Foto: Prof. Dr. med. Thomas Jürgen Haak. |
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„Die nicht-alkoholische Fettleber ist nahezu eine Volksseuche.” |
| Prof. Dr. med. Thomas Jürgen Haak ist Chefarzt der Diabetes Klinik am Diabetes Zentrum Mergentheim. Im Interview geht er auf die neue Volkskrankheit "Fettleber" ein.
Was sind die Gründe für die starke Zunahme der Prävalenz der nicht-alkoholischen Fettleber? Die Gründe hierfür sind mannigfaltig. So hat sich generell unser Lebensstil in der westlichen Gesellschaft dahingehend entwickelt, dass viele Menschen Bewegung immer nur in Zusammenhang mit Sport sehen. Die Alltagsbewegung tritt durch Hilfsmittel wie Aufzüge, Rolltreppen etc. und motorisierte Fortbewegungsmittel mehr und mehr in den Hintergrund. Zudem hat sich auch unser Ernährungsverhalten im Laufe der Jahre massiv verändert. So greifen wir vermehrt auf Fertigprodukte zurück, denen häufig hohe Mengen an Zucker zugesetzt sind. Ein weiteres Problem ist, dass wir unser Ernährungsverhalten selten diesem reduzierten Bewegungsverhalten anpassen und entsprechend zu viel essen und/oder zu häufig zu Nahrung greifen. Das alles in Kombination fördert sehr stark die Entwicklung einer nicht-alkoholischen Fettleber.
Warum ist es denn so wichtig, die Fettleber als Betroffener ernst zu nehmen? Zu Beginn macht die Fettleber kaum Beschwerden. Das ist ein ähnliches Phänomen wie z. B. beim Bluthochdruck und daher werden sie beide gerne auch als „silent killer“ bezeichnet. Das Gefährliche sind vor allem zwei Sachverhalte. Zum einen verändert eine verfettete Leber ihre Arbeitsweise und zum anderen kann es auf Dauer zu einem kompletten Organversagen kommen. Eine Fettleber kann entzündliche Prozesse auslösen, die dann wiederum negative Effekte auf andere Organe, wie z. B. die Nieren, haben. Zudem erhöht das veränderte Sekretionsverhalten der nicht-alkoholischen Fettleber das Risiko der Entstehung chronischer Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 und Herz-Kreislauferkrankungen. Blickt man auf die Leber selbst, kann es zu einer irreversiblen Schädigung z. B. in Form einer Leberzirrhose und -krebs kommen. Daher sollte eine nicht-alkoholische Fettleber nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
Was sind denn die wichtigsten Therapiebausteine bei der Behandlung einer nicht-alkoholischen Fettleber? Es gibt aktuell keine medikamentöse Therapie der nicht-alkoholischen Fettleber. Es befinden sich zwar mehrere Präparate in Zulassungsverfahren, sind aber aktuell nicht verschreibbar. Und auch wenn diese auf dem Markt sind – die ursächliche Therapie ersetzen sie nicht. Der Goldstandard zur Behandlung einer nicht-alkoholischen Fettleber ist darum immer noch die Lebensstilmodifikation. Das heißt, es müssen die Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten umgestellt werden und das möglichst langfristig.
Wie könnten Patienten bei der Lebensstilmodifiktation zur Therapie der nicht-alkoholischen Fettleber unterstützt werden? Seine Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten umzustellen ist für einen Großteil der Patienten sehr schwer. Sie müssen ein neues Bewusstsein für Essen, Trinken und Bewegung entwickeln und alte Gewohnheiten auf lange Sicht ablegen. Das geschieht nicht von heute auf morgen. Auch wer sein Gewicht einmal reduziert hat weiß, dass das Halten dieses Zustandes mindestens genauso herausfordernd ist wie die Phase zuvor. In beiden Phasen kann ein mehrmonatiges Coaching sicherlich sehr sinnvoll sein, indem es Patienten auf verschiedenen Ebenen unterstützt. So können beispielsweise Ernährungs- und Bewegungsziele gemeinsam vereinbart und regelmäßig besprochen werden, wobei solche verhaltenstherapeutischen Maßnahmen wiederum die Adhärenz und damit den Therapieerfolg fördern. |