Verweilverbot am Rhein | Corona-Showdown vor Mittwoch | Guttenbergs Abgründe
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Stimme
des Westens

Moritz Döbler

01. März 2021

Liebe Frau Do,

bei dem schönen Frühlingswetter wollen wir alle draußen sein. Aber Menschenansammlungen sind zu vermeiden – diese Ansage gilt überall in NRW und besonders sichtbar in Düsseldorf. Denn: Ein Ausflug an die Rheinuferpromenade war am Wochenende nur stark eingeschränkt möglich. Das neue Verweilverbot – was für ein Wort! – stieß allerdings nicht nur auf Einsicht. Alexander Esch berichtet davon in der heutigen Folge unseres „Aufwacher“-Podcasts.

Für Streit sorgen auch maskenlose Jogger, die schweratmend und schwitzend Aerosolschleppen hinter sich herziehen, was zumindest an belebten Orten eindeutig eine schlechte Idee ist. Wolfram Goertz und Christian Schwerdtfeger berichten, wie das Risiko zu beurteilen ist und wie die Kommunen darauf reagieren. Und bevor mich der heilige Zorn der Jogger in Mails und Briefen trifft: Ich laufe auch gerne, ohne Maske, aber so früh, dass ich ziemlich allein bin. Und ich achte auf viel Abstand, was manchmal zu weitläufigen Slalommanövern führt.

Einen Lichtblick gibt es seit heute für alle, die unter ihrer Lockdown-Frisur leiden und bisher nicht selbst Hand angelegt haben: Die Friseure öffnen wieder. In einem Salon in Duisburg wurden bereits ab 0 Uhr wieder Haare geschnitten. Die erste Kundin war die SPD-Landtagsabgeordnete Sarah Philipp – sie hatte den Termin für einen guten Zweck ersteigert. Christian Schwerdtfeger war dabei.

Aber wie soll es denn nun weitergehen? Übermorgen beraten Bund und Länder wieder über die Corona-Maßnahmen, und die Meinungen prallen ungebremst aufeinander. Einen Kompromiss zu finden, ist nicht einfach. Lockdown und Wirtschaftshilfen, das war eine probate Strategie gegen die Pandemie – aber ist sie es immer noch, wenn das Impfen vorankommt und Schnelltests verfügbar sind? Wann löst Eigenverantwortung den rigiden Durchgriff des Staates wieder ab? Noch im März, nach Ostern oder noch später?

Vor allem die Wirtschaft dringt auf einen Kurswechsel. NRW-Arbeitgeberpräsident Arndt G. Kirchhoff beklagt: „Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir mit einseitigen Schließungen nicht mehr weiterkommen.“ Aber natürlich gibt es auch starke Plädoyers, den bisherigen Kurs beizubehalten. „Viele sagen, wir müssen öffnen, öffnen, öffnen! Öffnen geht aber nicht unkontrolliert, sondern nur mit Vorsicht und Disziplin“, sagt der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke. Und: „Die nächsten drei Wochen entscheiden das Spiel.“ Gregor Mayntz, Kerstin Münstermann und Maximilian Plück haben mit diesen und weiteren Experten gesprochen und schildern den Stand der Debatte. Immer wieder geht es ums Impfen: Warum das Präparat von Astrazeneca auch zügig über 65-Jährigen gespritzt werden sollte, argumentiert Reinhard Kowalewsky in seinem Leitartikel.

Was macht eigentlich Donald Trump? Rund vier Monate ist seine Abwahl als US-Präsident her, nun hat er seine erste große Rede seitdem gehalten. Eine eigene Partei will er nicht gründen, dafür schließt er eine erneute Kandidatur im Jahr 2024 aber nicht aus, wie unser US-Korrespondent Frank Herrmann berichtet.

Zehn Jahre ist es schon her, heute auf den Tag genau, dass Karl-Theodor zu Guttenberg als Verteidigungsminister zurücktrat. Holger Möhle porträtiert den einstigen Hoffnungsträger, der ab und zu in Deutschland auftaucht. Vorher, als er Wirtschaftsminister war, hatte ich häufiger mit ihm zu tun. Ich war angetan von ihm, fand ihn klug. Ein Jahr vor seinem Rücktritt konnte ich ihn auf eine Reise nach Detroit (es ging um Opel), Washington und New York begleiten, und ich zitierte in meiner Reportage ein schwülstiges Satzungetüm aus seiner gerade erschienenen Dissertation: „Mancher Blick nach innen wie über den Atlantik trägt dieser Tage den Schimmer der Ernüchterung in sich.“

Aber bis heute denke ich immer wieder an einen anderen Satz von ihm. Guttenberg wusste um das Risiko, dass er mit seinem schnellen Aufstieg einging. Er fühle sich wie jemand, verriet er mir damals in Amerika, der an der Bordsteinkante stehe, mit den Beinen vor und zurück wippe und sich dabei vorstelle, dass nicht der Rinnstein unter den Fußspitzen liege, sondern ein Abgrund. Ich wünsche Ihnen einen schönen Start in die neue Woche: ohne jede Abgründe, ohne falschen Schein, ohne Erwartungen, die Sie nicht erfüllen können, sondern einfach nur schön.

Herzlich

Ihr

Moritz Döbler

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