Liebe/r Leser/in,

taugt der Feind meines Feindes wirklich als neuer Freund? Die syrischen Kurden haben jetzt die Truppen des syrischen Diktators Assad zu Hilfe gerufen. Er gilt als Erzgegner des türkischen Staatspräsidenten Erdogan, der die Kurden angreift. Doch Assads Panzer verbessern lediglich die Positionen von Iran und Russland in diesem Konflikt. Sie helfen den Kurden nicht wirklich. Niemand hilft den Kurden. Es gelten nur die eigenen Interessen – für die USA genauso wie für die Türkei und für die europäischen Staaten, die sich zwar empört geben, aber Erdogan nicht Einhalt gebieten. Im Nahen Osten hat nach dem Untergang des Islamischen Staates ein neues Spiel begonnen. Die Kurden haben keine Trümpfe mehr – und deshalb auch keine Freunde.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche!

Drei Thesen um drei

Liebe Briten, geht doch bitte

Jetzt, diese Woche, ganz wirklich entscheidet sich die Brexit-Frage, der Austritt Großbritanniens aus der EU! Es heißt, eine historische Woche stehe bevor für die Briten wie für die übrigen Europäer. Bis zum Ende der Woche muss Boris Johnson dem Parlament einen endgültigen Austrittsplan vorlegen oder eine Verlängerung der Exit-Frist beantragen. Oder vielleicht auch nicht, weil dem Poker-Premier doch noch eine neue Finte, eine neue Variante einfällt.

Geht es Ihnen auch so? Man mag das Wort Brexit eigentlich nicht mehr hören. Wenn man den Begriff in die Suchmaschine Google eingibt, erscheinen ca. 190 Millionen Nennungen – allein für die vergangenen sieben Tage. Solche Zahlen werden höchstens übertroffen von Nachrichten über US-Präsident Donald Trump. Man ist versucht zu sagen: Liebe Briten, wir würden euch gerne behalten, aber geht doch bitte! Besser eine Entscheidung als keine, und wir können uns wieder (noch) wichtigeren Dingen zuwenden.

Gudrun Dometeit, Politik & Wirtschaft

Bodo oder Barbarei?

Ginge es nach Bodo Ramelow, dann wäre heute schon alles klar: Wer dem Ministerpräsidenten der Linkspartei bei der Landtagswahl in Thüringen am 27. Oktober nicht seine Stimme gibt, ist verantwortlich für ein weiteres Erstarken der AfD. So schlicht. Denn der Slogan, den Ramelow ausgibt, lautet „Bodo oder Barbarei“. Dabei vergisst er ganz bewusst, dass es durchaus eine Alternative zwischen Linkspartei und AfD gibt, nämlich die thüringische CDU. Für sie kämpft Spitzenkandidat Mike Mohring tapfer, lange Monate führte seine Partei in den Umfragen. Heute Abend trifft Mohring im TV-Duell auf Ramelow, um 20.15 Uhr im MDR. Man darf gespannt sein, wie sich der Mann der Mitte gegen den Mann von links schlägt. (Im aktuellen FOCUS lesen Sie ein Mohring-Porträt).

Markus C. Hurek, Politik & Wirtschaft

Europas wertvollstes Fintech ist mehr Google als Deutsche Bank

Mit nur 23 Jahren gründete Sebastian Siemiatkowski aus Stockholm den Zahlungsdienstleister Klarna. Heute gilt Klarna mit 5,5 Milliarden US-Dollar als wertvollstes nicht börsennotiertes Fintech Europas. Kritiker beklagen, dass Klarna seine Kunden mithilfe von Algorithmen durchleuchtet, Daten sammelt und für verspätete Zahlungen saftige Gebühren verlangt. Doch die Firma, die seit zwei Jahren auch eine Banklizenz hat, ist der Rockstar der Finanzbranche. Das Unternehmen bricht mit allem, was traditionelle Banken über Jahrzehnte ausmachte. Klarna vergleicht sich lieber mit Google und Amazon als mit der Deutschen Bank. Einfache digitale Produkte statt Bausparen. Am Ende könnten Siemiatkowski genau deshalb die junge Zielgruppe und die Zukunft des Bankings gehören.

Amelie Weber, Politik & Wirtschaft