtete frei, noch einmal etwa die gleiche Zahl könnte in den kommenden vier Wochen geschaffen werden. Den Bedarf wird das bei der aktuellen Situation in der Ukraine wohl kaum decken. In Berlin gab es gestern mehrere kleine Kundgebungen, am Abend demonstrierten rund 4.000 Menschen vor dem Brandenburger Tor, das erneut in den ukrainischen Nationalfarben beleuchtet war. „Ich war immer stolz auf mein Land und meine Geschichte“, sagte die russische Studentin Maria am Brandenburger Tor. „Das ist das erste Mal, dass ich mich schäme.“ (Q: rbb) | |||||
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„The Show must go on” lautete gestern auch das Motto beim Kölner Karneval: Zehntausende feierten auf den Straßen. Das Festkomitee glaubte, dass die Absage „das falsche Signal“ wäre. „Wir haben gerade auch in der jüngeren Vergangenheit gelernt, dass der Karneval in Krisenzeiten eine wichtige Funktion für die Menschen hat.“ Zum Beispiel in der Verbreitung von Viren. Wenige Stunden später war das Signal dann aber doch das richtige: Der Rosenmontagsumzug wurde abgesagt. Helau und Alaaf. | |||||
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Und damit sind wir mit einem Tusch zurück in den Untiefen der deutschen Pandemiepolitik. Mehr als 3.000 Unterschriften übergaben Eltern gestern im Roten Rathaus und forderten damit mehr Infektionsschutz an Schulen und Kitas. Um letztere besuchen zu dürfen, schieben Eltern bekanntlich mindestens drei Mal in der Woche ihren Kindern ein Wattestäbchen in den Mund (die Bezeichnung „Lolli“ führte nicht unbedingt zur größeren Akzeptanz beim Nachwuchs). „Mit der Einführung von Antigen-Lollitests reagiert das Land auf die Forderung nach kindgerechten Tests“, wiederholte Martin Klesmann, Sprecher der Bildungsverwaltung gestern. Kinderleicht – nur leider nicht funktionstüchtig. Mehrere Kitaträger berichten von sehr vielen Fällen, in denen die Tests trotz nachgewiesener Infektion nicht angeschlagen hätten. Der Dachverband Berliner Kinder- und Schülerläden spricht von 50 solcher Rückmeldungen. „Viele Eltern machen die Erfahrung, dass Nachtestungen mit anderen Produkten eine Infektion zu Tage fördern, während der Lolli-Test negativ war“, sagt Dorothee Thielen vom Paritätischen. „Wir empfehlen Eltern, sich trotz der manchmal sicherlich turbulenten Morgensituation ausreichend Zeit für die Testung zu nehmen, oder das Testprodukt nasal einzusetzen.“ Das nämlich ist die einfache Lösung – wenn auch mit weniger Lutschgenuss. Es kommentiert Tagesspiegel-Wissenschaftsredakteur Sascha Karberg: „Diagnosetechnisch macht es keinen wesentlichen Unterschied, welchen virushaltigen Schleim man auf den Teststreifen kippt.“ Berlin erfindet den Nasenlolli. Wenn das nicht mal 'ne positive Nachricht ist. | |||||
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