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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 28.10.2022 | Teils bewölkt bei absurden 22°C. | ||
+ Behörden-Pingpong statt Müllbeseitigung: Wie das Ordnungsamt mit seiner App Probleme „erledigt“ + FDP-Nachwuchs fordert „Platz der unabhängigen Ukraine“ vor der Russischen Botschaft + „Der BER hat es vorgemacht“: Flughafen München eifert Berliner Chaos-Flughafen nach + |
von Nina Breher |
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Guten Morgen, manchmal bleibt in Berlin alles, wie es ist. Erstens: Das vorläufige Regierungsterminal in Berlin ist jetzt offiziell das endgültige . Zweitens: Die Staatsoper darf weiterhin 20 Kaninchen auf der Bühne zeigen. Drittens: Der Berliner Senat scheitert vor Gericht – in zweiter Instanz mit seinem Plan, Sonderregeln für Carsharing-Anbieter einzuführen (Oberverwaltungsgericht, Donnerstag) sowie in einem Streit über die Kündbarkeit von Mieterschutz-Vereinbarungen (Verwaltungsgericht, 9. September). Wir erinnern uns: Am Dienstag war das schon mal passiert. Autos dürfen (zumindest vorerst) zurück auf die Friedrichstraße, entschied das Verwaltungsgericht. Wie es weitergeht, ist weiterhin unklar. Kurzer Rückblick: Die Grünen betonen, das letzte Wort sei nicht gesprochen. Das stimmt insofern, als die von der Verkehrsverwaltung beantragte Umwidmung, also die dauerhafte Einrichtung einer Fußgängerzone, von dem Urteil nicht berührt ist – es bezieht sich auf die aktuelle, provisorische Lösung. Die Regierende sagt aber, man müsse eben „akzeptieren, dass ein Versuch zu Ende ist“ (wir berichteten). Akzeptiert womöglich der Berliner Senat in diesen Tagen, dass die rot-grüne Zusammenarbeit zu Ende ist, Stichwort wahrscheinliche Wiederholungswahl? Nicht unbedingt. Es gibt nämlich eine fünfte Sache, die in Berlin bleibt, wie sie ist: Wenn Wahlkampf ist, geht es hoch her. | |||
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Wenn’s hitzig wird, zum Beispiel in der Landespolitik oder am Wochenende (bis zu 24 Grad), empfiehlt sich ein beruhigender Spaziergang im Park. Schließlich ist Stadtgrün gesund. Blöd nur, dass es ungerecht verteilt ist. Die einen haben fast unberührte Natur vor der Haustür, andere blicken auf graue Hinterhöfe. Belastungen wie Lärm, schmutzige Luft und Hitzegefahr sind in Berlin ebenfalls ungleich verteilt. Wie lebenswert ist Ihr Kiez? Schauen Sie selbst – in der interaktiven Karte des Tagesspiegel Innovation Lab. Dort erfahren Sie auch, wie viel Prozent Ihres Kiezes aus Brachflächen bestehen, die auf Ideen warten, wie hoch der Anteil an Gewerbe-, Wasser- und Verkehrsflächen ist. Die Daten stammen aus dem Berliner Umweltgerechtigkeitsatlas. Die Analyse meiner Kollegin Tanja Kunesch zeigt, wie politisch Stadtplanung ist: Frauen wohnen häufiger an lauten und luftverschmutzten Orten als Männer, auch Menschen mit niedrigem Sozialstatus sind häufiger starken Umwelt-Belastungen ausgesetzt. | |||
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Kurzer Blick in die Amtsstuben, genauer gesagt ins Amtsgericht Charlottenburg-Wilmersdorf. Hier bullern die Flur-Heizungen unbeirrt – Energiekrise und 20 Grad Außentemperatur hin oder her. Knallheiß seien sie, berichtet CP-Leser Stefan B., der sich darüber beim Bezirksamt beschwerte. Nach dem üblichen Pingpong (Bezirksamt nicht zuständig) antwortete ihm der zerknirschte Amtsgericht-Vizepräsident höchstpersönlich: „hochgradig unangenehm“ sei der Zustand ihm und seinen Kolleg*innen. Dafür könne man aber nichts: „Unser Haus verfügt zu unserem Leidwesen über eine renovierungsbedürftige Heizungsanlage, bei der zurzeit insgesamt 47 Heizkörper defekte Ventile aufweisen.“ Ersetzen könne man die allerdings aus technischen Gründen nur außerhalb der Heizperiode, schreibt der Vizepräsident (heißt übersetzt: nicht vor Ende April 2023). Man habe den Defekt bereits vergangenes Jahr gemeldet, „und damit aus unserer Sicht rechtzeitig“, aber ohne Erfolg. Die zuständige landeseigene Berliner Immobilienmanagement GmbH spreche gegenüber dem Amtsgericht von „Überlastung“ der Fachfirmen. Mit defekten Heizkörpern verhält es sich in Berlin offenbar wie mit Naturkatastrophen: Machste nix. | |||
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„Erledigt“ fühlen sich einige, die versuchen, das Ordnungsamt per App auf Müll und Co. aufmerksam zu machen. Wer, wie etwa Leser Felix G., einen Müllhaufen auf öffentlichem Straßenland meldet, erhält kurze Zeit später die erfreuliche Nachricht: „Status: Erledigt“, freundliche Grüße vom Ordnungsamt inklusive. Hat nur einen Haken: Der Müllhaufen liegt noch da. Denn „erledigt“ heißt in der Sprache der Ordnungsamt-App keinesfalls, dass das Ordnungsamt den Missstand beseitigt hat – wo denken Sie hin! Checkpoint-Leser*innen wissen das seit mindestens vier Jahren (siehe z. B. CP vom 26.6.18, 29.7.19, 9.7.20, 8.12.21, 26.9.22). Für andere hier nochmal das Kleingedruckte: „Bei der Statusmeldung ‚erledigt‘ kann es zu nachvollziehbaren Irritationen hinsichtlich des tatsächlichen Bearbeitungsstandes kommen.“ Denn „erledigt“ kann einfach heißen, dass das Ordnungsamt die Beschwerde an ein anderes Amt weitergeleitet hat. Sie wissen schon: Zuständigkeiten und so. Eines seiner „neuen Lieblingswörter“ sei „erledigt“ seitdem, schreibt Felix G. Team Checkpoint fragt: Wann „erledigt“ das Ordnungsamt den Missstand, dass die Bearbeitungs-Meldungen nicht verständlich sind? | |||
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Die Berliner Jungen Liberalen fordern, den Platz vor der Russischen Botschaft in „Platz der unabhängigen Ukraine“ umzubenennen. Damit wolle man „dieser Kühnheit und diesem Heldenmut“ der Ukrainer*innen „unsere Hochachtung“ zeigen, begründet Berlins JuLi-Vorsitzende Anna Kryszan das in der Pressemitteilung. Moment mal, der Platz vor der Russischen Botschaft ist uns doch letztens schon mal untergekommen? Genau, hier wollen die Museumsmacher von „Berlin Story Bunker“ ein Panzerwrack aus der Ukraine installieren. Offenbar hat sich der Berliner FDP-Nachwuchs inspirieren lassen. Politisch relevanter als ihre Brandenburger Kolleg*innen sind sie damit allemal. Die fordern nämlich, dass aus Brandenburg an der Havel die Tech-Metropole „Havel Valley“ wird. Elon Musk gefällt das. | |||
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„Das ist Hayri T., 42 Jahre alt, Vater von zwei Kindern. Er sitzt in Berlin im Gefängnis, weil er eine Geldstrafe nicht bezahlen kann“, schreibt Journalist und Autor Ronen Steinke bei Twitter. T. war betrunken auf seinem Fahrrad mit einem Krankenwagen zusammengestoßen, Sachschaden 2000 Euro. Das Gericht verurteilte ihn zu weiteren 1500 Euro Geldstrafe. Nun sitzt er in der JVA: T. ist einer von aktuell 347 Menschen in Berlin, die derzeit eine sogenannte Ersatz-Freiheitsstrafe absitzen, wie aus der aktuellen Belegungsstatistik hervorgeht. „Ein Großteil“ davon sitze wegen des Erschleichens von Leistungen ein, „also beispielsweise des Fahrens ohne Fahrscheins“, sagt Martin Kröger, Pressesprecher der Senatsverwaltung für Justiz, dem Checkpoint. „Häufig sind Menschen betroffen, die krank sind und/oder Suchtproblematiken haben und deshalb die Geldstrafe nicht bezahlen.“ Und für die der Gesellschaft offenbar keine andere Lösung einfällt, als sie einzusperren. Zwar will Bundesjustizminister Buschmann (FDP) die Ersatz-Haftdauer halbieren, wie er im Juli ankündigte. Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) setze sich auf Bundesebene dafür ein, das Fahren ohne Ticket im öffentlichen Nahverkehr zu entkriminalisieren, teilt Sprecher Kröger mit. Hayri T. wäre damit kaum geholfen – er sitzt ja wegen einer Geldstrafe anderer Art. | |||
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