Welche Rolle spielen die Realzinsen und der starke Euro für den Goldpreis? Liebe Leser, viele sind enttäuscht von der Entwicklung beim Goldpreis in den letzten Monaten und Jahren. Zwar gab es seit dem Tief bei gut 1.000 US-Dollar je Unze von Ende 2015 bis heute einen Anstieg um mehr als 30 Prozent, aber unter dem Strich geht es seit Jahren seitwärts, wenn auch unter großen Schwankungen: Bereits 2014 und 2016 unternahm Gold Angriffe auf die Widerstandszone zwischen 1.350 und 1.380 US-Dollar je Unze.
Wenn Sie meine Reports und Videos verfolgen, wissen Sie bereits, dass der Ausbruch nach oben bis jetzt nicht erfolgt ist – trotz mehrerer viel versprechender Versuche. Die Widerstandszone zwischen 1.350 und 1.380 US-Dollar erwies sich bisher als zu stark. Die Aussicht auf steigende Realzinsen bremst den Goldpreis Oft sind Gründe zu lesen, warum Gold bald steigen sollte. Mal wird eine bevorstehende Rezession als Grund genannt, mal eine Zuspitzung der internationalen Krisen. Das ist aber alles Spekulation. Aktuell drückt vor allem die Aussicht auf steigende Zinsen auf den Goldpreis, denn abseits von vielen vermuteten und ausgedachten Zusammenhängen besteht zwischen Goldpreis und Realzins eine echte Wechselwirkung. Der Realzins errechnet sich aus dem Nominalzins unter Abzug der Inflationsrate. Steigt der Realzins, dann wird die Goldanlage zumindest für spekulativ orientierte Anleger weniger attraktiv. Und diese bestimmen die kurzfristigen Preisschwankungen, nicht die Anleger, die physisches Gold zur langfristigen Absicherung kaufen. Tatsächlich ist der Realzins in den USA und selbst in Europa in den letzten Monaten gestiegen, wenn auch von einem sehr niedrigen Niveau aus. In Deutschland ist der Realzins sogar immer noch deutlich negativ: Die Inflationsrate steigt stärker als die Zinsen Aber dass der Realzins weiter steigt, ist keine ausgemachte Sache, selbst wenn die Notenbanken die Leitzinsen erhöhen sollten, was in den USA bereits der Fall ist. Doch die Inflationsrate steigt vermutlich noch stärker oder mindestens ebenso stark. Es kann also durchaus sein, dass der negative Einfluss auf den Goldpreis von dieser Seite aus wieder nachlässt. Doch es gibt noch ein weiteres Problem: Der steigende Wechselkurs des Euro zum US-Dollar, denn dadurch hat sich der Goldpreis je Unze in Euro gerechnet zuletzt schlechter entwickelt als der Preis je Unze in Dollar. Seit Anfang 2017 legte der Goldpreis in Dollar gerechnet um etwa 15 Prozent zu, während der Goldpreis in Euro gerechnet um 1,6 Prozent nachgab: Der starke Euro ist negativ für Goldanleger Und es besteht das Risiko, dass das in nächster Zeit so bleibt, denn der Wechselkurs des Euro zum US-Dollar kann weiter zulegen – aus verschiedenen Gründen. Wer also auf einen steigenden Goldpreis spekulieren will, muss derzeit das Wechselkursrisiko ausschließen. Das ist möglich, indem man auf währungsgesicherte ETFs oder Zertifikate setzt. Die Finanzbranche nennt eine solche Währungssicherung "Euro hedged" oder "Quanto". Das kostet zwar Gebühren, aber die halten sich bei den ETFs mit einer Gesamtkostenquote 0,4 bis 0,6 Prozent pro Jahr in engen Grenzen. Aber das ist wohlgemerkt eine Spekulation, bzw. ein kurzfristiger Ansatz. Wer langfristig zur Absicherung in physisches Gold investiert, der muss sich darum keine Gedanken machen. Denn Wechselkursentwicklungen gehen mal in die eine, mal in die andere Richtung. So entwickelte sich der Goldpreis in Euro auf die letzten 10 Jahre gesehen deutlich besser als der Goldpreis in Dollar:
Mein Fazit: Es ist aktuell vor allem die Spekulation über steigende Realzinsen, die einen Preisanstieg bei Gold verhindert. Das kann sich auch schnell wieder ändern. Ausschlaggebend für kurzfristige Anlageentscheidungen ist hier für mich die Charttechnik: Sollte der Goldpreis über die Widerstandszone zwischen 1.350 und 1.380 US-Dollar steigen, dann wäre das ein Kaufsignal. Um dann kurzfristig von einem weiteren Preisanstieg zu profitieren, ist es sinnvoll auf währungsgesicherte ETFs oder Zertifikate zu setzen. Um das nochmals ganz klar zu sagen: Es geht hier um eine Spekulation, bzw. um eine kurzfristige Anlage. Das hat nichts mit dem langfristigen Investment in physisches Gold zu tun, für das ich einen Anteil von 10 bis 15 Prozent im Depot empfehle. Hier spielen Überlegungen zur Charttechnik, zum Euro/Dollar-Wechselkurs oder der Entwicklung der Realzinsen keine Rolle. |