| Liebe Leserin, lieber Leser, |
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das Lesen hat, seien wir ehrlich, viele Nachteile. Es ist eine einsame Tätigkeit, und Einsamkeit wird immer mehr als belastend, immer weniger als befreiend empfunden. Zwar mag die Lektüre von der Hoffnung begleitet sein, danach jemanden zu finden, mit dem ein Gespräch über sie möglich ist. Doch wie wahrscheinlich ist das, wenn der berühmte Kanon sich einerseits aufgelöst hat, andererseits immer umfangreicher wird? | Jürgen Kaube | Herausgeber. | |
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| Lesen ist, mit anderen Worten, eine sehr individuelle Praxis. Deswegen muss kollektives Lesen – in Lesezirkeln oder durch Veranstaltungen wie „Frankfurt liest ein Buch“ – eigens eingerichtet werden. Vielleicht liegt auch ein Sinn der vielen Literaturpreise darin, zum Lesen dessen anzuregen, was andere schon gelesen haben. Es kann einem dennoch passieren, dass man auf Romanistentagen niemanden findet, der Julien Gracq kennt, oder auf Anglistentagen Wendy Cope unbekannt ist. (Sagen Sie nicht, das sei unmöglich, wir haben es ausprobiert.) Dagegen zu protestieren, ist sinnlos, denn man kennt ja seinerseits vieles nicht. Zu den großen Nachteilen des Lesens gehört, dass man es nicht gut nebenbei tun kann. Ein Äquivalent für „Mit Musik geht alles besser“ gibt es in der Literatur nicht. Lektüre zieht von anderem ab, während Bilder an der Wand hängen und meistens nicht stören. Es gibt sogar Leute, die einem Film auf Netflix oder einem Hörspiel folgen, während sie kochen, Emails schreiben, Quittungen sortieren. Das alles kann man nicht, während man liest. *** Unsere Empfehlungen der Woche: Trunkenbolde und Teufel, Schurken und Schauspieler: Das Literaturrätsel im März von Jürgen Kaube „Teile des Bürgertums verrohen“: Gespräch mit dem Historiker Wolfang Benz über sein Buch „Die Zukunft der Erinnerung“ Neues Buch von Pankaj Mishra über „Die Welt nach Gaza“: Die Moral der Holocaustvergleiche *** Am meisten wird das Lesen gegenüber dem Betrachten von Bildern, dem Anschauen von Filmen und dem Hören von Musik durch seinen hohen Zeitverbrauch in Nachteil gebracht. Wer saß je vor einem Degas oder Manet so lange wie die Leser der „Suche nach der verlorenen Zeit“ oder auch nur von „Radetzkymarsch“ über den Büchern, nämlich stunden- und tage- und wochenlang? Keine Oper dauert so lange wie „Der Zauberberg“, kaum ein Buch ist so kurz wie Schuberts Sonate in B-Dur. Man könnte hier an Gedichte denken, etwa an das vielleicht kürzeste überhaupt, „Mattina“ von Giuseppe Ungaretti – „M’illumino / D’immenso“ -, aber das sind seltene Ausnahmen, und schon die Lektüre von Rilkes Erster „Duineser Elegie„, die nur als wiederholte Lektüre sinnbildend wäre, dauert länger als Chopins „Nocturne“ in cis-moll. Wir brechen hier mit dem Gedanken ab, wie groß die Vorzüge des Lesens sein müssen, wenn sie das alles überwinden. Marcel Proust hat viele von ihnen in seinem Essay „Tage des Lesens“ beschrieben, wir kommen bestimmt darauf zurück. Es sind allerdings Vorzüge, die nur erfährt, wer liest, sich im Lesen übt und insofern die kleinen Nachteile, als die sie einem später erscheinen können, erst einmal, nein vielfach auf sich nimmt. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Jürgen Kaube
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