Wir schaffen das – nicht? | NRW-Sendemasten wachsen | Mallorca & Fußballgipfel
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Stimme
des Westens

Moritz Döbler

11. September 2020

Liebe Frau Do,

die Landesbauordnung dürfte eher selten das spannende Thema sein, mit dem Sie beim Smalltalk reüssieren können. Heute vielleicht schon: Mobilfunkanbieter sollen in NRW bis zu 15 Meter hohe Sendemasten ohne langwierige Genehmigungsverfahren errichten können. Die Reaktionen der Menschen dürften sich unter dem US-Begriff „Nimby“ zusammenfassen lassen: „not in my backyard“. Gerne überall, aber nicht bei mir – das kennt man von den Debatten um Windräder. Dabei wollen wir alle ein gutes Handynetz. Der Gesetzentwurf, über den Maximilian Plück berichtet, soll zugleich Kommunen verpflichten, Bauprojekte schneller zu genehmigen und ungenutzte Schrottimmobilien abreißen zu lassen. Was davon zu halten ist, lesen Sie in seinem Leitartikel.

Dass Kommunen den Abriss von Immobilien anordnen können, hat Boris Becker einst auf Mallorca erlebt. Seine Finca war zu groß geraten. Derzeit verliert die Lieblingsinsel der Deutschen an Anziehungskraft. Schon seit einigen Wochen gilt eine Reisewarnung. Jetzt wurde sogar ein Wohnviertel der Hauptstadt Palma wegen Corona komplett abgeriegelt. Meinen Mallorca-Flug, den ich zuletzt auf Ende Oktober verschoben hatte, kann ich wohl endgültig stornieren. Wo im Ausland Urlaub über die Herbstferien möglich ist und welche Regeln dort gelten, lesen Sie hier. Vielleicht folgen Sie aber auch dem Appell von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, „für den Herbsturlaub und vielleicht auch gleich für den Weihnachtsurlaub mit, nicht so weit zu fahren, sondern einfach mal die Schönheit Deutschlands zu genießen“.

Die Lektüre der aktuellen Steuerschätzung lässt sich nicht vollauf genießen, so viel ist klar. 20 Milliarden Euro weniger werden Bund, Länder und Kommunen im Wahljahr 2021 einnehmen als zuletzt erwartet, prognostiziert der zuständige Arbeitskreis. Das klingt erstmal nach viel Geld (und ist es natürlich auch), aber Bundesfinanzminister Olaf Scholz zeigt sich verhalten optimistisch, weil es offenbar nicht noch schlimmer kommt. Die zentralen Aussagen und Reaktionen finden Sie hier. In ihrem Leitartikel beschreibt Birgit Marschall, wie schwer die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Schuldenbremse wird. Ob die nächste Bundesregierung diesen Weg überhaupt noch beschreiten will?

Vor fünf Jahren prägte Bundeskanzlerin Angela Merkel den Satz: „Wir schaffen das.“ Doch vor dem Weg, den sie damals beschritt, fürchten sich viele Politiker in Berlin heute, weil das Flüchtlingsthema die Deutschen gespalten hat. Angesichts der humanitären Katastrophe in Moria ließe sich leicht argumentieren, dass wir es leicht schaffen könnten, diesen 13.000 Menschen zu helfen. Unsere stellvertretende Chefredakteurin Eva Quadbeck plädiert in ihrer Analyse für einen strikten Kurs in der Flüchtlingspolitik, der aber Raum für Nothilfe lässt, wie sie in Moria geboten ist. Man könnte auch von Nächstenliebe sprechen.

Für Fußball haben die Menschen in dem abgebrannten griechischen Flüchtlingscamp im Moment sicher keinen Sinn. Aber bei uns geht heute der DFB-Pokal los, und bald startet die Bundesliga-Hinrunde. Die beiden Vereine Borussia Mönchengladbach und Fortuna Düsseldorf standen im Zeichen unseres „Rheinischen Fußballgipfels“. Deren Wege trennten sich im Sommer: Fortuna stieg bekanntlich aus der Bundesliga ab, während die Borussen ihrer Rückkehr in die Champions League entgegenfiebern. Doch wer Düsseldorfs Sportvorstand Uwe Klein und Borussias Sportdirektor Max Eberl bei der Veranstaltung zuhörte, der stellte fest, wie viel die beiden Klubs doch weiterhin verbindet: die Ungewissheit, wo das eigene Team zum Saisonstart steht, die Befürchtung, beim eng getakteten Spielplan der kommenden Monate „Raubbau an den Spielern“ (Eberl) zu betreiben, und der sehnliche Wunsch nach der Rückkehr der Zuschauer. Gianni Costa und Karsten Kellermann führten durch ein launiges Gespräch mit tiefen Einblicken in eine Branche, die vor nie dagewesenen Herausforderungen steht.

Hoffentlich sind die Herausforderungen, die heute auf Sie warten, von kleinerem Kaliber – jedenfalls wünsche ich Ihnen einen entspannten Start in den Tag.

Herzlich

Moritz Döbler

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