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Lockdown-Profiteure
Adyen und Peloton
vor Knockdown?

Lieber Geldanleger,

 

heute unterziehen wir die Corona-Hot-Stocks Peloton und Wirecard-Konkurrent Adyen einem strengen Nachhaltigkeits-Check.


Sind die extremen Kurssteigerungen gerechtfertigt und besteht noch Potenzial?

Oder kommt nach der Lockdown-Rallye nun der Knockdown für die Aktien? Nachfolgend alles, was Du zu Adyen und Peloton wissen musst...

Die Infektionsraten gehen zurück, der Shutdown wird schrittweise zurückgenommen und immer mehr Unternehmen öffnen wieder ihre Pforten.

Von unserer gewohnten Vor-Corona-Normalität sind wir zwar noch meilenweit entfernt, aber wir alle wollen das leidige Thema am liebsten schnell abhaken und hinter uns lassen.

Auch die Unternehmen sehnen sich danach, endlich wieder in gewohnten Bahnen ihre Tätigkeit aufnehmen zu können – allerdings nicht alle, denn einige haben durch Corona und den Shutdown einen Nachfrageturbo zu spüren bekommen und nun stellt sich die Frage, ob dies eine Eintagsfliege war und die Aktien der Lockdown-Profiteure vor einem harten Absturz stehen, quasi vor dem Knockdown?


 Adyen 

Der niederländische Digital Payment-Anbieter gehört zu den großen Gewinnern der Corona-Krise. Die Menschen müssen zuhause bleiben und kaufen daher viel öfter online oder mobil ein.

Als Zahlungsabwickler im Hintergrund verdient Adyen an jeder Transaktion mit, die durch sein Netzwerk fließt. Die Margen sind gering, aber ebenso die Kosten und je schneller der Umsatz steigt, desto stärker auch die Profitabilität und die Gewinne.

Nun ist der Markt der Zahlungsanbieter nicht gerade konkurrenzlos und die noch relativ junge Adyen hat es mit alteingesessenen und viel größeren Playern zu tun. Wie VISA, MasterCard, aber auch PayPal, Square und Wirecard.

Da kommt es allen zugute, dass Stay@Home für digitale Kauflust sorgt und somit das digitale Zahlungsvolumen insgesamt deutlich ansteigt - zulasten des Bargelds. Ein größer werdender Kuchen lässt sich einfacher verteilen, da für jeden etwas übrig bleibt. Und für einige immer mehr.

Adyen ist weniger bekannt, weil Verbraucher kaum mit den Diensten direkt in Kontakt kommen. Weder zückt man seine Adyen-Kreditkarten noch findet man sein Adyen-Konto unter den Zahlungsoptionen, wenn man bei Amazon, Zalando oder Ebay shoppt.

Adyen agiert im Hintergrund und bietet eine digitale Plattform für die Zahlungsabwicklung, wodurch das Geld des Kunden über den Marktplatz an den Händler fließt.

Hier konnte Adyen in den letzten Jahren große Erfolge verbuchen und bedient inzwischen bekannte Marktplätze wie Etsy, Airbnb und demnächst auch Ebay, wo man PayPal als Zahlungsabwickler ablöst.

Darüber hinaus gehören Netflix und Spotify zum Kundenstamm und mit Alibaba besteht seit Ende 2018 eine Kooperation. Zur Alibaba Group gehören neben Ant Financial auch die digitalen Plattformen Alibaba.com, AliExpress, Taobao und Tmall, die allesamt von Alipay mit digitalen Zahlungsmethoden bedient werden.

Adyen übernimmt für die Alibaba Group außerhalb von China die Zahlungsabwicklung für die Plattformen AliExpress, Taobao, Tmall und Alibaba.com. Das Potenzial ist entsprechend riesig.

Dass Adyen sich auf die margenschwache Zahlungsabwicklung konzentriert, ist kein Nachteil. Vielmehr erinnert Adyens Geschäftspolitik an die von Amazon. Deren Gründer Jeff Bezos sagte einmal „Deine Marge ist meine Chance“.

Und genauso agiert Adyen. Man ist sehr preisaggressiv unterwegs, um große Kunden zu akquirieren und auch deshalb so erfolgreich, weil man mit schmalen Margen arbeitet. Gewinn steht nicht im Vordergrund, sondern Wachstum.

Dabei betreibt Adyen ein stark skalierbares Business, so dass starkes Wachstum nicht mit entsprechend steigenden Kosten einhergeht – was die Margen steigen lässt. Oder lassen könnte.

Denn die Margenverbesserungen gibt Adyen umgehend in Form von günstigeren Preisen an seine Kunden weiter, was das Wachstum und die Akquise wiederum befeuert. Wie Amazon dies auch tut, sowohl bei seinem Handelsplatzangebot, aber auch in seiner Cloudsparte AWS, wo man so zum Weltmarktführer wurde.

Adyens Aktienkurs hat stark profitiert in letzter Zeit, auch weil die Zahlen des 1. Quartals insgesamt überzeugend waren. So stieg der Nettoumsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 34% auf rund 135,5 Mio. Euro und das Transaktionsvolumen erhöhte sich um 38% auf 67 Mrd. Euro.

Adyen erwirtschaftete im 1. Quartal 2020 ein EBITDA in Höhe von 63,6 Mio. Euro und damit 16% mehr als im Vorjahr.

Die Wachstumsraten sind beeindruckend, weil das verarbeitete Transaktionsvolumen im Reise- und Tourismussektor bis Ende März 2020 um rund 90% einbrach im Vergleich zur ersten Januarwoche.

Darüber hinaus konnte das boomende E-Commerce Geschäft das weggebrochene Geschäft im stationären Einzelhandel nicht kompensieren und blieb rund ein Drittel unter dem Niveau des Vorjahres.

In der Folge fiel die EBITDA-Marge von zuvor 56% auf nunmehr 47% signifikant, weil Adyen ungebremst neue Mitarbeiter eingestellt und seine Marketingaktivitäten forciert hat. Hier handelt man entsprechend des Mottos Werner von Siemens, der davor warnte, für augenblicklichen Gewinn die Zukunft zu opfern.

Wenn nun der Shutdown sich seinem Ende zuneigt und die arg gebeutelten Branchen wieder Tritt fassen, dann sinken die Risiken in den von Adyen nicht bedienten Bereichen der digitalen Zahlungsabwicklung und dort werden wieder stärker Gewinne auflaufen.

Es dürfte aber nicht zu befürchten sein, dass Adyen ins Hintertreffen gerät, denn beim Wiederaufleben des Tourismussektors profitiert auch Adyen von den wiedererstarkenden Zahlungsvolumina.

Und wenn erst einmal die Chinesen wieder in Reiselust verfallen und nach Europa und in die USA zurückkehren, treffen sie dort auf immer mehr Läden und Angebote, die AliPay als Zahlungsoption akzeptieren. Und dort steckt auch Adyen mit drin und verdient seinen Teil, wie wir ja wissen.

Adyen NV (ISIN: NL0012969182)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 20e/21e/22e
Kurs
A2JNF4 / 1N8
33,5 Mrd. EUR
128 / 85 / 60
1.112,00 EUR


 Peloton 

Die Fitnessbranche boomt seit Jahren und immer neue Fitnessstudios schossen wie Pilze aus dem Boden. Doch die Erfolgsstory bekam durch Corona einen jähen Dämpfer, denn Fitnessstudios gehören weder zu den systemrelevanten Angeboten noch sind sie auf Social-Distancing ausgelegt.

Die Umsätze sind daher dramatisch eingebrochen, während die Kosten für die Locations und Geräte weiter voll auflaufen. Beim Personal kann man sparen, da man Fitnesstrainer ohne Hantel-Stemmer und Kursteilnehmer nicht benötigt, aber um die Kunden bei Laune zu halten, stunden viele Fitesscenter ihnen die Monatsgebühren.

Peloton kann hiervon massiv profitieren. Denn Peloton bringt das Fitnessstudio nach Hause. Dabei bietet man nicht irgendeinen Hometrainer an, sondern setzte von Anfang an auf Fitness-as-a-Lifestyle.

Man platzierte die eigenen Angebote konsequent im Hochpreisbereich und setzt neben Funktionalität auch gezielt auf das Design. Das Luxus-Spinning-Rad oder -Laufband ist für viele Fitness-Jünger nicht nur ein Trainingsgerät, sondern zu einem Kultobjekt geworden, etwas das man haben muss.

Das Phänomen kennen wir von Apple und seinen Geräten, die letztlich nicht viel mehr bieten als die der Konkurrenz. Aber für die Marke und den Status bezahlen die Kunden gerne einen hohen Aufpreis.

Doch Pelotons Geräte sind nicht nur einfach schick und teuer. Sie sind auch besonders. Sie bieten eine Funktionalität, die andere so nicht bieten und das Gesamtpaket macht die Marke und das Unternehmen zum Erfolg. Zum ersten Einhorn der Fitnessbranche.

Die Geräte von Peloton bieten einen integrierten Monitor, über den die selbst entwickelte und patentierte Streaming-Technologie die Kunden mit einer Reihe von exklusiven Angeboten beim Workout unterstützt.

Dazu gehören Leaderboards, Workout-Metriken, individuelle Musik-Playlisten und ein großes Angebot an Live-Fitnesskursen, zu denen man sich anmelden und bei denen man auch individuell angesprochen, beklatscht und motiviert werden kann.

Und bei Bedarf kann man auf die Peloton-eigene Mediathek zurückgreifen, in der es inzwischen mehr als 10.000 Trainingseinheiten abzurufen gibt.

Pelotons Angebot ist eingeschlagen wie eine Bombe. Mehr als 500.000 Luxus-Spinning-Bikes für 2.245 Dollar oder Laufbänder für 4.295 Dollar wurden bisher verkauft.

Gerade erst konnte man verkünden, die Marke von einer Million Abonnenten der Online-Trainingskurse überschritten zu haben, die dafür eine monatlich Gebühr von bis zu 39 Dollar bezahlen. Fitness-as-a-Service.

Man bezahlt nicht mehr das Sportstudio, wo man dann doch nicht hingeht, sondern hat das Sportstudio zu Hause; Design-Geräte, die einen besonderen, einen elitären Lifestyle vermitteln.

Doch Peloton bietet inzwischen viel mehr, denn immer mehr Angebote kommen ohne die teuren Geräte aus; ihr Anteil an Pelotons Umsätzen steigt stark an und orientiert sich Richtung 40%.

Hier entgehen Peloton zwar die Umsätze und Gewinne, die man mit den hochpreisigen Geräten erzielt, aber der eigentliche Clou sind ja die monatlichen Subskriptionen. Diese stabilen, monatlich wiederkehrenden Erlöse bringen auch in der Softwarebranche die Augen zum Leuchten.

Doch auch für Peloton stellt sich die Frage, ob die Sonderkonjunktur durch Corona und Lockdown jäh enden könnte, wenn die Fitnessstudios wieder öffnen.

Hierbei ist zu bedenken, dass man im Studio pro Person für die Gerätenutzung bezahlt, bei Peloton jedoch pro Haushalt. Das Luxus-Bike können auch mehrere Familienmitglieder nutzen oder die Kurse online abrufen.

Insofern relativiert sich der hohe Preis merklich. Viel interessanter ist jedoch, dass Peloton-Kunden sehr treu sind; sie weisen eine stark unterdurchschnittliche Kündigungsquote auf.

Und das bedeutet, dass ein Großteil der vielen neu gewonnenen „Corona-Kunden“ zu langfristigen Abnehmern werden dürfte und kein Einbruch der Abonnentenzahlen zu erwarten ist, wenn die Fitnessstudios wieder öffnen sollten.

Zumal diese auch noch das Handicap haben, nicht im normalüblichen Regelbetrieb an den Start gehen zu können, sondern nur unter erschwerten Hygieneregeln.

Peloton hat darüber hinaus auch eine eigene App, die losgelöst vom restlichen Fitnessangebot verwendet werden kann. Pro Person fallen hier nur 12,99 Dollar im Monat an und die Downloadzahlen sind seit dem Lockdown regelrecht explodiert.

Was auch dadurch zusätzlich befeuert wurde, dass Peloton die übliche kostenlose Probezeit von einem auf drei Monate ausgedehnt hat.

Doch auch Peloton war vom Lockdown direkt betroffen. Die 98 Showrooms in den USA sind geschlossen und die Livekurse in New York und London bis Ende April ausgesetzt.

Ebenso wurden vorübergehend keine Geräte mehr ausgeliefert, bei denen der Aufbau für die Kunden selbst zu aufwändig gewesen wäre. Insofern wird auch Peloton von den Lockerungen profitieren, während die Fitnessstudios nur mit angezogener Handbremse wieder loslegen dürfen.

Peloton Interactive (ISIN: US70614W1009)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 20e/21e/22e
Kurs
A2PR0M / PTON
12,8 Mrd. USD
neg. / neg. / neg.
45,31 USD


Mein Fazit:

Während die Wirtschaft abstürzt und viele Unternehmen vor erheblichen Ein- und Umbrüchen stehen, gibt es einige Krisengewinner. Adyen und Peloton gehören zweifelsfrei dazu.

Mit den sukzessiv zunehmenden Lockerungen werden sich auch die klassischen Bereiche wieder erholen, wenngleich nicht so schnell wieder auf Vor-Krisenniveau. Dem einen oder anderen Krisenprofiteur wird hier die neu gewonnene Kundenbeliebtheit wieder abhandenkommen.

Doch sowohl Adyen als auch Peloton haben in der Krise ihre Chancen genutzt und profitieren dauerhaft, weil ihre Angebote zu den besten in einem Megatrend gehören und ihre Kunden ihnen auch nach Corona treu bleiben werden.

Sie wurden nicht wegen Corona gewonnen, sondern durch Corona hat sich der zugrundeliegende Trend „nur“ merklich beschleunigt.

Die durchaus üppigen Bewertungen der Aktien sind demnach nicht unverdient, auch wenn beide bereits eine Menge Vorschusslorbeeren enthalten und die Gefahr wächst, dass die eingepreisten hohen Wachstumserwartungen nicht immer erfüllt werden können. Momentan sieht es danach allerdings bei beiden Werten nicht aus.

Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig, Value Investor und Betreiber des Blogs iNTELLiGENT iNVESTiEREN.

Autorenprofil
Michael C. Kissig studierte nach Abschluss seiner Bankausbildung Volks- und Rechtswissenschaften und ist heute als Unternehmensberater und Investor tätig. Neben seinem Value-Investing-BlogiNTELLiGENT iNVESTiERENverfasst er regelmäßig eine Kolumne für das „Aktien Magazin“.

Hinweispflicht nach §34b WpHG: Der/die Verfasser ist/sind in ein oder mehreren der oben genannten Wertpapieren/Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels investiert. Es können daher Interessenskonflikte vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.


 

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Viel Erfolg bei Deinen Finanzentscheidungen &
ein schönes Wochenende wünscht Dir

Dein
Armin Brack
Chefredakteur Geldanlage-Report

>> Die nächste Ausgabe erscheint am 30. Mai

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