Ihr Vorderbein war nicht das von Bella Rose, ihr Galopp nicht der von Valegro, ihr Schritt nicht der von Damsey und ihre Grundgangarten reichten von der Gesamtqualität nie an Cosmo heran. Aber sie war gesund und leistungsbereit. Sie war immer da, wenn es drauf ankam: Weihegold. In Leipzig ging ihre Sportkarriere zu Ende, die eigentlich begann, als sie als Oldenburger Siegerstute mit zweimal 10,0 für Rittigkeit andere, bewegungsstärkere Stuten auf die Ränge verwies. So wie sie es fortan immer tat. In Rio bei den Olympischen Spielen, unvergessen in der Kür ihres Lebens bei den Europameisterschaften 2017 in Göteborg und bei ihren Triumphen im Weltcup. „Weihe“ (der Name deutet auf ihre Familie den Oldenburger Weissena-Stamm hin) kam, piaffierte und siegte. In Glanzzeiten eines der wenigen Pferde im Spitzensport, das wirklich Last aufnahm in der Piaffe, wirklich die Hanken beugte, wirklich arbeitete. Heute beherrschen die vorne stützenden und mit hoher Kruppe auf der Stelle passagierenden Pferde (die eigentlich doch beweisen, dass man sehr wohl auch ohne ehrliche Versammlung in die Weltspitze kommen kann) das Bild. Nicht ganz vorne, aber zu weit vorne in internationalen Platzierungen. Arbeit sieht anders aus. Eine Arbeiterin war Weihe, eine mit der Leichtigkeit einer Ballerina. Das teilte sich übrigens vor allem denen mit, die das Vergnügen hatten, Weihegold live zu sehen. Ihre letzte Linie in der Kür mit Fächerpiaffen bei denen es alles gab, aber eigentlich nie auch nur einen Taktfehler, Gänsehaut! Dressur muss man live sehen. Video ist und bleibt eine Ersatzbefriedigung, das sei den Weihe-Nörglern an dieser Stelle einmal gesagt. Aura gibt es nicht auf dem Bildschirm. Weihegold geht jetzt endgültig in die Zucht, in der sie dank Embryotransfer-Nachkommen mittlerweile schon in dritter Generation längst eine ebenso feste Größe ist wie sie es im Sport war. Ein langes Leben auf der Weide sei ihr gegönnt. Übrigens haben wir ein Porträt der „privaten Weihe“ auf dem Titelbild unserer Maiausgabe, die zur Stunde in der Druckerei ist. Verdient hat sie ein Cover allemal. Auch stellvertretend für alle Pferde, die uns jeden Tag dank ihrer Leistungsbereitschaft ein paar schöne Stunden bescheren. Mach‘s gut, Weihe! In diesem Sinne, beste Grüße aus Hamburg, |