Lieber Herr Do,
„Ich fand den Playboy immer schon politisch, eine klassenkämpferische Zeitschrift. Der Herr Hefner hat immer gegen Rassismus und für Emanzipation gekämpft. Und er hat den Spagat beherrscht zwischen den schönen und ernsthaften Dingen des Lebens. Man muss auch nicht immer einer Meinung sein, darum geht es gar nicht. Sondern dass man auch mal kritisch Dinge hinterfragt, sich gegen Missstände wehrt. Aber auch sagt, wofür man ist. Dass man für etwas eintritt und damit was bewegt,“ sagt der Ulmer Unternehmer Ernst Prost (Liqui Moly) in einem bemerkenswerten Interview, das soeben in der aktuellen Playboy-Ausgabeerschienen ist.
Die Erfolgsgeschichte des Playboy begann in einer Zeit, als Redefreiheit, Bürgerrechte und die sexuelle Befreiung noch Fremdwörter waren. Playboy-Gründer Hugh Hefner († 2017) prägte mit dem Magazin und seinem Wirken die Gesellschaft nicht nur, er veränderte sie. Bis heute definieren Werte wie Freiheit, Gleichberechtigung und Selbstbestimmung die weltweite Playboy-DNA. Die jüngsten Ereignisse, ausgelöst durch den gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd, zeigen uns, wie unverhandelbar diese Werte sind – aber eben auch, dass 66 Jahre nach Gründung des Playboy der Kampf für Chancengleichheit (nicht nur in den USA) noch immer nicht gewonnen ist.

Rückblende: Hefner selbst erlebte in den 1950er- und 60er-Jahren ein Amerika, das geprägt war von Prüderie, Zensur und Rassismus. Der amerikanische Traum beschränkte sich im Wesentlichen auf Wohlstand – einen Wohlstand allerdings, der fast ausschließlich der weißen Bevölkerung vorbehalten war.

Hugh Hefner setzte schon im Jahre 1962 mit seinem Essay „Die Playboy-Philosophie“ die Gedanken der Staatsgründer und der US-amerikanischen Unabhängigkeitserklärung dagegen: „Alle Menschen sind gleich“ und haben das „Recht auf Leben, Freiheit und das Streben nach Glück“ – also den Pursuit of Happiness.

Im Playboy ging es vordergründig meist um sexuelle Selbstbestimmung. Doch diese war, dessen war sich Hefner stets bewusst, ohne politische Emanzipation und Gleichberechtigung von Schwarz und Weiß nicht möglich. „Der amerikanische Traum“, sagte er mal, „bedeutet für mich persönliche, ökonomische und politische Freiheit.“

Und Hugh Hefner beließ es nicht bei Worten. Mit der Playboy Foundation rief der Verleger eine gesellschaftliche Instanz ins Leben, die bei Aufsehen erregenden Klagen gegen Pressezensur und puritanische Sexualgesetze die Anwaltskosten übernahm.

Auch als Chefredakteur setzte Hefner mit dem Playboy Ausrufezeichen für Aufklärung und Freiheitsdenken – und damit gegen Rassismus und Intoleranz. Seit 1962 findet in jeder Playboy-Ausgabe eine Textgattung ihren Platz, die bis heute ein wichtiger Teil auch der deutschen Magazin-DNA ist: Das Playboy-Interview. Meinungsführer wie der Schwarzen-Aktivist Malcolm X, der Skandal-Autor Vladimir Nabokov („Lolita“), der kubanische Staatschef Fidel Castro (dessen Interview-Mitschnitt heimlich in die USA eingeschmuggelt werden musste) oder der französische Philosoph Jean-Paul Sartre äußerten im Playboy ausführlich und mit großer Offenheit ihre Ansichten.

Eine Sternstunde der Interview-Historie – und leider wieder von erschreckender Aktualität – ist das Playboy-Interview mit dem Bürgerrechtler und Friedensnobelpreisträger Martin Luther King Jr. aus dem Jahr 1965. Drei Jahre nach dem Playboy-Gespräch, das der renommierte Autor Alex Haley („Roots“) mit dem ehemaligen Baptistenpastor führte, wurde der erst 39-jährige King auf dem Balkon eines Motels in Memphis Tennessee von dem mehrfach vorbestraften Rassisten James Earl Ray erschossen.
Das Gespräch, das Playboy mit Martin Luther King Jr. führte, ist das längste, jemals veröffentlichte Interview mit dem legendären Bürgerrechtler. Nachzulesen in voller Länge hier. 

We Shall Overcome,

Ihr
Florian Boitin
Chefredakteur Playboy
 
 
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