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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Mittwoch, 29.06.2022 | Mittags vereinzelt Regen, abends Gewitter möglich bei max. 25°C. | ||
+ Neuer Rettungsplan für Berlins Rettungskräfte + Hertha-Präsident Bernstein im Interview: „Verzeihen, verstehen, vorwärts gehen“ + Intensivpfleger Ricardo Lange fordert Taten von Olaf Scholz + |
von Robert Ide und Matthieu Praun |
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Guten Morgen, die Liste der russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine wird mit jedem Kriegstag länger, die Liste der angekündigten, aber nur langsam ankommenden Hilfen aus Deutschland für die Ukraine ebenfalls. Wie lange wird sich das überfallene Land ohne ausreichend schwere Waffen gegen die Aggression wehren können? Hier der Überblick über die Ereignisse der vergangenen Stunden: +++ US-Präsident Joe Biden hat die Einigung im Streit mit der Türkei um einen Beitritt von Schweden und Finnland zur Nato unmittelbar vor dem Gipfel des Bündnisses in Madrid begrüßt. Er gratuliere der Türkei, Finnland und Schweden zur Unterzeichnung des entsprechenden Memorandums, hieß es in einer Mitteilung Bidens vom Dienstagabend. +++ Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach dem Raketeneinschlag in einem Einkaufszentrum Russland den gezielten Angriff auf das zivile Objekt vorgeworfen. Zur Untermauerung seiner Vorwürfe zeigte er Videoaufnahmen des Einschlags in der Stadt Krementschuk. Das russische Verteidigungsministerium – und später auch der russische Außenminister Sergej Lawrow – hatte einen gezielten Beschuss des Einkaufszentrums abgestritten. +++ Russische Sicherheitskräfte haben nach offiziellen Angaben den Bürgermeister der besetzten Stadt Cherson verhaftet. Bürgermeister Ihor Kolychajew habe sich russischen Befehlen widersetzt, hieß es zur Begründung. Die Region um die Hafenstadt am Schwarzen Meer wurde gleich in der ersten Woche der russischen Invasion besetzt. +++ Deutschland und die Niederlande werden der Ukraine zusammen sechs weitere Modelle der Panzerhaubitze 2000 liefern. Das sagten Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) und ihre niederländische Amtskollegin Kasja Ollongren am Dienstag am Rande des Nato-Gipfels in Madrid. Alle aktuellen Entwicklungen können Sie in unserem Live-Blog (hier) und auf unserer Live-Karte (hier) verfolgen. Spenden für die Ukraine in Not können Sie weiterhin hier. Abschließend schalten wir zur Abschluss-Pressekonferenz des G7-Gipfels nach Elmau, auf der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) von einer Journalistin gefragt wird: „Die G7 bekannten sich sehr ausdrücklich zu den Sicherheitsgarantien für die Ukraine auch nach dem Krieg. Könnten Sie konkretisieren, welche Sicherheitsgarantien das sind?“ Antwort des Bundeskanzlers: „Ja, könnt ich.“ Scholz grinst. „Das war’s.“ Und wieder einmal alle Fragen offen. | |||
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Wenigstens eine Rettung naht: die Rettung der Berliner Rettungskräfte. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) will am heutigen Mittwoch verkünden, wie sie Berlins Notruf durch den Sommer der eigenen Not bringen will. Zur Jahreshälfte hat die Feuerwehr rund 170-mal den Ausnahmezustand beim Rettungsdienst ausgerufen – fast so oft wie 2021 insgesamt. Am Sonnabend sogar 16 Stunden lang, ein schlimmer Rekord. Berlin steht damit vor der Frage: Wann stirbt jemand, weil es keinen Rettungswagen gibt? Damit es nicht so weit kommt, stellt ab Juli der Arbeiter-Samariter-Bund einen weiteren Rettungswagen bereit. Vier weitere von Hilfsorganisationen wie dem DRK sollen bis Jahresende dazukommen. Zudem soll die Kassenärztliche Vereinigung ihren Bereitschaftsdienst für Hausbesuche verstärken, die Zeiten für Reinigung und Desinfizierung von Rettungswagen sollen verkürzt werden – und die Feuerwehr soll mehr Personal bekommen. Dazu zählen 793 Stellen im „feuerwehrtechnischen Dienst“ sowie mehr ausgebildete Notfallsanitäter, berichtet mein Kollege Alexander Fröhlich vorab vor der heutigen Bekanntgabe des Notprogramms. Denn das muss uns allen wichtiger sein: Dass die Not unserer Helfer in der Not nicht noch größer wird. | |||
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Nicht gerettet werden konnte ein vermisster Mann, der offenbar am Sonntag im Weißen See ertrunken ist. Es ist der zweite Tote innerhalb einer Woche in dem äußerlich unscheinbaren Gewässer mit dem weithin sichtbaren Springbrunnen, der durch die Stasi-Saga „Weissensee“ inzwischen deutschlandweit bekannt ist. Doch der Anschein eines still ruhenden Sees trügt, berichtet ein Anwohner. Der Weiße See gehört mit 10,64 Metern Tiefe zu Berlins tieferen Gewässern, unerfahrene Schwimmer würden die Algen und Schlingpflanzen unterschätzen und sich darin verfangen. „Wildbaden ist hier lebensgefährlich“, betont Pankows Umwelt- und Ordnungs-Stadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) auf Checkpoint-Anfrage. Polizei und Ordnungsamt würden die Ufer mehrmals pro Woche kontrollieren, illegal Badende außerhalb des Strandbads ansprechen und im Wiederholungsfall auch Anzeigen fertigen. „Allerdings kann eine stetige Kontrolle sämtlicher illegaler Badestellen im Park am Weißen See angesichts der personellen Kapazitäten nicht gewährleistet werden“, sagt Anders-Granitzki. Berlin geht baden – selbst wenn es Leben kostet. | |||
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Nichts wie weg hier? Die weite See ist nur einen Bürgeramtstermin entfernt – etwa, wenn man einen neuen Kinderpass braucht. Mit dem für Berlin üblichen „Amt-aber-unglücklich“-Pech werden es allerdings schnell drei Termine, wie unsere Leserin Kathrin von Rummel vergangene Woche erfuhr. Da die Zahlfunktion im Bürgeramt Heerstraße defekt war, musste sie danach zur Zahlung zum fünf Kilometer entfernten Bürgeramt am Hohenzollerndamm, bevor sie sich auf den Weg zurück in die Heerstraße machen sollte, um den Pass abzuholen. Zahlungsbeleg nicht vergessen! Hinterher gab’s immerhin eine Anfrage des Amts per Mail, wie zufrieden sie mit der Dienstleistung gewesen sei. „Nachdem ich in fast allen Feldern ‚sehr unzufrieden‘ angeklickt hatte, ging es nicht mehr weiter, weil der Server zusammenbrach.“ Strg+Amt+Entf. | |||
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Nicht von Pappe ist das ganze Blech, das die Berliner Kieze vollstellt. Vor sich hin parkende Autos rauben durchschnittlich 23 Stunden am Tag den sich bewegenden Menschen ihren immer knapper werdenden Raum. Im Rahmen seiner Masterarbeit hat nun Paul Hermann die Parkplatzsituation im Samariterviertel in Friedrichshain untersucht. Überraschendes Ergebnis: Den 5300 Fahrzeugen im Kiez stehen 6654 Stellplätze gegenüber – ein Überschuss von mehr als 1350 Parkplätzen, verteilt auf Straßenparkplätze, Kundenparkplätze sowie Stellplätze in öffentlichen und privaten Garagen (Details hier). Der Student regt nun die Entwicklung einer App an, über die alle privaten und öffentlichen Parkplätze zum Einheitspreis gebucht werden können. „Dadurch werden die parkenden Autos besser verteilt und man könnte auf Parkplätze am Straßenrand ganz verzichten“, sagt Hermann auf Checkpoint-Nachfrage. Berlins Revolutionen beginnen auf der Straße. Und im Kopf. | |||
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Es ist nicht weniger als eine Revolution auf dem Fußballplatz – und das mitten in der Sommerpause. Hertha BSC, der älteste Fußballverein der Bundesliga, hat als erster Profiklub in Deutschland einen aktiven Fan zum Präsidenten gewählt. Kay Bernstein, geboren im Erzgebirge und groß geworden auf den Bolzplätzen von Marzahn, war lange Vorsänger der Fans im Olympiastadion und ist nun Kommunikationsunternehmer. Auf der Mitgliederversammlung am Sonntag setzte sich der 41-Jährige überraschend gegen den Politiker und Sportmanager Frank Steffel durch – mit dem Versprechen, die dauerlaunische Fußballdiva zur Ruhe zu bringen. Damit dies gelingt, will er derzeit eigentlich keine Interviews geben – für den Checkpoint macht er vor der heutigen ersten Sitzung des neuen Präsidiums eine Ausnahme. Und findet durchaus klare Worte. Herr Bernstein, Sie sind als „Kind der Kurve“ überraschend zum Präsidenten gewählt worden. Können nur noch die Fans die Hertha retten? Interessant, dass Sie das überraschend finden. Finde ich jetzt nicht. Genauso wie mein Team war ich fest überzeugt, dass unser extrem auf blau-weiße Inhalte bezogenes Konzept, der allgemeine Wunsch zum Neustart sowie unser Fokus auf die Kompetenz der Mitglieder den Ausschlag geben würden. Und was die Hertha-Fans angeht: Blau-Weiße Initiativen wie „1892hilft“, „Aktion Herthakneipe“, „Blau-Weißes Stadion“ und „Spendet Becher – Rettet Leben“ zeigen, wie sehr sich Herthanerinnen und Herthaner für ihren Verein, für die Stadt Berlin und für das Allgemeinwohl engagieren. Über solche wunderbaren Projekte sollte viel mehr geredet werden. Sie haben angekündigt, den tief zerstrittenen Verein „von innen zu heilen“. Was werden Ihre konkreten ersten Amtshandlungen dafür sein? Verzeihen, verstehen, vorwärts gehen. Eine ausgestreckte Hand für jeden Herthaner, gerade auch für jene, die mich nicht gewählt haben und vielleicht immer noch skeptisch sind, die Vorbehalte oder Ängste haben. Am Mittwoch ist die erste Sitzung des neuen Präsidiums. Wir werden uns kennenlernen, Strukturen sowie Aufgaben absprechen und damit starten, Vertrauen aufzubauen. Das gilt für alle Bereiche. Und auch für die Vergangenheit: Wir brauchen eine faire, offene, blau-weiße Abschiedskultur, das sage ich ganz übergreifend mit Blick auf meinen Vorgänger Werner Gegenbauer, den früheren Manager Michael Preetz, Führungsspieler Niklas Stark oder auch Moderatorin Lena Cassel, bekannt als Casselberger. Pal und die ganze Familie Dardai nicht zu vergessen. Pal ist und bleibt für immer eine blau-weiße Legende! Sie sind der erste langjährige „Ultra“-Fan, der einen Fußball-Bundesligisten leitet. Wie aber wollen Sie Politik und Sponsoren in der Stadt gewinnen, etwa für ein neues Hertha-Stadion im Olympiapark? Uff, die Ultra-Nummer. Vermutlich sollte ich in jedes Gespräch mit einem T-Shirt gehen: „Und was genau hast DU vor 16 Jahren gemacht?“ Was, meint der Checkpoint, würde das helfen? Im Ernst: Ich schätze Politiker und wirtschaftliche Entscheider so ein, dass sie nicht in diesen Kategorien denken, sondern inhaltlich agieren. Auch und gerade beim Hertha-Stadion. Herthas umstrittener Investor Lars Windhorst hat nach Ihrer Wahl gesagt: „Es kann ja nur besser werden als früher.“ Wie wollen Sie es schaffen, das Verhältnis zwischen Verein und Investor zu befrieden – zumal ja viele aktive Fans generell gegen Investoren sind? Herr Windhorst ist Realität bei Hertha BSC. Ich habe ihn schon kennengelernt, wir haben uns intensiv ausgetauscht. Ich glaube fest daran, dass es einen Weg geben kann, der Hertha BSC und den Investor zufrieden stellt. Wie soll Hertha in zwei Jahren aussehen, damit Sie sagen: Ich war ein erfolgreicher Hertha-Präsident. Soll der Verein dann doch noch ein „Big City Club“ sein oder etwas ganz anderes? Erfolgreicher Präsident in zwei Jahren – geht es bitte eine Nummer kleiner? In zwei Jahren, so hoffe ich, werden wir deutliche Fortschritte sehen. Zufriedene Mitglieder auf einer langweiligen Mitgliederversammlung – das wünsche ich mir. Zufriedene Mitglieder, die spüren, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Schnelle Checkpoint-Analyse: Eine langweilige Mitgliederversammlung bei Hertha BSC – so ambitioniert ist wohl noch kein Vereinspräsident gestartet. | |||
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