Liebe/r Leser/in, zunächst die gute Nachricht der Woche: Das Mainzer Start-up Biontech und sein Partner Pfizer haben die entscheidende Hürde für eine mögliche Zulassung ihres Corona-Impfstoffs in den USA genommen. Nach einer finalen Analyse der Studie habe der Impfstoff einen Schutz von 95 Prozent vor Covid-19 gezeigt, teilten die Unternehmen am Mittwochmittag mit. Ein Erfolg made in Germany!
Zeitgleich demonstrierten vor Brandenburger Tor und Reichstag wieder sogenannte „Querdenker“ – die Polizei wurde mit Steinen und Flaschen beworfen und wehrte sich mit Wasserwerfern. Eine Schande made in Germany!
Die schlechte Nachricht der Woche am Dienstagabend: Deutschlands Fußball ist international nicht mehr auf Spitzenniveau. Ohne Leidenschaft, Ehrgeiz und Kampf ergab sich die Nationalmannschaft im letzten und entscheidenden Gruppenspiel der Nations League den Spaniern mit 6:0! Ohne Plan, ohne Führung und mit Mittelmaß wird man kein Sieger.
Ich musste nach der 6:0-Pleite an das Polit-Chaos vom vergangenen Montag denken, als sich in der Corona-Konferenz der Ministerpräsidenten und der Kanzlerin die Teilnehmer zerfleischten und sich nicht im Geringsten auf eine Corona-Strategie für die nächsten Wochen einigen konnten. Und während uns Corona Tag für Tag enger fesselt, laufen in Asien die Motoren wieder auf Hochtouren – lesen Sie die Berichte zu der neuen und größten Freihandelszone der Welt, die China und 14 weitere Staaten beschlossen, auf den Seiten 16 und 40.
Zu unserer Titelgeschichte: Wer die historische Niederlage gegen Spanien bei einem Wettanbieter ergebnisgenau tippte, konnte ein Vermögen machen: Bei Interwetten gut das 500-Fache. Und bei Tipico erhielten die neun Spieler, die richtig lagen, das 300-Fache ihres Einsatzes. In unserem Wirtschaftsteil beleuchten wir das Milliardengeschäft Sportwetten. Ein Blick hinter die Kulissen offenbart ein Business, das mit prominenten Werbegesichtern wie Oliver Kahn oder Thomas Häßler versucht, sich mehr und mehr aus einem verruchten Milieu herauszuarbeiten – hinein in die Welt der Private-Equity-Konzerne. Kaum ein Wirtschaftszweig ist in den letzten Jahren so gewachsen. Weltweit werden im Wettmarkt nach Schätzungen sagenhafte 1,69 Billionen Euro umgesetzt. Zum Vergleich: Der Haushalt der Industrienation Deutschland liegt bei 509 Milliarden für das Jahr 2020.
Was macht den Erfolg aus? Klar, jeder will gewinnen. Aber das kann man auch beim Lotto. Gerade Fußballwetten sind wie kein anderes Glücksspiel mit Emotionen aufgeladen. Nervenkitzel, Vereinsliebe und das Versprechen, ein paar Euro extra zu verdienen. Diese Sehnsucht befriedigen die Wettanbieter. Sie bedienen sich dazu emotionsloser Zahlen, errechnen Wahrscheinlichkeiten und ziehen Statistiken heran. Mathematik statt Fan-Leidenschaft. Allein mit Wetten auf deutsche Fußballspiele werden weltweit 40 Milliarden Euro umgesetzt.
Die Schattenseiten: Immer mehr Menschen verfallen regelrecht dem Wetten. In Deutschland gelten 200.000 Menschen als spielsüchtig. Noch einmal so viele als gefährdet. Und: Wo es um Millionen geht, sind auch Kriminelle nicht weit. In fast allen Ligen weltweit werden Spiele gekauft, Kicker unter Druck gesetzt oder Schiedsrichter bestochen. In ihrem Report ab Seite 52 schildern meine Kollegen Christoph Elflein und Maximilian Krones sogar einen Fall, bei dem Wettpaten einfach Begegnungen erfunden und mit diesen Fake-Spielen richtig viel Geld verdient haben. |