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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 18.04.2023 | bewölkt, aber voraussichtlich trocken, 4 bis 14°C. | ||
+ Ukrainische Armee findet Relikte deutscher Wehrmachtssoldaten + Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst tritt zurück + Radweg in Wedding kommt nach zwölf Jahren Planung + |
von Robert Ide |
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Guten Morgen, jetzt blüht uns was: Diese Woche kommt der Frühling aber wirklich. Nach den unterkühlten Dauerschauern lässt die wärmende Sonne die Knospen der Berliner Bäume knallen. „Der Spitzahorn steht schon in voller Blüte, diese und nächste Woche kommen auch viele Obstbäume wie die Zierkirschen hinzu“, berichtet Alexandra Rigos vom Naturschutzbund Berlin (Nabu) am Checkpoint-Telefon. Berlin hat 432.404 gezählte Straßenbäume sowie noch einmal eine halbe Million Bäume in Parks, auf Friedhöfen und in Gartenanlagen; hinzu kommen Hunderttausende Bäume auf Privatflächen. Sie alle zusammen treiben uns nun den Winter aus. Die blühenden Ahorne machen in Berlin ein Fünftel der Straßenbäume aus, am häufigsten stehen aber nicht nur Unter den Linden die Linden, die im Juni blühen. Das Aufspringen der Knospen ist sowohl wichtig für die Fortpflanzung der Bäume selbst, die damit ihren Samen verteilen, als auch als unverzichtbare Nahrungsgrundlage für zahllose Insekten. „Es gibt allein sechs Bienenarten, die von Eichen abhängig sind“, berichtet Rigos, die auch deshalb für den schonenden Umgang Berlins mit den Bäumen wirbt. Zumal die Blütezeit die ganze Stadt ins Frühlingserwachsen treibt. „Die Baumblüte zeigt den Menschen seit Urzeiten, dass der harte Winter nun vorbei ist. Außerdem hebt der Duft der Blüten in unserem Kleinhirn die Stimmung.“ Berlin hat wieder eine blühende Euphorie. | |||
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Nur noch mit viel Fantasie kann sich Berlins Spitzenpolitik eine Wiederauflage der rot-grün-roten Koalition vorstellen. Von der Wählerschaft abgestraft und von der SPD-Spitze aufgekündigt, kann man das Verhältnis zwischen der noch kurz amtierenden Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und der seit kurzem zur Oppositionsführerin gewandelten Bettina Jarasch (Grüne) nur noch als Nicht-Verhältnis beschreiben. Dass es auch anders geht, zeigt sich ausgerechnet am Rande der umkämpften Rasenbrache Tempelhofer Feld. Am Montagabend zelebrierten Grüne, SPD und Linke im Bezirk Tempelhof-Schöneberg trotz CDU-Gewinnen die Fortsetzung ihrer lokalen Zählgemeinschaft, wie meine Kollegin Sigrid Kneist berichtet (ihren und alle unseren kostenlosen Bezirke-Newsletter gibt es hier). Für die örtliche SPD schwärmte Fraktionschefin Marijke Höppner vom Dreierbündnis: „Die Stadt ist Mitte-Links definiert und weltoffen.“ Ob man das im womöglich bald Schwarzen Rathaus auch schon weiß? | |||
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Wie ermisst sich die Größe einer politischen Gestalt? Diese Frage wurde am Montagabend im Schloss Bellevue vermessen, als Angela Merkel, Dauerkanzlerin a.D., mit Deutschlands höchstem Orden ausgezeichnet wurde. Aus den Händen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD), einst als Außenminister ihr wichtigster Regierungspartner, erhielt die zeitweilig mächtigste Frau der Welt das mit einem Lorbeerkranz verzierte Großkreuz in besonderer Ausführung. Ungeachtet fataler Abhängigkeiten Deutschlands durch ihre und Steinmeiers Russland- und Energiepolitik, für die sie bisher kein selbstkritisches Wort gefunden hat, wurde Merkel damit in die Ehrenreihe mit Konrad Adenauer und Helmut Kohl gestellt. Es kommentiert treffend mein Kollege Daniel Friedrich Sturm: „Mit dem Orden adelt Steinmeier nicht nur Merkel, sondern entlastet sich selbst.“ Ein Orden für zwei ist vielleicht einer zu viel. | |||
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Wie lassen sich die Grauen eines Krieges begreifen? Vor allem, indem man sie nicht vergisst. In der Ukraine finden Soldatinnen und Soldaten beim Ausheben von Schützengräben immer wieder Überreste von deutschen Wehrmachtssoldaten, die hier vor knapp 80 Jahren für den deutschen Vernichtungsfeldzug gestorben sind. „Bislang wurden während des Krieges in der Ukraine die Leichenteile von 816 Wehrmachtssoldaten entdeckt“, berichtet Diane Tempel-Bornett vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge auf Checkpoint-Anfrage. Zuletzt seien in der Nähe von Charkiw die Gebeine eines Deutschen gefunden worden. „Er wurde anhand der Erkennungsmarke der Wehrmacht als ehemaliger Soldat identifiziert. Außerdem finden sich oft auch Helme und alte Schnürstiefel. Unter großer Gefahr werden die Knochen von ukrainischen Streitkräften geborgen.“ Angaben zur genauen Identifikation der gefundenen Gebeine kann der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge noch nicht machen. Zunächst werden Umbettungsprotokolle erstellt und die Überreste untersucht, um etwa an Beschaffenheit von Zähnen, der Schädeldecke oder der Handwurzelknochen zu erkennen, in welchem Alter und in welchem Gesundheitszustand der Mensch war, als er sterben musste. Danach wird gemeinsam mit dem Bundesarchiv anhand beiliegender Fundstücke nach der Identität des Toten gefahndet. „Die Identifikation dauert meist Jahre. Deshalb können wir auch noch lange nicht sagen, ob es sich um früheren Soldaten aus Berlin oder Bayern handelt und ob wir noch Nachkommen ausfindig machen können“, berichtet Tempel-Bornett am Checkpoint-Telefon. Die Arbeit von Ortskräften in der Ukraine geht weiter, der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge betreibt Büros in Kiew und auch in Moskau – und weiterhin Sammelfriedhöfe in der Ukraine, auf denen die Gebeine irgendwann zur letzten Ruhe begraben werden können. | |||
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Fast drei Jahrzehnte ist Michael Schwuchow zur Arbeit gependelt – und weiß noch genau, was Schienenersatzverkehr bedeutet. „Ich kann mich an jeden Tag erinnern, an dem es kalt war oder ich im Regen warten musste.“ Die Bürgerinnen und Bürger von Blankenfelde, deren Bürgermeister der 56-Jährige ist, haben das in den letzten 15 Monaten auch Tag für Tag erlebt: Ersatzverkehr mit Gelenkbussen auf engen Dorfstraßen und mit Bedarfshaltestellen ohne Dach und Windschutz. Seit Montag nun fährt die S-Bahn wieder nach Berlin durch. „Für unsere Gemeinde ist das ein Befreiungsschlag“, erzählt Michael Schwuchow (SPD) am Checkpoint-Telefon. Mehr als ein Jahr lang wurden die S-Bahngleise versetzt, um Platz für die Fernbahn in Richtung Dresden zu schaffen. Als nächstes wird der Bahnhof Blankenfelde zur neuen Regionalstation umgebaut, in Richtung Süden geht deshalb vorerst nichts. Der Speckgürtel ist weiterhin abspeckt unterwegs. Die Wachstumsschmerzen am Metropolenrand sind nicht nur im Verkehr zu spüren. Trotz des nahen Flughafens BER ziehen immer mehr Menschen nach Blankenfelde-Mahlow, sie brauchen mehr Wohnungen, Kita- und Schulplätze sowie eine größere Poliklinik. Und was können Berlinerinnen und Berliner entdecken, wenn sie mit der S-Bahn hierher rausfahren? „Eine beschauliche, gartenstädtisch angelegte Gemeinde mit einem schönen Dorfanger“, antwortet Schwuchow. Früher habe er sich hier wie im Urlaub gefühlt, nun aber gebe es den Fluglärm. „Da kommt bei manchen höchstens Fernweh auf.“ Oder neues Nahweh nach Berlin. | |||
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