Einer der größten deutschen Medizinskandale der letzten Jahre nimmt möglicherweise eine Wendung. Offenbar gelingt es dem Hauptbeschuldigten, sich mit einer Forschungsarbeit wenigstens teilweise zu rehabilitieren. Im September 2019 hatte die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) den Tübinger Neurologen Niels Birbaumer für fünf Jahre de facto von jeglicher Förderung ausgeschlossen, eine harte Strafe.
Die DFG folgte Hinweisen, dass es Birbaumer und sein Team bei Versuchen, komplett bewegungsunfähige Locked-in-Patienten per Ableitung ihrer Hirnströme über eine Elektrodenhaube zur Kommunikation zu befähigen, mit den Daten nicht so genau genommen hatten. Jetzt veröffentlicht die Birbaumer-Gruppe in einem anderen hochrangigen Journal, „Nature Communications“, eine erfolgreiche Fortsetzung. Ein 34-Jähriger, der wegen einer Nervenkrankheit nicht einmal mehr seine Augenlider bewegen konnte, wurde von den Forschern in die Lage versetzt, durch die Kraft seiner Gedanken mit dem Buchstabierungsprogramm eines Computers zu interagieren. Das funktionierte diesmal nicht über außen angebrachte, sondern in das Gehirn implantierte Elektroden. Die Forscher konnten den Patienten trainieren, weil sein Gehörsinn intakt war.
In einer Mitteilung habe er sich bei ihnen bedankt, schreibt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ heute (23. März). Die Zeitung deutet allerdings an, dass die Versuche wegen des DFG-Urteils Mitte 2020 abgebrochen werden mussten. In einer ersten Stellungnahme verweigert sich die DFG einer „Rehabilitierung“ Birbaumers. Außerdem befinde sie sich in einem Rechtsstreit mit dem Neurologen.
Kurt-Martin Mayer, Wissen & Gesundheit |