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Liebe/r Leser/in,

sollten Sie in nächster Zeit Donald Trump mal wieder begegnen, so werden Sie sich wohl anhören müssen, er werde politisch verfolgt. Von ebenden Leuten, die ihm seinen Wahlsieg gestohlen hätten und das Land fertigmachen würden. Das sei eine Hexenjagd. Ja, ich glaube, er wird das Wort „Hexenjagd“ benutzen. Und womöglich auch den Begriff „Blutbad“. Das macht er gerne, wenn er in Fahrt ist.

Und ab heute wird er in Fahrt sein. Heute beginnt in New York der Strafprozess gegen ihn. Er begann natürlich schon mit der Auswahl der Geschworenen. Aber heute sprechen Staatswanwaltschaft und Verteidigung das erste Mal zur Jury. Ihre Reden weisen den Weg in einem Verfahren, das in der Geschichte der Vereinigten Staaten ohne Beispiel ist. Zwar haben die US-Bürger schon manchen Präsidenten aus dem Weißen Haus gejagt. Nie zuvor aber, so schrieb gestern die „New York Times“, lag das Schicksal eines Mannes, der das höchste Amt erringen könnte, in den Händen von zwölf Geschworenen.

Trump wird Ihnen sagen, da habe jemand Lügen über sein Privatleben verbreitet. Man versuche, ihn zu zerstören. Sie könnten ihm antworten, dass es darum nicht gehe. Wegen irgendwelcher sexueller Affären (egal ob wirkliche oder erfundene) steht Trump nicht vor Gericht. Er steht auch nicht vor Gericht wegen der 130.000 Dollar, die sein Anwalt einer Pornodarstellerin zahlte, damit sie schweigen möge. Er steht vor Gericht, weil die Staatsanwaltschaft davon überzeugt ist, dass kurz vor seiner Wahl zum Präsidenten im Jahre 2016 systematisch Menschen, die unangenehme Geschichten über ihn erzählen wollten, in seinem Auftrag zum Schweigen gebracht wurden. Und dass die dafür benötigten verdeckten Zahlungen in seiner Fima illegal abgerechnet wurden. Genau dies wird der Staatsanwalt heute den Geschworenen erzählen. Und er wird erzählen, dass Trump persönlich – als er 2017 bereits gewählt war – im Weißen Haus diese Zahlungen absegnete.

Trump wird ihnen sagen, das seien alles Lügen. Sie können versuchen, ihn etwas zu beruhigen. Sagen Sie ihm, noch sei nicht klar, ob all die Dokumente und Kronzeugen, die die Staatsanwaltschaft präsentieren wolle, die Geschworenen überzeugen. Noch sei kein Urteil gesprochen. Wahrscheinlich wird es nichts nutzen. Wahrscheinlich wird Trump laut und ruft, er werde politisch verfolgt. Sagen Sie ihm, darum gehe es nicht. Es gehe auch nicht um ihn. Es gehe um die Wahrheit.

Sie glauben, Sie werden Trump wohl nie begegnen? Nun, vielleicht nicht dem Ur-Trump, dem Mar-a-Lago-Original. Menschen aber, die das Recht und die Wahrheit verachten und juristische Vorwürfe gegen sich als Hexenjagd brandmarken wollen, finden sich überall. In Halle, so heißt es, stehe ein Politiker vor Gericht, weil er mit einer Parole der SA für seine Ziele geworben haben soll. Der Politiker sieht sich als Opfer. Von dem Verbot des Satzes habe er nichts gewusst. Er habe doch nur sagen wollen, dass er für Deutschland kämpfe. So wie Trump für die USA kämpfe. Dafür werde er nun politisch verfolgt.

Herzlich grüßt

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Markus Krischer,
stellvertretender Chefredakteur FOCUS Magazin

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