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Unternehmensrecht OLG Hamm: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Gesellschaft Der Antrag eines aus einer Publikums-KG ausgeschlossenen Kommanditisten auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der er erreichen will, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seine hiergegen gerichtete Anfechtungsklage von der KG weiterhin als Gesellschafter behandelt zu werden kann nicht mit Erfolg gegen die KG gerichtet werden, sofern der Gesellschaftsvertrag keine andere Regelung enthält. Passiv legitimiert sind wie in dem Hauptsachverfahren auf Feststellung der Nichtigkeit des Ausschließungsbeschlusses die Gesellschafter, die nicht in Übereinstimmung mit dem Verfügungskläger von der Unwirksamkeit der Beschlussfassung ausgehen. [OLG Hamm 5.2.2018, 8 U 112/17] | | | Unternehmensrecht BAG: Zuordnung der Arbeitnehmer zu Betrieben und Betriebsteilen bei Unternehmensspaltung 1. Nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG bewirkt die Eintragung der Spaltung in das Register des Sitzes des übertragenden Rechtsträgers, dass das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers entsprechend der im Spaltungs- und Übernahmevertrag vorgesehenen Aufteilung jeweils als Gesamtheit auf die übernehmenden Rechtsträger übergeht. Die Vorschrift ordnet eine (partielle) Gesamtrechtsnachfolge an.
2. Nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG können auch Arbeitsverhältnisse von einem übertragenden auf einen übernehmenden Rechtsträger übergehen. Der Übergang eines Arbeitsverhältnisses im Wege der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG setzt in jedem Fall voraus, dass das Arbeitsverhältnis nicht bereits im Wege des Betriebs(teil)übergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf einen der übernehmenden Rechtsträger übergeht. Jedenfalls im Fall der Aufspaltung muss hinzukommen, dass der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf einen der übernehmenden Rechtsträger zustimmt. Fehlt es an der erforderlichen Zustimmung des Arbeitnehmers, hat dieser ein Wahlrecht, mit welchem der übernehmenden Rechtsträger das Arbeitsverhältnis fortgesetzt wird.
3. Nach § 323 Abs. 2 UmwG kann, sofern bei einer Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung ein Interessenausgleich zustande kommt, in dem diejenigen Arbeitnehmer namentlich bezeichnet werden, die nach der Umwandlung einem bestimmten Betrieb oder Betriebsteil zugeordnet werden, die Zuordnung der Arbeitnehmer durch das Arbeitsgericht nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Nach dieser Bestimmung muss die Zuordnung der Arbeitnehmer nach den Kriterien und Vorgaben des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB und damit zu einer übergangsfähigen wirtschaftlichen Einheit i. S. v. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB und der RL 2001/23/EG erfolgen. [BAG 19.10.2017, 8 AZR 63/16] | | | GmbH-Recht OLG München: Haftung des Geschäftsführers für Zahlungen nach Insolvenzreife 1. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen sind im Überschuldungsstatut zu passivieren, nur dann nicht, wenn eine qualifizierte Rangrücktrittserklärung vorliegt; die Rangrücktrittsvereinbarung muss sowohl vor als auch nach Verfahrenseröffnung ausschließen, dass eine Darlehensforderung als Verbindlichkeit in die Bilanz aufgenommen wird.
2. Ist die Schuldnerin nicht in der Lage, sich innerhalb von drei Wochen die zur Begleichung der fälligen Forderungen benötigten finanziellen Mittel zu beschaffen, handelt es sich nicht mehr um eine rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung, sondern um Zahlungsunfähigkeit; beträgt die Liquiditätslücke der Schuldnerin 10 % oder mehr, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist.
3. Soweit durch Leistungen des Geschäftsführers in der Insolvenzsituation im Einzelfall größere Nachteile für die Masse abgewendet werden, kann ein Verschulden ausnahmsweise zu verneinen sein; dies kommt insbesondere bei Zahlungen in Betracht, ohne die der Betrieb im Zweifel sofort hätte eingestellt werden müssen, was jede Chance auf Sanierung oder Fortführung im Insolvenzverfahren zunichte gemacht hätte.
4. Zahlungen zur Erhaltung der Sanierungschancen sind nur für einen kurzfristigen Zeitraum privilegiert; in der Regel wird von einer Dauer von drei Wochen auszugehen sein, innerhalb derer die Sanierungsbemühungen abgeschlossen sein müssen, was jedoch ein tragfähiges Sanierungskonzept voraussetzt. [OLG München 18.1.2018, 23 U 2702/17] | | | GmbH-Recht BAG: Ordentliche Kündigung eines Geschäftsführers und Ausschluss vom allgemeinen Kündigungsschutz 1. § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG enthält eine negative Fiktion. Danach gelten die Vorschriften des ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes nicht in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist. Dies gilt uneingeschränkt jedenfalls dann, wenn die organschaftliche Stellung zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung (noch) besteht. Für die Beurteilung der Kündigung ist es unerheblich, ob das Organmitglied sein Amt nach deren Zugang niederlegt.
2. Die negative Fiktion des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG kommt auch und gerade dann zum Tragen, wenn das der Organstellung zugrunde liegende schuldrechtliche Anstellungsverhältnis materiell-rechtlich als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren wäre.
3. An seiner Stellung als Organmitglied i.S.d. § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG ändert es nichts, wenn der Geschäftsführer einer GmbH durch arbeits- oder gesellschaftsrechtliche Weisungen Beschränkungen seiner Vertretungsmacht im Innenverhältnis i.S.d. § 37 Abs. 1 GmbHG unterworfen ist.
4. Der Ausschluss der Organvertreter vom allgemeinen Kündigungsschutz gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG ohne Rücksicht auf eine etwaige Arbeitnehmerstellung verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG.
5. Die unterschiedliche Behandlung von leitenden Angestellten und Mitgliedern gesetzlicher Vertretungsorgane in § 14 KSchG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
6. Es ist mit Treu und Glauben i.S.v. § 242 BGB nicht vereinbar, eine unredlich erworbene Rechtsposition oder eine formale Rechtsposition im Widerspruch zu den zugrunde liegenden vertraglichen Beziehungen auszunutzen. Eine Bestellung zum Geschäftsführer kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn sie allein mit dem Ziel erfolgt, diesen alsbald entlassen zu können. [BAG 21.9.2017, 2 AZR 865/16] | | | Kapitalmarktrecht BGH: Reichweite des Vollzugsverbots in der Fusionskontrolle 1. Das Bundeskartellamt ist jedenfalls mit Untersagung des Zusammenschlusses auf der Grundlage von §§ 32 Abs. 1, 41 Abs. 1 Satz 1 GWB befugt, ein Verhalten zu untersagen, das gegen das Vollzugsverbot verstieße.
2. Unter das Vollzugsverbot können auch solche Maßnahmen oder Verhaltensweisen fallen, die, ohne selbst einen Zusammenschlusstatbestand auszufüllen, im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Zusammenschluss erfolgen und geeignet sind, dessen Wirkungen zumindest teilweise vorwegzunehmen. [BGH 14.11.2017, KVR 57/16] | | | Steuerrecht BFH: Erbschaftsteuerrechtlich begünstigtes Vermögen bei einer Wohnungsvermietungsgesellschaft Wohnungen, die eine Wohnungsvermietungsgesellschaft an Dritte zur Nutzung überlässt, gehören nur zum begünstigten Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG 2009, wenn die Gesellschaft neben der Vermietung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs Zusatzleistungen erbringt, die das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß überschreiten. Auf die Anzahl der vermieteten Wohnungen kommt es dabei nicht an. [BFH 24.10.2017, II R 44/15] | | |
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