draußen wird es grün, Vögel zwitschern und Mücken fallen über unsere Pferde her. Hoffentlich keine, die das West-Nil-Virus in sich tragen, bei diesem Gedanken erwische ich mich in letzter Zeit häufig. Zu dieser Zeit gehört es auch, dass der internationale Sportreiterzirkus irgendwo in der Welt gastiert, um die Finals des Weltcups in Springen und Dressur auszufechten. In diesem Jahr trifft man sich in Riad in Saudi-Arabien. Die Scheichs haben die Preisgelder üppig ausgestattet. Im Tagesrhythmus flattern Pressemitteilungen ins E-Mail-Postfach, die von den wunderbaren Bedingungen kundtun, die vor Ort herrschen. Für Pferd und Reiter scheint man alles nur erdenklich Machbare zu tun. Das zahlt aufs Image ein – „Sportswashing” vom Feinsten. Wie ehrenhaft, dass man im Wüstenstaat alles für das Pferdewohl veranlasst! Pferde haben eben den Vorteil, dass sie keine Frauen sind. Oder homosexuell. Dann nämlich ist es weniger schön in Saudi-Arabien. Ein Staat, in dem Peitschenhiebe an der Tagesordnung sind und die Todesstrafe auf einvernehmliche homosexuelle Beziehungen steht. Von einer Sportart, bei der regelmäßig offen homosexuell lebende Menschen mit Medaillen um den Hals von Podien winken, hätte man sich da eine klare Haltung erhofft. Aber wo „fette Kohle” lockt, wird der Charakter schon mal kleingeschrieben. Und wer das Argument zückt, das Sport erstens nicht politisch sein soll und zweitens ja wahnsinnig viel verändern kann, der soll seine Dollars zählen und sich mit den Kindern von Salma al-Shehab unterhalten. Die werden ihre Mutter, eine Zahnmedizinerin, die in Großbritannien studiert hat, in 34 Jahren wiedersehen. So lange sitzt sie in Haft, weil sie auf X (ehemals Twitter) Accounts gefolgt ist, die sich für Frauenrechte einsetzen. Wir werden anders als gewohnt, nicht ausführlich vom Weltcup-Finale berichten. |