| | Samstag, 12. Oktober 2024 |
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| • Das Bewertungs-Paradoxon – Warum Anleger (zu) hoch bewertete Aktien im Depot behalten sollten... |
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| | Das Bewertungs-Paradoxon – Warum Anleger (zu) hoch bewertete Aktien im Depot behalten sollten... |
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| Liebe Leserinnen, liebe Leser, was uns Anleger oft am teuersten zu stehen kommt, sind liebgewonnene und unerschütterliche Verhaltensmuster, die so eingängig, so selbstverständlich sind, dass man gar nicht mehr drüber nachdenken muss. Wir handeln einfach entsprechend, weil es so offenkundig richtig ist, dass wir unser Verhalten nicht mehr hinterfragen. Doch genau hier bleibt die Rendite auf der Strecke und wir zahlen oft unbewusst kräftig drauf. Dumm und unnötig. Eines dieser unumstößlichen Muster will ich heute umschubsen. Auslöser ist Warren Buffetts Verhalten mit seiner Apple-Position, das er nun bei der Bank of America zu wiederholen scheint. Ich habe in den letzten Tagen hierzu einige Diskussionen mit Lesern geführt, bei der ich über das „Bewertungs-Paradoxon“ gestolpert bin. Dabei musste ich erkennen, dass meine Argumentation einer meiner eigenen Ansichten, die ich früher und für lange Zeit vertreten habe, widerspricht – und dass ich mich längst anders verhalte. Schon einige Jahre, ohne dass es eine bewusste Überlegung gewesen wäre. Aber seitdem erziele ich viel bessere Ergebnisse an der Börse. Und das scheint mir lohnend genug zu sein, mal genauer hinzusehen. Wir haben Buffetts Verhalten bzgl. seiner Apple-Position an dieser Stelle ja schon Mitte August genau betrachtet und die Gründe dafür herausgearbeitet. In aller Kürze: Buffett geht aufgrund der galoppierenden Neuverschuldung in den USA von steigenden Unternehmenssteuern aus. Trump hatte die von 35% auf 21% gesenkt, mit entsprechend positiven Effekten auf die Unternehmensgewinne. Nun stehen die Zinsen höher und die US-Verschuldung hat sich fast verdoppelt auf mehr als 35 Bio. US-Dollar, so dass die dafür aufzuwendenden Zinslasten demnächst zum größten Einzelposten im US-Haushalt werden. Die US-Regierung, egal ob Republikaner oder Demokraten, werden entweder massive Kürzungen bei den Ausgaben vornehmen oder die Steuern kräftig anheben müssen. Und wir alle wissen, wofür sich Politiker im Zweifel entscheiden. Aus dieser Analyse leitet Buffett sein Handeln ab. Er sitzt auf 2-stelligen Milliarden-Kursgewinnen bei seiner Apple-Position, die sich seit seinem Einstieg ab 2016 vervielfacht hat. Also verkauft er diese Aktien und zahlt darauf heute Körperschaftssteuern von 21%. Und vermeidet so, in einigen Jahren auf den Gewinn 35% oder mehr bezahlen zu müssen. Dass ihm dadurch Liquidität flöten geht, weil er die Steuern ja heute bezahlen muss, stört ihn nicht so sehr, denn Ende des 2. Quartals hatte er einen Bestand an Bargeld und US-Staatsanleihen von 277 Mrd. US-Dollar. Buffett verkauft also seine Apple-Aktien. Und hat Anfang des Jahres, als er damit anfing, Apple zum wundervollsten Unternehmen der Welt erklärt und dass Apple auch künftig wohl die größte Position in Berkshires Aktien-Portfolio sein würde. Doch dann halbierte er seine Position im 2. Quartal. Warum kauft Buffett nicht? Und das brachte eine berechtigte Frage auf: Wenn Buffett die Apple-Aktie weiterhin für attraktiv hält und sie nur aus steuerlichen Gründen reduziert, dann könnte und müsste er sie ja eigentlich sofort wieder zurückkaufen. So wären die Kursgewinne realisiert, die Steuerpflicht wäre ausgelöst und die Aktien wären wieder im Depot. Doch danach sieht es nicht aus. Und deshalb ist die Schlussfolgerung vieler Anleger, dass Buffett Angst vor einem Crash hat und/oder doch nicht mehr von Apple überzeugt ist. Beides halte ich für falsch. Fangen wir mit der Crash-Angst an. Buffett hat sich noch nie um einen Börsen-Crash Sorgen gemacht. Er hat wiederholt erklärt, Berkshire sei so solide aufgestellt, dass es jede Rezession und jeden Crash locker überstehen könne. Stattdessen hofft er darauf, endlich seinen großen Cash-Bestand wieder in Aktien investieren zu können. Und das geht am leichtesten und am billigsten, wenn alle anderen Anleger in Panik verkaufen. Bleibt die Frage, weshalb Buffett die Apple-Aktien nicht wieder zurückkauft, wenn er Apple doch so toll findet. Und ob er Apple nicht einfach nur für viel zu überbewertet hält. Dazu muss man wissen, dass Buffett ein Langzeitanleger ist. Er meinte mal, seine bevorzugte Haltedauer sei „für immer“. Und schaut man auf einige seiner größten Depot-Positionen, verhält er sich auch so: Sein Coca-Cola-Bestand ist seit 35 Jahren unverändert, American Express hält er bereits seit 29 Jahren unverändert im Depot, bei der Rating-Agentur Moody’s sind es 24 Jahre. Dabei haben diese Aktien immer mal wieder Börsenphasen erlebt, wo ihre Aktien deutlich überbewertet waren. Und Buffett hat nicht verkauft. Ein Top-Unternehmen im Depot zu behalten, auch wenn es mal überbewertet ist, ist wesentlicher Erfolgsgarant für Langfristanleger. Dies ist „die Kunst, nicht zu verkaufen", wie Value Investor Chuck Akre es mal formulierte. Zwischen „eine hoch bewerte Aktie halten“ und „eine hoch bewertete Aktie kaufen“ besteht allerdings ein großer Unterschied. Das Compounding, also das Ausnutzen des Zinseszins-Effekts, funktioniert am besten, wenn man es nicht unterbricht. Je länger man das Geld für sich Erträge erwirtschaften lässt, umso höher wird die Rendite am Ende. Nun verkauft Buffett seine Apple-Aktien wegen der Steuer-Situation. Ein Rückkauf findet aber nicht statt und der wäre auch nicht zwangsläufig sinnvoll. Apple ist im Jahr 2024 mehrfach so hoch bewertet wie bei seinem ursprünglichen Einstieg ab 2016. Schaut man sich die Gewinnerwartungen an, ist Apple auch in absoluten Zahlen wahnsinnig teuer bewertet. Ein Kauf bietet sich hier aktuell nicht wirklich an. |
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| Apple Inc. (ISIN: US0378331005) |
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| | WKN / Kürzel: 865985 / AAPL |
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| Börsenwert: 3,48 Bio. USD |
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| KGV 24e/25e/26e: 34/31/27 |
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| Das Bewertungs-Paradoxon Und das ist das „Bewertungs-Paradoxon“: Als (zu) hoch bewertete Depot-Position passt Apple in Buffetts Beuteschema. Als neu zu kaufende (zu) hoch bewertete Aktie allerdings nicht. Ein Top-Unternehmen im Depot zu behalten, auch wenn es zu teuer ist, macht durchaus Sinn, wenn es sich operativ weiter positiv entwickelt, eine besondere starke Marktstellung besitzt, sehr treue Kunden hat und/oder Preissetzungsmacht. All dies sind Merkmale eines ökonomischen Burggrabens und Apple verfügt über gleich mehrere davon. Deshalb ist Apple ein Top-Depotwert, aber eben kein Top-Kaufkandidat. Ohne das Steuer-Thema hätte Buffett seine Apple-Aktien einfach behalten und das Compounding nicht unterbrochen. Das Buffett-Dilemma Dabei ist Apple nicht das einzige sehr hoch bewerte Unternehmen. Im S&P 500 tummeln sich viele Schwergewichte, die beinahe ebenso teuer sind. Auch hier drängen sich Käufe also gerade nicht so auf. Und das, wo Buffett jetzt auf so viel Cash sitzt, dass der gleiche mehrere DAX-Unternehmen vollständig erwerben könnte, ohne dass er Liquiditätsprobleme bekäme. Aber Buffett kann in der Praxis ja gar nicht wirklich auf die Jagd gehen. Er selbst sprach schon vor Jahren davon, seine Elefantenbüchse zum Einsatz zu bringen. Tja, Elefanten sind groß, aber es gibt nicht mehr besonders viele von ihnen. Und genauso sieht Buffetts Dilemma aus. Berkshire ist selbst inzwischen rund 1 Bio. US-Dollar wert. Aufgrund seiner Größe wird das Jagdrevier immer kleiner und Buffetts Anlagespektrum ist auf vielleicht hundert Aktien zusammen geschrumpft – und schrumpft weiter. Kleine und selbst mittelgroße Unternehmen kann er nicht mehr kaufen, weil seine Käufe den Aktienkurs stark nach oben treiben und das Investment damit unrentabel machen würden. Und selbst wenn ihm der Kauf gelänge, würde ein Unternehmen mit einem Wert von 500 Mio. US-Dollar in Bezug auf Berkshires Größe keinen messbaren Unterschied machen. Es müssen also schon Firmen mit einer Marktkapitalisierung von 500 Mrd. US-Dollar aufwärts sein. Diese müssen dann zusätzlich in Buffetts Kompetenzbereich fallen, er muss sie also verstehen können. Und sie müssen auch noch günstig genug sein, um mittel- und langfristig Wertsteigerungspotenzial zu haben. Also ist die Luft echt dünn für Buffett auf der Pirsch. Deshalb weicht er schon auf vergleichsweise kleine Firmen wie Chubb Ltd. aus, wofür er eine Ausnahmegenehmigung der Börsenaufsicht beantragen musste, damit er mehr als 6 Monate (!) Zeit hat, um die Aktien einsammeln zu können, bevor er das publik machen musste. Und trotzdem hat er nur knapp 6% der Aktien des Versicherungskonzerns kaufen können. Wenn’s nicht an der Börse klappt, wildert Buffett auch gerne bei den nicht-börsennotierten Unternehmen. Aber auch hier kommt er nicht zum Zug, weil sich KKR, Blackstone, Apollo, Brookfield und andere Finanz-Investoren mit ebenfalls sehr tiefen Taschen vordrängeln und höhere Preise zu bezahlen bereit sind. Gleiches gilt für Beteiligungsgesellschaften wie Danaher oder Thermo Fisher. Buffett steckt in der Zwickmühle: Entweder er kauft und bezahlt Nicht-Buffett-Preise, oder er kauft eben nicht – und stattdessen Anleihen, weil die immer noch besser sind als Cash. |
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| Unser Fazit Sind die Börsen hoch bewertet? Ja. Ist Apple (zu) teuer? Ja. Gibt es einen Grund, deshalb seine Aktien zu verkaufen? Nein. Jedenfalls nicht für Langfristanleger, die nicht auf die täglichen oder wöchentlichen Kursschwankungen abzielen, um hier die schnelle Marie zu machen. Wir sehen uns daher weniger mit einem Marktproblem konfrontiert, sondern (nur) mit einem Buffett-Problem. Es gibt eben nicht nur Größen-Vorteile, sondern auch Größen-Nachteile. Berkshire ist inzwischen so groß, dass es mehrere Prozentpunkte der Steuern zum US-Bundeshaushalt beisteuert, seine Tochter-Unternehmen machen mehr Umsatz als viele kleine und mittelgroße Länder als Staatshaushalt vorzuweisen haben. Das bindet Buffett oft die Hände und gibt ihm eigentlich nur noch dann die Chance, sein Geld zu investieren, wenn die Börse crasht und alle anderen Anleger ihre Aktien in Panik auf den Markt schmeißen. Das ist dann Buffetts Prime Time. Die nächste steht schon bevor, so viel ist sicher. Nur nicht, wann genau. Nächste Woche, nächsten Monat, nächstes Jahr? Das bleibt abzuwarten. Und in der Zwischenzeit üben wir uns in der Kunst, nicht zu verkaufen. Und Buffett überbrückt die Zeit mit Bridge-Spielen – und dem Kauf von US-Staatsanleihen. Ich denke, wir haben damit die Trümpfe in der Hand... |
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| | Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig. Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor/Redakteur ist in den folgenden besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Kommentars investiert: Apollo, Blackstone, Brookfield, Danaher & KKR |
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| Viel Erfolg bei Deinen Finanzentscheidungen & ein schönes Wochenende wünscht Dir Dein Armin Brack Chefredakteur Geldanlage-Report |
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