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Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 14.03.2023 | kaum Sonne, bewölkt, Schauer, 10 bis 13°C. | ||
+ Ein Platz für Helmut Kohl – Vorschläge unserer Leser + Pankower SPD-Funktionär unter falschem Namen + Von CDU Berlin nominierte Digitalexpertin zieht sich aus Koalitionsverhandlungen zurück + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, aus gegebenem Anlass beginnen wir ausnahmsweise mal mit einem berühmten Zitat von Helmut Kohl: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“ Gemeint sind, na klar: die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD – bei denen es ganz am Rande auch um die Frage geht, ob ein Platz oder eine Straße nach Helmut Kohl benannt wird (CP von gestern). Die CDU hat schriftlich eingereicht, dass sie eine Würdigung des politischen Wirkens des früheren Kanzlers insbesondere für die deutsche Einheit 25 Jahre nach dem Ende von dessen Amtszeit für geboten hält. Und siehe da: Zu kaum einem anderen Thema haben wir zuletzt mehr Post bekommen als gestern zu einem Kohlplatz oder einer Kohlstraße, abgesehen von der Friedrichstraße (mehr zu der weiter unten), vehemente Ablehnung inklusive (vor allem wegen der Spendenaffäre). Die Fantasie der Checkpoint-Leserinnen und -Leser ist jedenfalls eine blühende Landschaft. Helmut Kohl und Berlin, das ist ja auch eine besondere Geschichte. Kohl setzte das heutige Kanzleramt durch, Kohl setzte die vierfach vergrößerte Kollwitz-Pietà in der Neuen Wache durch, Kohl setzte die Gründung des Deutschen Historischen Museums durch, Kohl saß bei der Eröffnung der U7 nach Spandau im falschen Zug. Eine seiner Lieblingsanekdoten spielt an einem seiner Berliner Lieblingsorte, dem Berliner Zoo – als er dort an einem frühen Morgen im Menschenaffenhaus unterwegs war, und zwar ohne Begleitschutz, fragte ihn eine Frau entrüstet: „Und Sie dürfen hier frei herumlaufen?“ Wo also könnte er sein, der Platz für Helmut Kohl auf einem Berliner Straßenschild? Was könnte nach ihm benannt oder umbenannt werden? Hier eine süße Auswahl, also eine Art gemischtes Hack aus Nougat (Kohl: „Ich bin sterblich für Nougat“) und Marzipan (Kohl: „Marzipan ist mein Untergang“): Eiergasse („Berlins kürzeste Straße“, Maggi Cordes), Hindenburgdamm („Da schlägt man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe“, Jürgen Schwarz), den autofreien Teil der Friedrichstraße („Um die Stadt zu versöhnen“, Tobias Schulze), den 17. Bauabschnitt der A100 (Torsten Löhn), Schill-Straße („Um endlich den Namen des Kolonialisten zu tilgen“, Sabine Lingelbach), Münzstraße („Zur Erinnerung an die Barspenden“, Samuel Brack), der große Kreuzungsbereich des Hohenzollerndamms und der Nachodstraße mit der Bundesallee („Das Kapital ist bereits ansässig, auf der Grünfläche inmitten der Kreuzung fände eine Statue Platz, die Huldigungsdauer kann über die vorhandene Lichtzeichenanlage geregelt werden“, Jens Koehn). Leider nicht berücksichtigt werden können die Vorschläge Zookohlogischer Garten, Kohlturforum, Kohlfürstendamm, Kohl-Marx-Allee (alle von Martin Michel) sowie Kohlwitzplatz und Kohlpenick (Jens Wieseke). No name jokes, please. Und damit zum möglichen Kohlalitionspartner (pardon, der musste jetzt sein) der Christdemokraten, und das ist nach derzeitigem Stand noch immer die SPD. | |||
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Sie erinnern sich an den 30. April 2016? Eine SPD-CDU-Koalition schleppte sich erschöpft ihrem Ende entgegen, als der Regierende Bürgermeister Michael Müller auch in seiner Partei nach der Macht griff: Er kandierte auf einem SPD-Parteitag für das Amt des Vorsitzenden (das er bereits einmal innehatte, bis seine Genossen ihn stürzten) und ließ sich auch als Spitzenkandidat nominieren. Dabei kam es zu einem seltsamen Zwischenfall. Wir schalten uns an dieser Stelle deshalb nochmal in unserem Liveblog von damals ein… „Zwei Personen verweigerten Müller die Unterstützung bei der Nominierung. Einer von ihnen ist Burkhard Zimmermann, langjähriger Ortsvorsitzender in Dahlem. Eine zweite Person, die gegen Müller votierte, verschwand unmittelbar nach der Abstimmung. Sie trug einen falschen Bart. Der Mann war nicht mehr aufzufinden.“ Fast sieben Jahre später, am 11. März 2023, treffen sich die Delegierten des SPD-Kreisverbands, um über ihre Haltung zu einer Koalition mit CDU zu beraten. Auch Franziska Giffey ist gekommen. Da tritt ein Mann ans Mikrofon und geht die Noch-Regierende Bürgermeisterin hart an. Sein Zitat geht überregional durch die Medien: „Du bist an Wahlkampfständen eher als Wählerschreck denn als Magnet wahrgenommen worden.“ Der Mann trägt keinen langen Bart, nicht mal einen falschen. Aber er trägt einen falschen Namen. Die SPD kennt ihn als Matthias Brückmann. So wird er auch vorgestellt, so steht es auf der Website seines Ortsvereins Kollwitzplatz-Winskiez, so lautet sein Name im Untertitel der RBB-Aufzeichnung. Und unter diesem Namen verschickt er auch Mails: Matthias Brückmann, Webadresse matthias.brueckmann@XYZ.de. Matthias Brückmann war bis vor kurzem Vorsitzender seines Ortsvereins, er ist noch immer im Vorstand. Aber auf Fotos steht er meistens hinten. Er wird nicht gerne erkannt. Denn Matthias Brückmann ist der Mann mit dem falschen Bart. Und eigentlich heißt er auch anders, jedenfalls ein bisschen: Sein richtiger Name lautet Mathias Brüggmann, und im Hauptberuf ist er International Correspondent beim Handelsblatt. Seine Parteifreunde schont er dort allerdings nicht. Dem SPD-Fraktionschef im Bundestag Rolf Mützenich attestiert er „friendly fire“ auf die Außenministerin. Und: „Der gefühlt in allen Talkshows zugleich sitzende SPD-Politiker Ralf Stegner und sein dauernörgelnder Kollege im Bundestag, Berlins von der Hauptstadt-SPD abservierter Ex-Bürgermeister Michael Müller, assistieren mit immer neuen ätzenden Bemerkungen zur Spitze des Auswärtigen Amtes“, heißt es in einem Brüggmann-Text. Dass er in seiner anderen Rolle als soft camouflierter SPD-Ortsvereinschef den Genossen Querschläge aus den eigenen Reihen versetzt, erfahren die Leser allerdings nicht. | |||
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Manchen Menschen fällt es leicht, verschiedene Aufgaben und Verpflichtungen streng voneinander zu trennen – das glaubhaft zu machen, fällt aber meistens schwer: Auch zum Ehrenamt gibt’s das Misstrauen gratis dazu. Ein Interessenkonflikt ist leicht unterstellt, das Gegenteil kaum zu beweisen. Und dieses Problem betrifft jetzt auch die Koalitionsverhandlungen: CDU und SPD haben auffällig viele externe Berater für die 13 Arbeitsgruppen nominiert. Und kaum hatten Alexander Fröhlich, Anna Thewalt und Robert Kiesel ihre Recherchen für den Tagesspiegel dazu beendet, gab’s auch schon den ersten Abgang: Tanja Böhm, die für die CDU das Thema Verwaltung und Digitalisierung verhandeln sollte, gibt ihre Mitgliedschaft in der Fachgruppe schon wieder auf. Böhm arbeitet für Microsoft und will deshalb, wie es heißt, dem Verdacht eines Interessenkonflikts vorbeugen – die Digitalisierung der Verwaltung ist für Softwareunternehmen ein wertvolles Geschäftsfeld. Warum er es dennoch für richtig hält, dass sich die Politik von Experten beraten lässt, erklärt Alexander Fröhlich heute in seinem Kommentar für den Tagesspiegel. | |||
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Was macht eigentlich Stephan von Dassel? Na, was wohl: Der Ex-Bürgermeister von Mitte hat in Moabit einen Lesekreis gegründet, lernt Klarinette – und sitzt nach der Wiederholungswahl für die Grünen, die ihn vor einem halben Jahr abserviert hatten, wieder in der BVV. Der „Morgenpost“ hat er verraten, was seine Parteifreundin Sybille Volkholz davon hält: „Das ist wie Rex Gildo auf Kaffeefahrt.“ Und was hält Stephan von Dassel von den Grünen? „Mir scheinen Berlin und die Berliner Grünen besonders kritisch, wenn jemand einen Fehler macht.“ Und da er ja selbst Berliner Grüner ist, wird er auch gleich mal kritisch: „Die Schließung der Friedrichstraße war eine Schnapsidee.“ Moment mal, was? Hat er die nicht im ersten Anlauf selbst gefeiert? Ach so, wieder mal nur die Überschrift gelesen, und da passte das entscheidende Wort wohl nicht rein… „Die Schließung der Friedrichstraße im Februar war eine Schnapsidee.“ Weil es da kalt ist, niemand flaniert, alles grau und blöd dort aussieht – und weil die Sperrung so potenzielle Grünen-Wähler verschreckt hat. Das nächste Mal dann also direkt nach der Wahl. | |||
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