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Liebe/r Leser/in,

reden wir über das Schweigen. Mal den Mund zu halten und, wenn auch nur für ein paar Minuten, auf eine Antwort, ein Lob, eine Zustimmung oder auch einen deutlichen Protest zu verzichten fällt uns oft schwer. Dabei gilt eine eigene Meinung als Ausweis einer klugen Persönlichkeit. Die Meinung selbst muss nicht besonders originell oder gar klug sein – Hauptsache, wir äußern sie entschieden und vor allem schnell. Warum wir das tun? Vielleicht, weil wir nach Aufmerksamkeit gieren. Vielleicht, weil wir oftmals ziemlich eitel und nur mäßig klug sind. Das mag so sein. Aber wir sind nun mal Redewesen – und wir machen den Mund auf, nicht nur um Dinge und Sachverhalte festzustellen. Wir zurren die Welt fest mit unseren Worten. Wir ordnen sie, machen sie klarer und sicherer. So reden wir es uns zumindest ein.

Dass unsere hektische, teils hysterische Welt sich nicht festzurren lässt, dass der Boden wankt, wollen wir häufig nicht wahrhaben. Vor wenigen Wochen gab es zu wenig Impfstoff. Jetzt ist er da, und es fehlen die Impfwilligen. Die Grünen waren im Frühlingshoch und sind plötzlich im Sommerloch. Die Deutschen waren Fußball-Löwen im Portugalspiel und Stunden später zahme Kätzchen. Wir fürchteten einen Dürresommer, und jetzt regnet es ständig. Vieles dreht sich schnell, vielleicht auch unsere Meinung. Gerade Corona hat uns gelehrt: Nichts ist gewiss.

Eine Gewissheit, die verloren schien, finden wir gerade langsam wieder: Das normale Leben blüht! Die Läden, die Restaurants, die Büros öffnen. Und, ganz wichtig: Die Schulen öffnen wieder (so heißt es zumindest). Alles wieder gut? Nein, urteilt Ludger Wößmann. Der Bildungsökonom klagt, die Politik habe die Kinder während der Pandemie schlicht „im Stich gelassen“. Dieses Versagen habe „verheerende“ Schäden verursacht. Wer mehr über Deutschlands Schulen, die „vergessenen Orte der Pandemie“, erfahren will, dem sei unser Gespräch mit dem Forscher (siehe S. 36) empfohlen.

Schweigen kann ziemlich viel sagen. Hören Sie auch das dröhnende Schweigen des Grünen Robert Habeck? Für Annalena Baerbock hat er auf eine eigene Kanzlerkandidatur verzichtet – und verweigert jetzt jegliche Solidaritätsadresse für die gebeutelte Parteifreundin (siehe S. 28). Auf klare Worte zu verzichten ist wohl das Signum dieses Bundestagswahlkampfs. Armin Laschet verzichtet auf so ziemlich jede Kontroverse – und könnte gerade deshalb gewinnen.

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Auf Dauer können wir nicht schweigen. Gerade Journalisten wollen Menschen zum Sprechen bringen. Auch weil wir die Wahrheit, um sie zu begreifen, in Worte fassen müssen. Der niederländische Reporter Peter R. de Vries trat in Gerichtsverfahren als Sprecher von Kronzeugen auf. So wollte er sie vor möglichen Angriffen von Kriminellen schützen. Jetzt ist er selbst Opfer eines Anschlags geworden. Wer auch immer die abgründige Kaltblütigkeit besitzt, ein derartiges Verbrechen zu planen und umzusetzen – das Motiv steht schon jetzt mit geradezu höhnischer Klarheit vor aller Augen: Der Kopfschuss sollte de Vries zum Schweigen bringen. Das Recht sollte verstummen – und die Wahrheit verschwinden. Wie verteidigen sich offene Gesellschaften gegen derartige Angriffe?

Uns fehlen schnelle Antworten. Aber wir müssen darüber reden.

Mit vielen Grüßen

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Robert Schneider
Chefredakteur FOCUS Magazin

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Aufsteiger der Woche

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Vieles deutet darauf hin, dass Eric Adams, 60, New Yorks nächster Bürgermeister wird. Die größte Stadt der USA ist eine liberale Hochburg, und Adams gewann die Vorwahl der Demokraten. Der Afroamerikaner wuchs unter armen Verhältnissen in Brooklyn und Queens auf. Er gilt als moderat. Während seine Konkurrentin, die Linke Maya Wiley, Standpunkte der Black-Lives-Matter-Bewegung vertrat, schlug sich der frühere Polizist eher auf die Seite der Sicherheitskräfte. Nach dem Sieg schrieb er: „Danke, New York!“

Aussteiger der Woche

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Die Leiden der alten Werte. Nachdem Friedrich Merz seine Getreuen zum Verlassen der sogenannten „Werteunion“ aufgefordert hat, verabschiedete sich nun sogar deren früherer Vorsitzende Alexander Mitsch, 54. Mitsch hatte die Gruppe vor vier Jahren als Sammelbecken für rechte Unionisten, die mit dem Merkel-Kurs hadern, gegründet. Von dem AfD-freundlichen Kurs seines Nachfolgers, des Ökonomen und Fondsmanagers Max Otte, will sich der konservative Mitsch klar distanzieren.

Newcomerin der Woche

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Die EU schickt die Politik- und Friedensforscherin Annette Weber, 55, ins Feuer und hat die ehemalige Beraterin von Amnesty International zur Sonderbeauftragten für das Horn von Afrika ernannt. Die Region kennt weder Frieden noch Wohlstand. In Äthiopien kämpfen die Truppen des Ministerpräsidenten Abiy Ahmed gegen Aufständische. In Somalia verbreitet die Terrorgruppe Al-Shabaab Tod und Schrecken. An den Küsten herrschen Piraten. Im Landesinneren der Hunger. Die Folge sind massive Migrationsbewegungen.

Zitat der Woche

„Wir sind für alle Bürger da, nicht die Garnitur für Wahlprogramme, auch nicht die von Polizeifreunden.“

Termine der Woche

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Am Sonntag, 11. Juli, plant „Virgin“-Milliardär Richard Branson (Foto) plant einen Raketenflug ins All. Neun Tage, bevor Amazon-Gründer Jeff Bezos in den Weltraum startet.

Am Montag kommt Finanzminister Olaf Scholz (SPD) mit den Kollegen der Euro-Gruppe und der US-Vertreterin Janet Yellen zusammen.

Am Donnerstag besucht Angela Merkel Joe Biden in Washington. Es ist ihr 12. (und wohl letztes) bilaterales Treffen mit einem US-Präsidenten.

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