Erdzeitalter bemessen sich meist in Jahrmillionen, in geologischen Zeiträumen. Doch der Mensch hat den Globus innerhalb weniger Jahrzehnte tiefgreifend verändert. Er hat Naturräume zerstört, Atmosphäre und Ozeane aufgeheizt, Rohstoffe geplündert und gigantische Siedlungen errichtet. Schon im Jahr 2000 hat der Meteorologe und Nobelpreisträger Paul Crutzen daher den Begriff des Anthropozäns geprägt, das Zeitalter des Menschen.
Nun hat sich eine Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern darauf verständigt, woran sich der Beginn dieser neuen geologische Ära festmachen ließe. Zum Referenzpunkt haben sie einen abgelegenen See in der kanadischen Provinz Ontario erkoren. In den Tiefen des Crawford Lakes lagern sich Sedimente ungestört ab. Ihre Schichten ähneln den Jahresringen von Bäumen und bilden ein erdgeschichtliches Archiv. Die Bohrproben offenbarten einen steilen Anstieg des radioaktiven Plutoniums ab 1950, den Fallout der vielen Atombombenversuche. Diese weltweit zu findende Spur der Moderne könnte die Zeitenwende markieren.
Rund 70 Jahre alt wäre demnach das Anthropozän, weniger als ein Wimpernschlag in der etwa 4,6 Milliarden Jahre langen Geschichte unseres Planeten. Drei Gremien von Geologen müssen dem Vorschlag der internationalen Arbeitsgruppe noch zustimmen. Es ist ungewiss, ob sie es tun werden, und es könnte noch viele Monate dauern, bis der Begriff offiziell Eingang findet in Fachbücher und Lehrpläne.
Bernhard Borgeest Wissen & Gesundheit |