„Europa darf nicht unterschätzt werden“, betont Borge Brende, Präsident des Weltwirtschaftsforums, im Handelsblatt-Interview. Dies spiegelt sich auch im WEF-Motto wider: „Vertrauen wiederherstellen“. Doch bevor wir Vertrauen wiederherstellen können, müssen wir verstehen, wo Europa aktuell steht. Unser Megatrend Research zu Globalisierung zeigt: Europa durchlebt eine Erschöpfung.
Die von Brende angesprochene multipolare Weltordnung ist von Ordnung noch so weit entfernt wie Nordkorea von einer Demokratie. Vielmehr erleben wir eine multipolare Welt-Un-Ordnung. Diese bringt globale Unsicherheiten und unerwartete Ereignisse mit sich. Wer hätte beispielsweise gedacht, dass Wahlen in Taiwan einmal einen signifikanten Einfluss auf die deutsche Wirtschaft haben könnten? In unserer multipolaren Welt-Un-Ordnung versuchen die westlichen Mächte, ihre traditionelle Rolle als globale Ordnungshüter und ethische Führer aufrechtzuerhalten, während neue Akteure ihren eigenen Weg gehen – als Trend Politics of Hope in unserer Forschung identifiziert. Doch die Welt entwickelt eine immer größer werdende Komplexität und lässt die großen Reden über globale Ereignisse zunehmend an Bedeutung verlieren. Dabei sind die globalen Abhängigkeiten so groß wie nie zuvor und die Spielregeln der internationalen Zusammenarbeit werden neu gemischt.
Es ist kein Wunder, dass sich der Begriff Friendshoring – Wirtschaftsbeziehungen basierend auf gemeinsamen Werten und Verständnis, unabhängig von geografischer Nähe – etabliert. Globale Beziehungen nur über Effizienz (Off- oder Nearshoring) zu denken, klappt nicht mehr. Die Stabilität im täglichen Miteinander entsteht im Friendshoring aus echten Beziehungen.
Im Kern geht es in der Wirtschaft immer um Vertrauen, weshalb der rechtliche Rahmen eine für Player verbindliche Basis darstellt. Wie auch die Währungen, auf die man sich verlassen kann. Zukünftig viel mehr: die digitalen Währungen. Nationen und Staatenkollektive versuchen, sich von der Dollar-Dominanz zu lösen, mit CBDCs als Schlüsselkonzept. China ist hier mit seinen Modellregionen Vorreiter und auch in anderen Ländern gewinnen digitale Währungen an Bedeutung. Die Einführung des digitalen Euros würde weitreichende Auswirkungen auf die Wirtschaft haben, denn Geld ist das zentrale Medium der Wirtschaft, daher bedeutet die Kontrolle über Zahlungen einen direkten Zugriff auf die Wirtschaftssysteme.
Neben den Beziehungen und dem Geldsystem bezieht die Wirtschaft ihr Vertrauen auch daraus, aufkommendeKnappheiten rechtzeitig zu erkennen. Dafür dienen Trends. Viele europäische Betriebe sehen aktuell ihre Chancen in einer globalen Ausrichtung auf Eco Propositions. Das ist wunderbar, braucht aber auch Erfolge. Diese scheinen sich aktuell nicht allzu einfach realisieren zu lassen. Die globale Automobil-Lieferkette stellt sich etwa darauf ein, dass künftig mehr E-Autos von China nach Europa kommen als umgekehrt.
Welche Trends lassen sich als globale Chance noch erkennen?
Neben dem Fokus auf Smart Innovations wird sich im Megatrend Gesundheit viel abspielen. Im Zukunftsinstitut arbeiten gerade daran, hier die wesentlichen Treiber zu identifizieren, um Unternehmen einen fundierten Blick auf neue Chancen zu bieten. Es wird eine nicht ganz so einfache Zeit für die Wirtschaft in Europa, daher sollten wir europäischen Unternehmer:innen tatsächlich diese Phase der Erschöpfung als Chance zur Neuerfindung und Stärkung der globalen Position begreifen. In Davos wird das deutlich, auch wenn ich fürchte, von dort wird kein Ruck mehr durch die Wirtschaft gehen. Oder wie unser Keynote Speaker Tim Leberecht im Handelsblatt formuliert:
„Die große Frage ist immer: Wie viel Veränderung lässt sich aus dem System heraus betreiben? Auf der einen Seite wollen die Organisatoren neue Konzepte vorantreiben. Auf der anderen Seite gibt es viele strategische Partner, die ihre eigenen Agenden und Erwartungen haben.“
Im Zukunftsinstitut entwickeln wir Wege, um Menschen und Organisationen auf eine komplexere Welt und auf den Umgang damit vorzubereiten. Ob Bildung, fundierte Forschung auf Basis systemischer Analysen oder die Integration von Trendwissen in strategische Entscheidungen. Unser Megatrend Research liefert nicht nur Einblicke, sondern auch die notwendigen Werkzeuge, um die Zukunft aktiv mitzugestalten und sich als Unternehmen und somit auch Europa als wesentlicher Akteur in einer multipolaren Welt-Un-Ordnung zu stärken.
Europa erlebt einen massiven demografischen Wandel, der sich in einer alternden Gesellschaft und unterschiedlichen Erwartungen verschiedener Altersgruppen am Arbeitsplatz manifestiert. Der Trend Generational Leadership verdeutlicht die Aufgabe, verschiedene Generationen kooperativ in die Arbeitswelt zu integrieren – über herkömmliches Personalmanagement und traditionelle Führungsstile hinaus. Das erfolgreiche Management von altersgemischten Belegschaften erfordert eine differenzierte Personalpolitik und Führung, die sowohl die Bedürfnisse der einzelnen Generationen als auch die Unterschiede innerhalb jeder Altersgruppe berücksichtigt.
Bleiben wir bei den Fakten
Mehr Retail-Infografiken finden Sie im aktuellen Retail Report.
Future Managerin of the Week
Sabine Hoffmann
Tribe Lead, The Tomorrow Tribe
Sabine Hoffmann hat viel vor: Den umfangreichen Werkzeugkoffer des Future Management will sie in den nächsten 17 Jahren für die Wiederherstellung der Balance auf unserem Planeten einsetzen. Angst vor dem Morgen ist dabei für sie Fehl am Platz, denn sie ist überzeugt, dass sich Zukunft sehr strukturiert angehen lässt: „Auch wenn nicht klar ist, was kommt … indem ich aus einer klaren Position starte und sehr bewusst meine Schritte gehe, komme ich garantiert in einer Zukunft an, die ich lieben werde.“ Hilfreich findet Sabine dabei vor allem das Tool „Lazy Eight“, denn es verdeutlicht: „Zukunft heißt nicht immer nur innovieren, manchmal bedeutet Zukunft auch, zu stabilisieren oder einfach mal innezuhalten.“
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