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| | | | | Rechtssicher vererben - mit einem persönlichen Testament Interview mit dem Rechtsanwalt Dr. Otto N. Bretzinger (Teil 2) |
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| | | | | | Rund 250 Milliarden Euro werden Jahr für Jahr in Deutschland an die nächste Generation übertragen. Allerdings haben fast drei Viertel der Deutschen keine Regelungen für den Erbfall getroffen. Und damit greift dann die gesetzliche Erbfolge - die nicht immer dem Willen des Verstorbenen folgt. |
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| | | | | | Lieber Herr Dr. Bretzinger, nach unserem Gespräch im Frühjahr haben uns weitere Fragen zum Thema Testament erreicht - wir haben fünf interessante Themen rausgesucht: Wenn jemand stirbt und mehrere Personen erben, bilden sie automatisch eine Erbengemeinschaft. Diese muss alle Entscheidungen, die das Erbe betreffen, gemeinsam fällen. Wenn das dann Geschwister sind, die schon über Jahre hinweg nicht mehr miteinander reden, ist die Harmonie hierbei nur schwer hinzukriegen. Kann der Vererbende da vorbeugen? Wenn sich die Bildung einer Erbengemeinschaft nicht verhindern lässt, sollte der Erblasser im Testament Anordnungen treffen, die eine spätere Aufteilung des Nachlasses, die sogenannte Auseinandersetzung, erleichtern. Als Gestaltungsmittel steht hier insbesondere die sogenannte Teilungsanordnung zur Verfügung. Auf diese Weise kann der Erblasser festlegen, wie seine Erben die einzelnen Vermögensgegenstände untereinander aufteilen sollen (wer also zum Beispiel die Wertpapiere, das Auto oder die Briefmarkensammlung erhalten soll). Die Teilungsanordnung führt allerdings nicht automatisch zu der vom Erblasser angeordneten Verteilung der Nachlassgegenstände unter den Miterben. Diese sind zwar verpflichtet, den Nachlass entsprechend den testamentarischen Festlegungen des Erblassers aufzuteilen, sie können sich aber durch einstimmigen Beschluss über die Anordnungen hinwegsetzen. Wenn der Erblasser das verhindern will, ihm seine Teilungsanordnung also so wichtig ist, dass er diese auf jeden Fall umgesetzt wissen will, muss er eine Testamentsvollstreckung anordnen. Er kann aber auch die Erbeinsetzung an die Bedingung knüpfen, dass der Nachlass gemäß seinen Anordnungen aufgeteilt wird. Eheleute wollen häufig geregelt wissen, dass der oder die länger Lebende Alleinerbe wird und Kinder zunächst nichts erben. Denn insbesondere wenn das Vermögen vor allem aus einer Immobilie besteht, kann das schnell die finanziellen Möglichkeiten übersteigen, wenn Sohn oder Tochter den Pflichtteil einfordern. Lässt sich da ein Riegel vorschieben? Diese erbrechtliche Situation entsteht insbesondere, wenn Eheleute ein Berliner Testament errichtet haben. In diesem Fall sind die Kinder beim Tod des erstversterbenden Elternteils enterbt. Das könnte sie veranlassen, beim ersten Erbfall ihren Pflichtteilsanspruch gegen den längerlebenden Elternteil geltend zu machen. Der Pflichtteil beträgt als Geldanspruch die Hälfte des gesetzlichen Erbteils des Kindes. Dadurch könnte allerdings die wirtschaftliche Existenz des längerlebenden Ehegatten gefährdet sein. Wenn also eine Immobilie den wesentlichen Teil des Nachlasses darstellen würde, müsste der längerlebende Ehegatte unter Umständen diese Immobilie verkaufen, um die Pflichtteilsansprüche der Kinder erfüllen zu können. Dieser für den überlebenden Ehegatten unangenehmen Situation können Eheleute begegnen, indem sie in ihr gemeinschaftliches Testament eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel aufnehmen. Damit können Sie zwar nicht verhindern, dass die Kinder gleichwohl ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen, sie können jedoch durch eine entsprechende Gestaltung versuchen, Ihre Kinder davon abzuhalten, ihren Anspruch geltend zu machen. Sie können beispielweise testamentarisch anordnen, dass ein Kind, das beim Tod des erstversterbenden Ehegatten seinen Pflichtteil geltend macht, auch beim zweiten Erbfall nur seinen Pflichtteil erhalten soll. Druck auf die Kinder, ihren Pflichtteil beim Tod des erstversterbenden Ehegatten nicht geltend zu machen, kann auch dadurch ausgeübt werden, dass in das gemeinschaftliches Testament ein Änderungsvorbehalt aufgenommen wird. So kann dem längerlebende Ehegatten die Befugnis eingeräumt werden, beim zweiten Erbfall über den Nachlass frei zu verfügen (also unter Umständen die Kinder enterben) oder die Erbteile unter den Kindern neu festzulegen, wenn beim ersten Erbfall von einem Kind der Pflichtteil geltend gemacht wird. Solche Pflichtteilsstrafklauseln sind aber entbehrlich, wenn die Kinder dazu bewegt werden können, beim Tod des erstversterbenden Ehegatten auf ihren Pflichtteil zu verzichten. In diesem Fall muss sich der längerlebende Ehegatte beim ersten Erbfall nicht mit Pflichtteilsansprüchen der Kinder auseinandersetzen. Liegt kein Testament vor, geht der Gesetzgeber davon aus, dass die verstorbene Person ihr Vermögen den nächsten Familienmitgliedern hinterlassen will – in der Regel den Kindern oder dem Ehepartner oder der Ehepartnerin. Was aber gilt in einer Patchworkfamilie? Haben die Partner der Patchworkfamilie kein Testament errichtet, so ist für die Erbfolge von Bedeutung, ob die Partner verheiratet waren oder nicht. Waren die Partner nicht verheiratet, erben jeweils nur die leiblichen Kinder, also die einseitigen Kindes des verstorbenen Partners und etwaige gemeinsamen Kinder mit dem längerlebenden Partner. Der Partner selbst geht leer aus. Waren die Partner verheiratet, erben ebenfalls die leiblichen (einseitigen und/oder gemeinsamen Kinder). Daneben erbt aber auch der längerlebende Ehegatte, nämlich die Hälfte des Nachlasses, wenn die Partner verheiratet waren und im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben. Die Höhe des letztlich geerbten Vermögens für die Kinder ist allein vom Zufall abhängig, wer zuerst verstirbt – der leibliche Elternteil des Kindes oder der Stiefelternteil. Nach der gesetzlichen Erbfolge werden die Kinder des längerlebenden Partners in jedem Fall finanziell besser gestellt, weil sie beim zweiten Erbfall auch an der Hälfte des Vermögens, das nach dem ersten Erbfall auf den längerlebenden Ehegatten übergangen ist, partizipieren. Dieses Vermögen geht den einseitigen Kindern des erstverstorbenen Ehegatten verloren. Wenn diese – für die Kinder des zuerst verstorbenen Ehegatten nachteilige gesetzliche Erbfolge – nicht gewünscht ist, müssen die Partner ein Testament errichten und darin nach Ihren Wünschen die Erbfolge regeln. Immer mehr Menschen leben als Single. Welche Möglichkeiten haben Alleinstehende, wenn sie zum Beispiel denjenigen etwas vererben wollen, die sich bis zum Lebensende um sie gekümmert haben? Aufgrund der Testierfreiheit als grundlegendes Prinzip des Erbrechts hat jeder Erblasser grundsätzlich das Recht, über seinen Nachlass frei zu bestimmen. Er kann also selbst festlegen, an wen er sein Vermögen nach seinem Tod weitergeben will und in welchem Umfang. Begrenzt wird die Testierfreiheit insbesondere durch den Pflichtteilsanspruch der nächsten Angehörigen, bei Alleinstehenden der Eltern des Erblassers. Grundsätzlich kann ein Erblasser seiner privaten Pflegekraft oder Haushaltshilfe, die sich um ihn zu Lebzeiten gekümmert hat, im Testament etwas zukommen lassen. Das ist in der Form möglich, dass die Pflegeperson im Testament als Alleinerbe oder Miterbe eingesetzt wird. Der Erblasser kann der betreffenden Person aber auch ein Vermächtnis (z. B. eine bestimmte Geldsumme) zuwenden. In diesem Fall hat dann die Pflegeperson einen Anspruch auf den Vermögensvorteil gegen die Erben. Von der Erbeinsetzung unterscheidet sich das Vermächtnis dadurch, das dem Begünstigten nicht die Stellung eines Erben eingeräumt und er nicht unmittelbar am Nachlass beteiligt ist (er haftet also auch nicht für Schulden des Erblassers). Der aus einem Vermächtnis Begünstigte erwirbt lediglich einen Anspruch auf Zuwendung des vermachten Gegenstands. Aber Achtung: Keine Probleme gibt es, wenn der Erblasser eine privaten Pflegekraft (z. B. einen Verwandten, Bekannten oder Freund oder einen Mitarbeiter des ambulanten Pflegedienstes) testamentarisch bedenkt. Ganz anders sieht es allerdings dann aus, wenn die gepflegte Person im Alten- oder Pflegeheim gelebt und das dort angestellte Personal zu Erben oder Vermächtnisnehmern bestimmt hat. Eine solche testamentarische Verfügung ist in der Regel unwirksam, weil die Heimgesetze der Länder solche Zuwendungen verbieten. Weder die stationären Pfleger noch der Heimträger oder die Heimleitung dürfen im Testament bedacht werden. Viele Rentnerinnen und Rentner genießen ihren Lebensabend im Ausland. Gibt es dabei erbrechtliche Besonderheiten zu beachten? Welches Recht gilt dann überhaupt? Bei einem Erbfall in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (mit Ausnahme Irlands und Dänemarks) enthält die Europäische Erbrechtsverordnung Bestimmungen zu Erbfällen mit sogenannter Auslandsberührung. Danach findet für Erbfälle aus deutscher Perspektive im Regelfall nicht das Heimatrecht und damit das Recht des Staates Anwendung, dessen Staatsangehöriger der Erblasser war. Vielmehr gilt grundsätzlich das Recht des Staates seines letzten gewöhnlichen Aufenthalts. Wenn also ein deutscher Staatsangehöriger seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich hat, gilt für ihn das französische Erbrecht. Kriterien können in diesem Zusammenhang beispielsweise sein, wie lange und wie regelmäßig sich jemand in dem betreffenden Staat aufhält bzw. wo sein Lebensmittelpunkt in familiärer oder sozialer Hinsicht ist. Wer den gewöhnlichen Aufenthalt nicht in dem Staat hat, dem er angehört, aber dennoch will, dass im Erbfall das Erbrecht seines Heimatstaates Anwendung finden soll, kann eine sogenannte Rechtswahl treffen. Diese Rechtswahl muss entweder ausdrücklich in einem Testament oder in einem Erbvertrag erfolgen oder sie muss sich zumindest aus den Bestimmungen einer solchen Verfügung von Todes wegen ergeben. Wenn also ein deutscher Staatsangehöriger in Frankreich lebt und will, dass auf seinen Erbfall das deutsche und nicht das französische Erbrecht anwendbar sein soll, muss er in seinem Testament eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts treffen. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte diese Rechtswahl ausdrücklich testamentarisch festgelegt werden. Lieber Herr Dr. Bretzinger, vielen Dank für das Gespräch. |
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