Freitag, 27. September 2024 | |
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| | LITERATUR | |
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| Liebe Leserin, lieber Leser, |
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er scheint immer von weit weg zu kommen. Dann kommt er seinen Figuren nah, und mit ihnen seinen Leserinnen und Lesern, wie kaum ein Autor. „Es kam mir zu jener Zeit nie in den Sinn, über Holly Golightly zu schreiben, und es fiele mir wahrscheinlich auch jetzt nicht ein, wenn nicht durch ein Gespräch mit Joe Bell die Erinnerungen an sie wieder lebendig geworden wären“: So gemächlich kommt Truman Capote in die Geschichte, die ihm als „Frühstück bei Tiffany“ Weltruhm gebracht hat. Sieben Jahre zuvor war schon sein zweiter Roman vielgelobt worden. Er setzt fast traumverloren ein: „Wann war es, dass ich zum ersten Mal von der Grasharfe hörte? Lange vor jenem Herbst, als wir im Paternosterbaum lebten, also in einem früheren Herbst, und es war natürlich Dolly, die mir davon erzählte; niemand sonst hätte diesen Namen finden können: die Grasharfe.“ Und selbst sein Tatsachenroman „Kaltblütig“, in dem er sechs Jahre nach „Frühstück bei Tiffany“ den Mord an einer vierköpfigen Farmersfamilie journalistisch recherchiert und literarisch zu fassen versucht, lässt sich und seinen Lesern Zeit: „Der kleine Ort Holcomb liegt in der Weizenhochebene von West-Kansas, einer abgeschiedenen Gegend, die selbst Einheimische als ‚hinterm Mond‘ empfinden.“ | Fridtjof Küchemann | Redakteur im Feuilleton. | |
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| Vor einer Woche hatten wir an dieser Stelle gefragt, wie und durch welches Werk Sie mit Truman Capote in Berührung gekommen sind. Es sind diese drei Werke, von denen in Ihren Antworten die Rede ist. Allen voran „Kaltblütig“, gefolgt von „Frühstück bei Tiffany“. „Die Grasharfe“ haben Sie am seltensten genannt. Die mondäne Figur, der wohl „meistfotografierte Autor des vergangenen Jahrhunderts“, der Star der New Yorker High Society, der schließlich nicht nur zu viel wusste, sondern auch zu viel ausplauderte, die Spannung von Weltläufigkeit und Ländlichem, die sich in seinem Werk ebenso spiegelt wie in seinem Leben: Fast wirkt es, als müsste man hier auch heute noch an einem Image vorbeisehen, um ein Werk zu entdecken.
Als ich das erste Mal auf den Namen Truman Capote stieß, vor Jahrzehnten, als jugendlicher Leser, verstellten mir Audrey Hepburn in der Verfilmung und ein Glasbastelhobby im weiteren Familienkreis den Blick auf „Frühstück bei Tiffany“. Mit „Kaltblütig“ bekam ich es erst Jahre später zu tun, in einer Schreibwerkstatt an der Uni zum Thema „Suspense“. So war es „Die Grasharfe“, die ich als ersten Roman von Truman Capote las. Ich erinnere mich, wie überrascht ich war von der Ruhe und Entschiedenheit des Buchs, geschrieben mit gerade einmal Mitte zwanzig. Ich erinnere mich an das dunkelgrüne Suhrkamp-Taschenbuch mit so etwas wie einer seltsam verfremdeten Fotografie auf dem Cover.
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Inzwischen ist der Autor bei Kein & Aber gelandet. Der Zürcher Verlag widmet ihm eine vielbändige Werkausgabe. Am 30. September vor hundert Jahren ist Truman Capote auf die Welt gekommen, am 25. August 1984, wenige Wochen vor seinem sechzigsten Geburtstag, hat er sie wieder verlassen. Wer sonst hätte solche Bücher schreiben können?
Viel Spaß beim Lesen!
Ihr Fridtjof Küchemann
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