Liebe Frau Do, im Moment häufen sich die Krisenlagen. Und so treten auch bedenkliche Muster im Handeln des Staates hervor: Impfstoffbestellung, Warnungen in der Hochwasserkatastrophe, Evakuierung eigener Botschaftsangehöriger und deren Helfer aus Afghanistan – so unterschiedlich die Ereignisse sind, der Staat, so scheint es, reagiert behäbig, zu wenig alarmiert, zu unvorbereitet darauf, dass es schlimm kommen kann. Schlimmer, als man denkt. Nun ist es immer leicht, auf den Staat zu schimpfen. Bei allen Notlagen der vergangenen Zeit waren auch andere Länder betroffen und standen zum Teil nicht besser da. Doch die Mischung aus Trägheit und Borniertheit, die da gerade in Deutschland zutage tritt, gibt trotzdem zu denken. Heute wichtig: Schülerausweise: Die Coronaschutzverordnung, die morgen in Kraft tritt, sieht vor, dass Kinder und Jugendliche ihren Schülerausweis als Testnachweis nutzen sollen. Doch die Sache hat Tücken, weil besonders jüngere Schüler oft gar keinen Schülerausweis haben. Kirsten Bialdiga erklärt, wie das Gesundheitsministerium jetzt nachbessern will. Afghanistan: Am Frankfurter Flughafen sind in der Nacht zum Donnerstag zwei weitere Maschinen mit insgesamt rund 500 Menschen gelandet, die aus Afghanistan in Sicherheit gebracht worden sind. Die Flugzeuge - eines von Lufthansa und eines von Uzbekistan Airways - waren wenige Stunden zuvor in der usbekischen Hauptstadt Taschkent gestartet. Weitere Nachrichten zur Lage in Afghanistan fassen wir in unserem Newsblog zusammen. Coronavirus: Die meisten Covid-Kranken in deutschen Kliniken haben nach Angaben des Kölner Intensivmediziners Christian Karagiannidis keine Corona-Impfung. Es gebe aber auch Fälle von geimpften Corona-Patienten in stationärer Behandlung. Die Mehrzahl davon werde auf den Normalstationen behandelt. Noch mehr aktuelle Nachrichten gibt es zum Hören – von Montag bis Samstag jeden Morgen ab 5 Uhr in unserem „Aufwacher“-Podcast. Meinung am Morgen: Verzugszinsen: Das Bundesverfassungsgericht hat die Bundesregierung gemaßregelt. Schon wieder. Diesmal dafür, dass der Fiskus bei Steuernachforderungen sechs Prozent Verzugszinsen nimmt, während Sparer bei Zinsen inzwischen leer ausgehen. Dass Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz ohne den Druck des Verfassungsgerichtes offensichtlich nicht bereit war, die Strafzinsen auf das Normalmaß zu senken, ist nicht vertrauensbildend, schreibt Georg Winters in seinem Kommentar. Afghanistan: Warum der Afghanistan-Einsatz in einem solchen Desaster endete, haben meine Berliner Kollegen Tim Braune und Hagen Strauß in einer großen Analyse untersucht und dazu das Handeln der wichtigsten Akteure eingeordnet. Nach dem chaotischen Abzug muss der Westen nun entscheiden, welche Haltung er zu den Taliban einnimmt. Anfangs hatten die Verantwortlichen in den USA wie in Deutschland noch gehofft, das Land werde sich international isolieren, wenn die Taliban an die Macht kommen. Doch China und Russland setzen bereits auf „freundliche Zusammenarbeit“. In meinem Kommentar beschreibe ich, warum aus meiner Sicht auch für den Westen kein Weg daran vorbeiführt, weiter mit den Taliban zu verhandeln. Wahlkampf: Zuerst drehte sich der Wahlkampf um Fragen wie geschönte Lebensläufe oder unangemessene Lacher. Doch dann kam das Hochwasser als nie dagewesene Krise infolge des Klimawandels, und nun Afghanistan. Die Kanzlerkandidaten durchlaufen jetzt doch noch einen Härtetest, schreibt Jan Drebes in seiner Kolumne aus dem politischen Berlin. Sie wollen noch mehr Analysen und Kommentare? Unser Meinungs-Ressort versorgt Sie jeden Tag mit aktuellen Beiträgen. So gesehen: Corona hat bei vielen Menschen ein Schneckenhaus-Bedürfnis geweckt. Sie ziehen sich lieber zurück in die eigenen vier Wände, wollen aber trotzdem unterwegs sein. Darum boomt der Markt für Wohnmobile. Wie mein Kollege Reinhard Kowalewsky berichtet, geht es auf dem Caravanmarkt aber nicht mehr um Protz und Größe, also die staunenden Gesichter der anderen bei der Siegesfahrt über den Campingplatz. Heute sind besonders kompakte Mobile gefragt, die sich auch mal als Zweitwagen nutzen lassen. Diesen Hang zur Verzwergung gibt es ja auch auf dem Häusermarkt. Plötzlich begeistern sich viele für das Leben in durchgetüftelten Tiny-Houses und ziehen in diese schreinerischen Wunderwerke. Daraus spricht wohl auch eine Sehnsucht nach Übersicht. Die wünsch ich Ihnen für heute! Herzlich, Ihre Dorothee Krings Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |