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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Mittwoch, 06.10.2021 | 16°C bei feuchter Luft und grauem Himmel. | ||
+ Finanzsenator entschuldigt sich fürs Wahl-Desaster + Koalitionen in Berlin und Bund zeichnen sich ab + Weihnachtsmarkt am Schloss Charlottenburg fällt wieder aus + |
von Stefan Jacobs |
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Guten Morgen, In der sehr gut besuchten Pressekonferenz nach der gestrigen Senatssitzung fehlte im Wesentlichen der Innensenator, der etwas zu den Wahlpannen hätte sagen können, auch wenn die ihn nach eigenem Bekunden beruflich nicht tangieren. Anstelle von Andreas Geisel erschien also Parteifreund und Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), um eine Entschuldigung des Senats für das Desaster auszurichten. Landeswahlleiterin Petra Michaelis, die immerhin Verantwortung übernommen hatte, wurde auf ihren Wunsch mit Dank entlassen. In den nächsten Tagen sollen sich Regiermeister, Innensenator, Parlamentspräsident und die Fraktionsvorsitzenden beraten; in den Fraktionen ist außerdem von einer Expertenkommission (Linke), restloser Aufklärung (Grüne) und einer wahllokalegenauen Ampel zum Ausmaß der Unregelmäßigkeiten (FDP) die Rede. Kollatz sagte, dass nicht alles stimme, „was öffentlich diskutiert wird“ (ausweislich einer langen Pause hätte er beinahe „was in der Presse steht“ gesagt). Das wünschte man insbesondere der Geschichte eines Tagesspiegel-Lesers, der schreibt: „Die Frau eines guten Bekannten hat gleich einen angekreuzten Wahlzettel erhalten.“ Es habe insofern gepasst, als sie ohnehin die SPD wählen wollte. Sie sei keine Drama Queen und habe im Wahllokal nichts gesagt, zumal sie ohnehin nicht beweisen könne, dass sie das Kreuz in der Kabine nicht selbst gemacht hat. Da er die Frau kenne, halte er die Schilderung für „absolut zuverlässig“, schreibt der Leser. Vielleicht lichtet sich so der Nebel um die lokal bis zu 150 Prozent Wahlbeteiligung. Der Eindruck, dass am Superwahltag außer dem Wetter nur der Einsatz der Wahlhelfer/innen super war, verfestigt sich. | |||
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Sofern nicht neu gewählt werden muss, könnten heute Vorentscheidungen zur künftigen Berliner Koalition fallen: Früh um sieben (Zeit ist Geld) wird die FDP bei der SPD erwartet. Später am Tag treffen sich Frei- und Christdemokraten; außerdem wird die CDU bei den Grünen erwartet. Bisher scheint noch alles offen, wenn man davon absieht, dass Rot-Grün-Rot für die beteiligten Parteibasen wohl am leichtesten zu arrangieren wäre. Auch die wahrscheinlichste Koalition im Bund könnte sich heute abzeichnen: FDP und Grüne wollen intern ihre Gespräche mit SPD und CDU/CSU auswerten. Letztere gab sich gestern nach einem Meeting mit den Grünen demonstrativ bescheiden. Die lärmende Live-Musik macht ohnehin die „Bild“-Zeitung – wobei keineswegs klar ist, ob die von einem Unionsmenschen gefüttert wird oder von jemandem aus der FDP, wie mein Kollege Robert Birnbaum kombiniert. | |||
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Hier die aktuelle Streiklage: Die Lehrer/innengewerkschaft GEW ruft für heute an 28 (von 700) staatlichen Berliner Schulen zum Warnstreik auf, um im Namen des Gesundheitsschutzes kleinere Klassen zu fordern. Und bei Vivantes sowie Charité geht der Ausstand von Pflegekräften, Hebammen und Servicepersonal weiter. Sie fordern verbindliche Personalquoten und Tarifbindung. Am Dienstag solidarisierten sich in der Volksbühne deren Intendant René Pollesch sowie Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow und Sarah Waterfeld vom Künstlerkollektiv „Staub zu Glitzer“ demonstrativ mit ihnen. Eine Lösung ist allerdings nicht in Sicht – und immer mehr Operationen müssen verschoben werden, weil das Personal fehlt, das dafür streikt, dass es endlich mehr Personal gibt. Noch nicht, aber wohl schon bald wird auch in den drei Brandenburger Asklepios-Kliniken gestreikt: Verdi meldet 91 Prozent Zustimmung in der Urabstimmung. | |||
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2,4 illegale Autorennen pro Tag (zzgl. Dunkelziffer) scheinen sich in Berlin als Standard zu etablieren; die Quoten sind fürs vergangene und das laufende Jahr gleich (mehr auf T+). Der aktuellste krasse Fall: In der Altenbraker Straße in Neukölln steht Montagabend ein Audi in der zweiten Reihe. Als ein Polizeiauto naht, rast der Fahrer los, entkommt in einer Sackgasse über den verpollerten Gehweg. Mehrere Fußgänger springen rechtzeitig beiseite. Nachdem ihn die Polizei wiederentdeckt hat, rammt der Audifahrer einen quergestellten Streifenwagen, wendet über einen Grünstreifen und knallt gleich noch mal rein. Eine gültige Fahrerlaubnis hat der zugedröhnte 35-Jährige nicht. Insgesamt verletzt er bei Unfällen und Festnahme drei Polizisten, die Kopf und Kragen riskieren, um Irre wie ihn aus dem Verkehr zu ziehen. Dass er bei der Aktion – Montagabend 19 Uhr – niemanden umgebracht hat, ist Zufall. | |||
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Bei der Polizei verschärft sich auch wegen der vielen erwischten Raser der Parkplatzmangel: Die Sicherstellungsgelände in Schöneberg und Marzahn sind mit aktuell insgesamt 806 Kraftfahrzeugen komplett ausgelastet, heißt es auf CP-Anfrage. Demnach hütet die Polizei zurzeit 551 einkassierte Autos, 104 E-Fahrzeuge wie Scooter und One-Wheels, 121 motorisierte Zweiräder, 30 Lastwagen und vier Anhänger. Das Platzproblem gab es bereits 2020, als auf den coronabedingt leereren Straßen die Raserei ausuferte. Jetzt verschärft es sich laut Polizei weiter, „weil die Anzahl der Eingänge stets höher ist als die Anzahl der Ausgänge“. Die Autos würden inzwischen auch an anderen Orten verwahrt. Viele bleiben wochenlang, weil die Justiz Spuren und Elektronikdaten sichert, um illegale Rennen gerichtsfest zu beweisen. | |||
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