Ausgabe vom 08.02.2021

Wo bleibt denn da die Moral?

Wo bleibt denn da die Moral?
von Torsten Ewert

Sehr verehrte Leserinnen und Leser,

zu meinem Artikel der Vorwoche über die neue Qualität der Dienstmädchenhausse erhielt ich eine Mail eines Lesers, der den GameStop-Hype aus einer ganz anderen Perspektive sieht. Für ihn sind die Shortseller, denen dabei eins ausgewischt wurde, die Bösewichte, die schlimmstenfalls „Firmen in den Ruin treiben können“. So etwas gehöre sich nicht, so der Leser weiter und fragt: „Wo bleibt da die Moral?!“

Moral und Börse

Nun ist es mit der Moral an der Börse, in der Finanzbrache und in der Wirtschaft so eine Sache. An der Börse werden Aktien von Erotikportalen, Spielcasinos, Tabakkonzernen, Waffenherstellern und Ölmultis gehandelt. Selbst, wenn diese blitzsaubere Bilanzen haben und sich bei ihren Geschäften moralisch einwandfrei verhalten (nach welchen Maßstäben auch immer), sehen viele Investoren inzwischen deren Geschäftsmodelle insgesamt als „unmoralisch“ an – und verbannen diese Aktien aus ihren Depots.

Dennoch steht es uns frei, solche Aktien zu kaufen. Die Banken und Broker wickeln diese Transaktionen problemlos für uns ab. Aber wo bleibt denn da die Moral?

Die Finanzbranche hat in der Immobilienkrise bis kurz vor ihrem eigenen Beinahe-Untergang in großem Stil Wertpapiere vertickt, von denen sie wusste, dass sie Schrott sind. Das Einzige, was der damalige Chef der Citigroup, Chuck Prince, zur Rechtfertigung vorbrachte war: „Solange die Musik spielt, muss man aufstehen und tanzen.“ Wo bleibt denn da die Moral?

Die Fälle Wirecard und General Electric

In „der Wirtschaft“ läuft es kaum besser. Ich könnte den Wirecard-Fall bemühen, aber das wäre zu einfach. Viel besser geeignet – weil er uns wieder zum Thema „Shortseller“ zurückführt – ist der Fall General Electric (GE).

Bei diesem "honorigen" Weltkonzern gab es bereits in der Amtszeit des legendären – und inzwischen verstorbenen - Chefs Jack Welch die ersten Bilanzmanipulationen. Welch führte GE von 1981 bis 2001, also 20 Jahre lang. Erst weitere 17 Jahre später, also 2018, wagten es ein, zwei Analysten Zweifel an den GE-Bilanzen zu äußern und die offensichtlichsten Tricksereien öffentlich zu machen – nachdem sie jahrelang die (undurchsichtigen) Bilanzen durchforstet haben.

Mehr als 30 Jahre lang konnte also der Konzern ungestört Aktionäre, Mitarbeiter und Öffentlichkeit hinters Licht führen! Als die Manipulationen aufflogen, verloren unzählige Leute bei GE ihre Jobs, Ruheständler ihre Altersvorsorge und manche Anleger ein kleines Vermögen (der Kurs brach daraufhin um bis zu 80 % ein). Im Oktober 2020 kündigte die US-Börsenaufsicht zivilrechtliche Schritte gegen GE an. Wo bleibt denn da die Moral?

Achtung, Polemik!

Und wo bleiben die kritischen Fragensteller? Aktuell beobachten in den USA laut dem Datenanbieter Refinitiv mindestens 12 Analysten das Unternehmen GE und seine Aktie. Als der Konzern noch Mitglied im Dow Jones Index und das Leitbild für Managergenerationen war, gab es bestimmt noch mehr. Wie konnten sich diese hochbezahlten Finanzgenies all die Jahre derart an der Nase herumführen lassen? Was haben sie und all die Fondsmanager getan, um das Unheil abzuwenden, dass schließlich über ihre Anleger in Form des 80%-igen Kursverfalls hereinbrach? Und wo bleibt bei all dem denn die Moral?

Liebe Leserinnen und Leser, falls Ihnen das bisher Gesagte ungewöhnlich polemisch vorkommt oder Sie sogar irritiert – das war genau meine Absicht. Denn erst jetzt komme ich zu den Shortsellern, die der Leser als unmoralisch brandmarkt. Tatsächlich gibt es darunter etliche schwarze Schafe, die nur versuchen, mit negativen „Enthüllungen“ die Kurse in die von ihnen gewünschte Richtung zu treiben. Das wird zu Recht als Marktmanipulation verurteilt. Aber dazu später mehr.

Doch nach dem bisher Gesagten dürfte klar sein, dass die Frage nach der Moral – wenn überhaupt – viel eher gestellt werden muss. Und nicht erst dann, wenn die Shortseller in Aktion treten und Fälle, wie den von GE, versuchen, für sich zu nutzen. Denn in einer idealen Börsen-, Finanz- und Wirtschaftswelt hätten Shortseller keine Chance.

In einer idealen Welt

In einer idealen Welt macht jeder Anleger vor einem Investment seine Hausaufgaben und durchleuchtet ein Unternehmen und dessen Bilanz von vorne bis hinten. Eventuelle Zweifel klärt er mit den Verantwortlichen dort, und falls diese Zweifel nicht ausgeräumt werden können, lässt er die Finger von dieser Aktie.

Aber Hand aufs Herz: Von diesem Ideal sind wir weit entfernt. Viele Privatanleger betreiben überhaupt keine Unternehmensanalyse, sondern verlassen sich auf die Profis. Oft haben Privatanleger auch weder die Zeit noch das Wissen dafür. Sie vertrauen also darauf, dass andere (Analysten, Fondsmanager) ihren Job richtig erledigen Und wenn die investieren bzw. nichts Negatives berichten, dann sehen sie auch keinen Grund für Zweifel.

Und in einer idealen Welt würden Analysten und Fondsmanager auch genau das tun! Allerdings hätten sie nicht allzu viel Arbeit damit, denn in dieser idealen Welt würden die Unternehmen selbst diese Arbeit erledigen: Sie legten Bilanzen vor, die so klar wie Wasser sind und keine Fragen, geschweige denn Zweifel aufkommen lassen. Und falls doch einmal eine Nachfrage nötig wäre, würden die Unternehmen alle relevanten Informationen liefern, um jeden Zweifel sofort auszuräumen.

Shortseller als Korrektiv für die Märkte

Doch genug geträumt. In einer solch idealen Welt leben wir nicht, und es wird sie wohl auch nie geben. Wir müssen also mit den Unzulänglichkeiten und Nachlässigkeiten oder gar Manipulationen leben. Und als Anleger hoffen wir jeden Tag, dass uns das Schicksal erspart bleibt, ihr Opfer zu werden.

Aber erst solche Unzulänglichkeiten der Märkte (zu denen auch wir gehören) geben den Shortsellern überhaupt die Chance, mit ihren Aktionen Erfolg zu haben und Geld zu verdienen - weil sie nämlich Dinge aufdecken, die andere nicht erkannt haben bzw. nicht erkennen oder nicht wahrhaben wollten. Insofern sind Shortseller also ein wichtiges Korrektiv für die Märkte.

Doch es gibt eben diese Grauzone, in der die schwarzen Schafe der Zunft operieren. Diese Grauzone entsteht jedoch nur dadurch, dass die fraglichen Unternehmensbilanzen tatsächlich nebulös sind oder zweifelhafte Vorgänge zeigen. Egal, ob Aurelius, Grenke, Ströer, Wirecard oder andere – alle diese Unternehmen hatten irgendwelche Ungereimtheiten in ihren Bilanzen.

Die meisten Shortseller legten „nur“ die Finger auf diese Wunden. Und wenn nun alle Anleger ihre Hausaufgaben gemacht hätten (siehe oben), dann hätten sie sofort wissen müssen, ob an den Vorwürfen etwas dran ist oder nicht. Im Idealfall wäre dann die Attacke ins Leere gelaufen.

Sie haben leichtes Spiel – weil wir zu bequem sind

Die Shortseller nutzen also nur unser aller Nachlässigkeit, Ahnungslosigkeit und Bequemlichkeit, aber vor allem unsere Gier und unsere Angst aus – und haben leichtes Spiel dabei. Sonst könnten die Anleger gar nicht in Panik verfallen, dass an den Vorwürfen doch etwas dran sein könnte. Und nur die Ungereimtheiten der Bilanz erlauben es den Shortsellern überhaupt erst, solche Nebelkerzen steigen zu lassen. Und dann machen es die Unternehmen oft auch noch schlimmer, indem sie sogar in der kritischen Phase des Shortseller-Angriffes die Vorwürfe nur zögerlich aufklären.

Und diese Nachlässigkeiten führen auch dazu, dass selbst unsaubere Shortseller-Attacken nur selten Konsequenzen für deren Protagonisten haben. Die Behörden, die über solche Marktmanipulationen urteilen müssen, stehen schließlich vor demselben Dilemma: Auch sie können ad hoc nicht zweifelsfrei entscheiden, ob die Shortseller nur bluffen oder aber doch (ein wenig) Recht haben. Daher kommt es oft zu halbherzigen Entscheidungen, bei denen die Shortseller eine kleine Strafe zahlen, die gegenüber den Gewinnen, die sie mit ihrer Aktion eingefahren haben, lächerlich sind.

Doch diese lächerlichen Strafen und vermeintliche unberechtigte Attacken der Shortseller bleiben den Menschen in Erinnerung. Schnell kocht dann die Empörung hoch, und es wird ein Verbot von Leerverkäufen gefordert. Doch ein Verbot von Leerverkäufen würde nur die genannten Unzulänglichkeiten zementieren. Das gelegentliche Korrektiv – die Shortseller – würde dagegen abgeschafft.

Wollen wir das wirklich?

Auch wenn dieses Korrektiv etliche Mängel hat – möchten wir wirklich wieder über 30 Jahre warten, bis zufällig mal ein Bilanzskandal aufgeklärt wird? Oder wollen wir es erneut darauf ankommen lassen, dass ein DAX-Konzern innerhalb eines halben Jahres pleitegeht, weil keiner so genau hingeschaut hat?

Aber zum Glück sind das die absoluten Ausnahmen. Die Mehrheit der Unternehmen bemüht sich nach Kräften, schlüssige Bilanzen vorzulegen und verbleibende Fragen schnell und umfassend zu beantworten. Daher sind Shortseller-Attacken nur ein sehr kleiner Teil eines insgesamt immer noch funktionalen Marktes. Und unseriöse Shortseller-Attacken sind noch seltener.

Die Wahrscheinlichkeit, dass wir persönlich davon betroffen sind, ist daher auch minimal. Nehmen Sie mich als Beispiel: Ich habe seit Anfang dieses Jahrhunderts ca. 3.000 Transaktionen in Aktien und Aktienderivaten durchgeführt. In diesen gut 21 Jahren bin ich selbst nur einmal in eine Shortseller-Attacke geraten. Das ergibt rein rechnerisch eine Wahrscheinlichkeit von 0,03 %. Wer ein Mindestmaß an Risikomanagement betreibt, sollte dieses Risiko (das neben den vielen anderen Risiken kaum ins Gewicht fällt) schulterzuckend abhaken können.

Sind sie nun gut oder böse? Entscheiden Sie!

Ach ja, bleibt noch die Frage, ob die Shortseller nur heiße Luft produzieren oder ob tatsächlich etwas dran ist an den Sachen, die sie behaupten. Sind sie also böse oder gut?

Ich habe oben (außer Wirecard) drei Firmen genannt, die mir aus den letzten Jahren durch Shortseller-Attacken in Erinnerung geblieben sind. Das auch deswegen, weil die mediale Empörung über die bösen „Shorties“ ähnlich wie bei dem eingangs erwähnten Leser groß war.

Ich habe die Vorwürfe nie im Detail geprüft, weiß nicht einmal mehr, worum es dabei ging. Ich habe mir nur für diesen Artikel die Charts der betreffenden Unternehmen angesehen, die ich Ihnen nachfolgend kommentarlos beifüge. Und nun raten Sie mal, bei welchen Unternehmen ich argwöhne, dass an den Vorwürfen den Shortseller tatsächlich etwas dran sein könnte.

Short-Attacken und ihre Folgen

Vielleicht sollten wir doch nicht so überheblich gegenüber den Shortsellern sein. Wo bliebe denn sonst die Moral?

Mit besten Grüßen

Ihr Torsten Ewert



Die besten Aktien entwickeln sich immer da, wo man gerade nicht hinschaut.

Die Redaktion der „Aktien-Perlen“  scannt mehr als zwei Dutzend tägliche, wöchentliche und monatliche Publikationen, einschlägige Newsletter und Internetseiten und analysiert täglich unzählige Aktien.

Denn: Aktien-Perlen zu finden, ist echte „Dog Work“, wie man im Englischen sagt – Hundearbeit.

Natürlich ist es allein mit Arbeit noch nicht getan. Es ist besonders die unschlagbare Erfahrung des Chefredakteurs Torsten Ewert sowohl an der Börse als auch im technischen Bereich, mit der er die aussichtsreichsten Perlen findet.

Die großen Chancen stecken natürlich in den jungen Firmen. Aber gerade bei den jungen Firmen manifestiert sich das Wachstum nicht sogleich in den üblichen Kennziffern. Darum hat Torsten Ewert ganz spezielle Kriterien entwickelt, nach denen er seine Auswahl trifft.

Welche Kriterien das genau sind, verrät Ihnen Torsten Ewert gerne. Melden Sie sich doch einfach einmal zum kostenlosen Test der Aktien-Perlen an, und lesen Sie die ausführliche Einführungsbroschüre, in der Torsten Ewert seine Strategie umfassend vorstellt.

Zum 30-Tage-Gratis-Test der Aktienperlen mit der ausführlichen Einführungsbroschüre von Torsten Ewert…

Es gab solche Perlen nicht nur in der Vergangenheit, wie Microsoft, Cisco oder Amgen.  Es gibt sie immer wieder diese Perlen, nur schaut eben noch keiner hin.

Damit Sie in Zukunft auch echte Aktien-Perlen in Ihrem Depot haben, sollten Sie diesen Börsenbrief für die unentdeckten Chancen weltweit einfach einmal kostenlos testen.

Wenn Sie sich jetzt gleich zu Ihrem Gratis-Test anmelden, sendet wir Ihnen in wenigen Minuten die Einführungsbroschüre zu, in der Torsten Ewert Ihnen seine Strategie ausführlich darlegt. Außerdem erhalten Sie sofort Zugang zum Archiv der Aktien-Perlen mit allen bisherigen Ausgaben und Sondermeldungen. Ihnen steht der SMS-Service für Eilmeldungen auf´s Handy kostenlos zur Verfügung und natürlich der E-Mailsupport für Ihre Fragen rund um die Aktien-Perlen.

Zum 30-Tage-Gratis-Test der Aktienperlen mit der ausführlichen Einführungsbroschüre von Torsten Ewert…



Target-Trend-Spezial

Ihr Upgrade zum Newsletter
Börse - Intern


Tägliche Chartanalysen nach der einzigartigen Target-Trend-Methode. Jeden Morgen zum Börsenstart.


Mehr Erfolg an der Börse mit dem Target-Trend-Spezial


Mehr Infos und kostenlose Leseproben finden Sie hier...


Kennen Sie schon unsere kostenlosen Börsen-Tools, wie zum Beispiel den Live-Wirtschaftskalender?

Stets informiert und keinen Termin verpassen

Der Live-Wirtschaftskalender listet alle wichtigen Ereignisse und wirtschaftlichen Indikatoren, die den Markt antreiben. Er enthält Beschreibungen der Veranstaltungen und zeigt deren Bedeutung für den Markt.

Jetzt ausprobieren...
 

Anzeige:

Charts: Wenn nicht anders gekennzeichnet
Quelle: tradesignal-online
Tradesignal® ist eine eingetragene Marke der Tradesignal GmbH.
Nicht autorisierte Nutzung oder Missbrauch ist ausdrücklich verboten.
Impressum:  
Herausgeber: Stockstreet GmbH
Geschäftsführer: Jochen Steffens
Handelsregister: HRB 62835
Amtsgericht Köln
Postanschrift: Breite Straße 48 - 50
50667 Köln
Telefon: 0221 / 6602458
Internet: www.stockstreet.de
V.i.s.d.P.: Sven Weisenhaus
E-Mail: info@stockstreet.de

Copyright:

2002-2021 Stockstreet GmbH
 
Haftungsausschluss:

Der Autor übernimmt keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Haftungsansprüche gegen den Autor, welche sich auf Schäden materieller oder ideeller Art beziehen, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der dargebotenen Informationen bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und unvollständiger Informationen verursacht wurden, sind grundsätzlich ausgeschlossen. Alle Angebote sind freibleibend und unverbindlich. Der Nachdruck, die Verwendung der Texte, die Veröffentlichung / Vervielfältigung ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Stockstreet GmbH gestattet. Wenn Sie den Newsletter hin und wieder oder regelmäßig auf Ihrer Internetpräsenz veröffentlichen wollen, schreiben Sie an info@stockstreet.de

Des Weiteren gelten die AGB und die Datenschutzrechtlichen Hinweise auf
unserer Webseite

Newsletterbezug:
Wenn Sie den Börse Intern Newsletter noch nicht regelmäßig beziehen sollten, können Sie sich kostenlos hier anmelden:
Kündigung des Newsletterbezugs:
Um den Bezug des Newsletter zu kündigen, klicken Sie bitte auf folgenden Link:
Anmeldung
Abmeldung