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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Donnerstag, 15.08.2024 | Sonne-Wolken-Mix bei 21 bis 28°C. | ||
+ Verurteilter im „Maskenmann“-Prozess monatelang in Isolationshaft + Studentin klagt erfolgreich gegen geringes Bafög + Technoclub „Renate“ vor dem Aus + Mauerfall-Komödie in der Stasi-Zentrale + |
von Robert Ide |
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Guten Morgen, „Wir sind mit 6 Ruderbooten auf der Weichsel von Krakau nach Warschau unterwegs. Heute wieder eine Etappe geschafft. Die Boote und die Rudermannschaften dürfen sich ausruhen.“ Mit dieser Nachricht und dem dazu passendem Foto grüßt Checkpoint-Leser Gerhard Belmega. | |||
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Beach, Berge oder Balkonien – nehmen Sie uns mit! An dieser Stelle zeigen wir während der Sommerferien, wo Sie gerade den Checkpoint lesen. Schicken Sie uns ein Foto mit einem Satz zum Urlaubsort an checkpoint-aktion@tagesspiegel.de. | |||
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Warum nicht noch einmal woanders neu anfangen? Gerade Rentnerinnen und Rentner kehren dem schönen, aber außerhalb der Sommerferien oft voll lauten und selten sauberen Berlin den Rücken. Wir haben Sie nach Ihren Erfahrungen gefragt und viele interessante Antworten erhalten, darunter diese hier: „Ich selbst bin vor zwei Jahren in den Harz umgezogen, weil meine drei Kids alle nicht in Berlin bleiben wollten. Darüber sollte sich die Stadt mal eher Gedanken machen, warum die mittlere Generation der Leistungsträger wegzieht.“ (Lioba Zürn aus Bad Sachsa) Welche Gründe es für ältere Menschen noch gibt, aus Berlin wegzuziehen, lesen Sie in der Checkpoint-Vollversion - und zwar hier. | |||
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Man muss gar nicht alt werden, um die Freiheit außerhalb unserer Stadt der Freiheit zu suchen. Marie und Oskar zum Beispiel – ein junges Liebespaar aus Berlin, das seit vier Jahren eine für Affären offene Beziehung führt – räumen gerade ihre beiden Wohnungen in Berlin aus, um gemeinsam nach Schweden zu ziehen. Dort suchen sie das große Abenteuer, das sie sich in der Liebe bereits zugestehen. An einem ihrer letzten Sommerabende in der Stadt habe ich Oskar und Marie für unsere Liebeskolumne „Ins Herz“ getroffen – ihre Geschichte lesen Sie hier. Ach ja, und bevor Sie fragen: Die beiden Wohnungen sind schon weg. | |||
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Im Berliner Knast ist er kein Unbekannter. In Brandenburg hat sein Fall eines der umstrittensten Gerichtsverfahren seit der Wende ausgelöst. Der Dachdecker Mario K., verurteilt ohne Zeugen und schlagende Beweise zu lebenslanger Haft im so genannten „Maskenmann“-Prozess um den bewaffneten Überfall auf eine Millionärsfamilie in Bad Saarow 2011 und die mutmaßliche Entführung eines Bankers am Storkower See 2012, macht neue Schlagzeilen. Diese werfen nun nicht unbedingt ein gutes Licht auf die Berliner Justiz. Demnach soll K., wie auch andere gefährliche Häftlinge, mehrere Monate in eine Isolationszelle der Justizvollzugsanstalt Tegel eingesperrt worden sein (via RBB). Laut Berliner Strafvollzugsgesetz darf die JVA Gefangene nur dann länger als 24 Stunden isolieren, wenn das zur Abwehr von Gefahren unerlässlich ist. Die Isolationszellen haben nur eine karge Ausstattung und sollen sich gerade in Tegel in einem erbärmlichen Zustand befinden. Auf jeden Fall ist Mario K. kein ungefährlicher Mann. Er soll 2011 im Zuge des Überfalls auf eine Unternehmerfamilie einen Wachmann angeschossen haben; dieser ist seitdem querschnittsgelähmt. Als Häftling hat er 2019 die Gitterstäbe am Fenster seiner Zelle mit Chemikalien zertrennt und sich an der Fassade der Anstalt hinabgeseilt. Hinterher hatte der Gefangene nicht offenbaren wollen, wie ihm das gelungen war. Nach Erkenntnissen des Berliner Vollzugsbeirats, der sich für die Rechte von Gefangenen einsetzt, musste K. mehr als ein Jahr in der Isolationszelle verbringen. „Nach uns vorliegenden Dokumenten war er 389 Tage in Isolationshaft“, sagt Olaf Heischel, Vorsitzender des Vollzugsbeirats, am Checkpoint-Telefon. „Wenn dies wirklich nur geschehen sein sollte, weil er seine Fluchtmittel nicht verraten wollte, wäre das absolut ungerechtfertigt.“ Er selbst habe aber bei seinem Besuch des berüchtigten Gefängnistraktes im Mai 2023 nicht mit K. sprechen können, betont Heischel. In einem anderen ihm bekannten Fall habe er jedoch „den Eindruck gewonnen, dass die lange Isolationshaft eine Art Bestrafung für den Fluchtversuch sein sollte“. Laut Gesetz ist eine Isolationshaft auch bei Fluchtgefahr zulässig; zudem wird laut Justizverwaltung eine solche Unterbringung monatlich überprüft von zuständigen Justizbeamten und Sozialarbeitern. „Ich glaube nicht, dass das wirklich ernsthaft geprüft wird“, sagt dazu der pensionierte Anwalt Heischel, der 35 Jahre im Stafvollzugsrecht tätig war. „Für so lange Zeit gehört da niemand hin.“ Die Haftbedingungen des verurteilten Dachdeckers K. gewinnen besondere Brisanz dadurch, dass die Brandenburger Polizei bei der Aufklärung des spektakulären, ihm zur Last gelegten Entführungsfalls eines Bankers zahlreiche Spuren offenbar mangelhaft aufnahm und einigen Verdachtsmomenten nicht nachging. Nach eigenen Angaben war der Banker im Herbst 2012 aus seiner Villa am Storkower See mit Hilfe eines Kajaks durch den See auf eine Schilfinsel verschleppt worden und habe sich dort nach 33 Stunden selbst befreit. Wie eine umfangreiche Tagesspiegel-Recherche zeigte, hatten drei kritische Polizisten gegen ihre eigene Führung rebelliert, weil sie auf Verfahrenslücken und Direktiven ihrer Chefs zu einseitigen Ermittlungen aufmerksam gemacht hatten – Widersprüchen etwa in Richtung einer fingierten Entführung hätten sie nicht nachgehen dürfen. Daraufhin kamen die Beamten selbst vor Gericht wegen angeblicher Falschaussagen; erst vier Jahre später wurde das Verfahren gegen die Rebellen eingestellt. Gerichte hatten das Urteil gegen K. trotz aller Widersprüche letztinstanzlich bestätigt. Ein besonderer Fall für die Justiz bleibt er weiterhin. | |||
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Wie sollen Studierende eigentlich zum Studieren kommen, wenn die Monatsmieten selbst für kleinste Mikroapartments oder WG-Zimmer die Studienförderung auffressen? Das haben wir hier vor einem Monat gefragt und ein wahrscheinlich wegweisendes Urteil des Verwaltungsgerichts aufgegriffen. Eine Berliner Medizinstudentin hatte gegen die geringe Höhe ihres Bafögs geklagt und nach einem langen Verfahren beim Verwaltungsgericht einen Gang vors Bundesverfassungsgericht erstritten (Hintergrund hier). Nun hat meine Kollegin Katharina Kalinke mit der 29-Jährigen gesprochen, die 2016 in Berlin ein Medizinstudium begonnen hatte und nach erfolgreichem Abschluss mittlerweile als Assistenzärztin im Umland arbeitet. Im Checkpoint-Interview berichtet Sandra Nissen von ihrem Studi-Leben bei knapper Haushaltskasse. Frau Nissen, erleichtert Sie das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts? Ich bin positiv überrascht. Das Verfahren hat sich gezogen und zwischendrin habe ich gezweifelt, ob ich mir nicht zu hohe Ziele gesteckt habe. Mein Umfeld wusste von der Klage, ich bin mal auf mehr, mal auf weniger Verständnis gestoßen. Mit dem Urteil habe ich das erste Mal das Gefühl, dass man wirklich etwas bewirken kann, wenn man sich einsetzt und von der Sache überzeugt ist. Warum haben Sie gegen den Bafög-Satz geklagt? Chancengleichheit hat für mich eine große Rolle gespielt. Im Studium habe ich festgestellt, dass noch immer ein sehr geringer Anteil an Studierenden aus Nichtakademikerhaushalten kommt. Die sehr niedrigen Bafög-Sätze sind gerade für sie eine Hürde, ein Studium aufzunehmen. Und die angesetzte Wohnpauschale wird den Berliner Verhältnissen einfach nicht gerecht. Keiner meiner Kommilitonen ist damit ausgekommen. Kommen Sie auch aus einem Nichtakademikerhaushalt? Ja, tatsächlich bin ich die erste aus meiner Familie, die studiert hat. Sie hatten bereits 2016 eine Klage eingereicht, 2021 dann noch einmal, mittlerweile haben Sie Ihr Studium beendet und die Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht steht noch aus. Wieviel Kraft hat Sie der Prozess gekostet? Wir haben fast jedes Jahr Beschwerde gegen den Bafög-Bescheid eingereicht, das hielt sich zeitlich in Grenzen. Aber Durchhaltevermögen braucht es auf jeden Fall. Mittlerweile bin ich mit meinem Studium fertig und arbeite, ich selbst bin nicht mehr auf Nachzahlungen angewiesen. Was mir aber am Herzen liegt und mich motiviert hat, ist die Aussicht, dass in Zukunft vielleicht mehr Gerechtigkeit herrscht und mehr Leute studieren können, wenn sie wollen. Haben die Finanzen Sie im Studium eingeschränkt? Ein großes Thema in der Medizin ist ja die Doktorarbeit. Wäre meine finanzielle Lage entspannter gewesen, hätte ich die wahrscheinlich eher in Angriff genommen. Gerade am Anfang und am Ende meines Medizinstudiums hatte ich aufgrund der Masse an Studieninhalten keine Zeit, nebenbei noch zu jobben. Im Jahr 2021/22 lag die Wohnpauschale bei 325 Euro, mein Zimmer im Studierendenwohnheim hat aber monatlich 390 Euro gekostet. Mich hat beschäftigt, wie ich gut über den Monat komme, was ich mir an Freizeit leisten kann und was nicht. Ich habe mich nicht komplett ausgeschlossen gefühlt, aber schon Abstriche gemacht. Und was denken Sie: Kann der Staat weiter an seinen Studierenden sparen? | |||
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Für unsere Checkpoint-Playlist empfehle ich Ihnen heute einen aktuellen Song über die anhaltende Berliner Mischung aus Süß und Sauer, aus „Uludağ und Sorgen“, gesungen von Berlins jungen Rap-Poeten Symba und Paula Hartmann – das schöne Video dazu gibt’s hier. | |||
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Was man in Berlin im Sommer alles unternehmen könnte, wissen Berlinerinnen und Berliner natürlich ganz genau: den eigenen Kiez neu entdecken. Und so empfiehlt heute hier Dragqueen Jurassica Parka ihren queeren Nollendorfkiez: „Ich liebe die Maaßenstraße sehr, der kleine Ku’damm von Schöneberg! Einfach mal auf eine Bank setzen, eine kühle Brause oder ein Eis in der Hand, und Leute gucken – ich könnte das stundenlang machen. Die Straße ist seit 2015 eine Begegnungszone und der Kiez gewinnt dadurch viel mehr Lebensqualität. Außerdem toll ist der Wochenmarkt auf dem Winterfeldtplatz, auch wenn ich den leider regelmäßig verpasse, und zwar seit 10 Jahren!“ Sehr schade, denn auf dem auch sommerschönen Winterfeldtmarkt kriegt man zu jedem frischen Einkauf ein paar haltbare Berliner Sprüche gratis dazu. Der Fischhändler zum Beispiel scherzt gerne: „Skrei hier nicht so rum! Das stört den Stör.“ Und als ich hier als Student jeden Sonnabend Tee verkaufte, rief der Gemüsehändler neben mir immer: „Haste Mango, tanzt Du Tango!“ Und zwar sechs Stunden lang. | |||
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Schätzen Sie unsere Arbeit wert und wollen uns mit einem Abo unterstützen? Dann holen Sie sich gerne die Checkpoint-Vollversion sowie alle Bezirks-Newsletter und sämtliche Tagesspiegel-plus-Artikel, und zwar hier. Dankeschön! Im heutigen Newsletter würden Sie dann noch dazubekommen: - Gemeinsam besser: Berlin streitet über eine Olympia-Bewerbung für die Spiele 2036. Dabei wäre ein Anlauf für die Spiele 2040 aussichtsreicher – wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden. - Baden für alle: Warum kurbeln Besuche im Freibad auch die Berliner Wirtschaft an? Die Antwort verrät unsere Zeichnerin Naomi Fearn in ihrem Comic. - Tanzen wie früher: Wer seine großen Kinder musikalisch weiterbilden möchte oder in die 80er zurück tanzen will, kann dies unter dem schönen Titel „Dancing with Tears in your Eyes“ am Sonnabend im SO36 tun, wir verlosen Tickets. - Mein Checkpoint-Lesetipp für Sie schaut heute in unklare Tiefen des Meeres. Deutsche Ermittler suchen nach einem Ukrainer, der die Nord-Stream-Pipelines gesprengt haben soll. Er soll Teil eines Trios sein, das viele Untiefen genau kannte. Eine Spurensuche von Marie Rövekamp lesen Sie hier. | |||
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