„wollen wir das wirklich?“, fragte meine Frau. St. Pauli, Heimspiel am Millerntor, der erste Stadionbesuch mit unserem Sohn. Er freute sich riesig, endlich Fußball live im Stadion zu sehen. Das Problem war der Gegner: Hansa Rostock, Hochrisikospiel. Wenn die beiden Vereine aufeinandertreffen, knallt's. Größer kann die Abneigung zwischen den Fanlagern kaum sein.
Wir entschieden uns trotzdem dafür, ins Stadion zu gehen. Wir hatten Karten für den Familienblock. „Den werden sie schon nicht stürmen“, erklärte ich meiner Frau. Und dass ich als Kind auch mal gegen Rostock im Stadion gewesen sei, auch gegen den HSV. Jedes Mal sei es zwar eskaliert, aber immer ausreichend entfernt.
Kurz vor Beginn der 2. Halbzeit standen wir mit Dutzenden anderen Familien im Stadionumlauf, geflohen vor Feuerwerkskörpern, die nach oben gegen das Stadiondach geschossen wurden und dann aufs Publikum regneten. Es war mit Abstand das Irrste, was ich je in einem Stadion erlebt habe. Die Rostocker waren komplett außer Kontrolle – und leider auch mit uns auf der Nordtribüne.
Für die Polizei war es ein Kraftakt, die Horde rücksichtsloser Gewalttäter unter Kontrolle zu bringen. Es hat ewig gedauert. Natürlich gab es Verletzte. Irgendwann ging das Spiel weiter und wir konnten unsere Plätze wieder einnehmen.
Gestern entschied das Bundesverfassungsgericht: Die Kosten für Polizeieinsätze bei Fußballspielen dürfen künftig den gastgebenden Vereinen in Rechnung gestellt werden. Beim HSV und bei St. Pauli wurde das Karlsruher Urteil mit Entsetzen aufgenommen. Zwar gebe es „verfassungsrechtliche Klarheit“, vor allem aber befürchtet der Kiezklub eine Ungleichbehandlung bei den Kosten für Angriffe von Gästefans.
Welche direkte Konsequenz es für die Vereine hat, ist jedoch noch offen. In Hamburg gibt es allerdings bereits seit Monaten Debatten um eine gerechtere Verteilung der Einsatzkosten. Was genau gepant ist, können Sie hier nachlesen.
Ich wünsche Ihnen einen friedlichen Mittwoch.
Herzliche Grüße
Julian König
Ressortleiter Lokales
julian.koenig@mopo.de