„Wir brauchen einen Plan für die Freiheit“
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Rheinische Post

Morgenausgabe

Stimme
des Westens

Dorothee Krings

04. Februar 2022

Liebe Frau Do,

nun beginnen heute also die Olympischen Winterspiele in Peking – und es ist zu einer politischen Frage geworden, ob man in diesem Wettkampf noch das sportliche Großereignis sehen kann, auf das so viele Athleten ihr ganzes Sportlerleben hingearbeitet haben, oder ob die Menschenrechtsverletzungen in China, die Überwachungsmethoden des Staates und sein rücksichtsloser Umgang mit der Umwelt ein argloses Mitfiebern verbieten. Meine Kollegen Stefan Döring und Martin Kessler haben sich darüber aus sportlicher wie politischer Sicht Gedanken gemacht. Am Ende muss jeder Zuschauer selbst entscheiden, wie er es hält mit dem Respekt vor Athleten und der geforderten Haltung gegenüber einer aggressiven Großmacht. Es mag zwar wenig ins Gewicht fallen, wie sich ein einzelner Konsument in Deutschland vor dem Bildschirm verhält, einen Unterschied macht es doch – wie bei allem, was man als kleiner Teil einer großen Menge tut.

Heute wichtig:

Corona: Die Omikron-Variante sorgt in Deutschland weiter für hohe Infektionszahlen. Auf den Intensivstationen schlägt sich das bisher nicht nieder –  dafür in anderen Bereichen: Das Robert-Koch-Institut schätzt die Zahl der Arztbesuche in Deutschland wegen Corona in der vergangenen Woche auf etwa 320.000. Seit dem Jahreswechsel stieg die Zahl.

„Marketing-Gag“: Ab Montag impfen auch viele Apotheken in NRW gegen Corona. Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, hält dies bestenfalls für einen „Marketing-Gag“. Das Problem beim Impfen seien nicht die Angebote, sondern die Nachfrage. Warum Gassen zudem einen „Freedom-Plan“ für Deutschland fordert, erklärt er in einem Interview, das Antje Höning geführt hat.

Hass und Telegram: Das zweite Interview, das ich Ihnen heute Morgen empfehle, haben meine Kollegen Hagen Strauß und Holger Möhle mit Bundesjustizminister Marco Buschmann geführt. Der FDP-Politiker hofft auf Corona-Lockerungen im März. Die zunehmende Gewaltbereitschaft von Impfgegnern und Querdenkern besorgt ihn. Kritisch sieht er dabei die Rolle des Messengerdienstes „Telegram“ – und will handeln.

Meinung am Morgen:

Impfen: Die Ständige Impfkommission geht einmal mehr eigene Wege. Angesichts der hohen Inzidenzen empfiehlt sie für viele überraschend, dass Millionen Bürger zum zweiten Mal geboostert werden sollten. Über 70-Jährige, Bewohner von Pflegeheimen und Menschen mit Immunschwäche sollen die vierte Impfung frühestens drei Monate nach der dritten Dosis bekommen. Für die Älteren, die im Herbst erstmals geboostert wurden, steht die zweite Auffrischung damit jetzt an. Was davon zu halten ist, schreibt Antje Höning in ihrem Kommentar.

Zölibat:  In Frankfurt hat die dritte große Versammlung des Synodalen Wegs, des Reformprozesses in der katholischen Kirche, begonnen. Kurz zuvor meldete sich Reinhard Kardinal Marx zu Wort und stellte die verpflichtende Ehelosigkeit für katholische Priester infrage. Unabhängig davon, wie viel Strategie dahinter steckt, weil Marx gerade wegen des Missbrauchsgutachtens in seinem Erzbistum unter Druck steht, hat diese Stimme doch Gewicht, schreibt Lothar Schröder in seinem Kommentar, listet allerdings auch viele Fragen auf, die sich bei Abschaffung des Zölibats stellen würden. Zum Beispiel die, ob es dann „zwei Arten“ von Priestern geben würde.

Türkei: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist in die ukrainische Hauptstadt Kiew gereist und hat sich als Vermittler im Konflikt mit Russland angeboten. Dabei verfolge er vor allem eigene Ziele, schreibt Susanne Güsten in ihrer Analyse. Beide Länder sind wichtige Handelspartner für die Türkei. Und auf russisches Gas ist das Land auch angewiesen.

So gesehen:

Das Museum Folkwang feiert 100 Jahre Bestehen am Standort  in Essen – und zwar standesgemäß: mit einer großen Impressionistenschau. „Renoir – Monet – Gauguin. Bilder einer fließenden Welt“ lautet der schwelgerische Titel dieses Gipfeltreffens der Meister, von dem Philipp Holstein mit eigenen Impressionen berichtet. Es gibt also doch Lichtblicke in düsterer Zeit, auch wenn man dafür ins Museum muss. Kritiker damals beschimpften die Künstler bekanntlich als oberflächliche „Impressionisten“ – und schufen damit den Namen einer Epoche. Heute wissen wir den Gehalt des Flüchtigen zu schätzen. Kommen Sie geschmeidig in den Tag!

Herzlich,

Ihre

Dorothee Krings

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