Yacht - Woche - Der Rückblick
YACHT-Woche – Der Rückblick
Liebe Leserinnen und Leser,
seit Donnerstag voriger Woche schwimmt sie wieder, Boris Herrmanns „Malizia – Seaexplorer“. Es hat keine zwei Wochen gedauert, sie einmal komplett auseinanderzunehmen, zu warten und wieder zusammenzusetzen. Als Etappensiegerin im brasilianischen Itajaí angekommen, stand sie als Erste an Land und ging standesgemäß auch als Erste erneut zu Wasser.
Boris Herrmann, ihr Skipper und Mastermind, wollte sie genau so und nicht anders haben: als Southern-Ocean-SUV, prädestiniert fürs Grobe, mit einer Struktur, die alles abkann, und einem Rumpf-Design, das am besten mit den rauen Bedingungen im Südmeer zurechtkam.
Deshalb und weil das Team die Kinderkrankheiten vor allem an den Foils inzwischen ausgestanden hat, war der Erfolg auf Etappe drei erst möglich. Deshalb auch war das Team so fix beim Refit. Deshalb kann Boris seit zwei Wochen den Urlaub mit Frau und Tochter daheim in Hamburg-Ottensen genießen.
Es ist ein Frühjahrsmärchen, das Team Malizia sich und seinen Fans beschert hat. Und das Glück war in Itajaí mit Händen zu greifen. Nicht nur gönnten alle Boris und seiner Crew diesen Sieg – selbst die Wettbewerber, selbst die Veranstalter. Erstmals konnten auch die Techniker und Ingenieure befreit, ja fast entspannt ans Werk gehen.
Als die Rigger vorige Woche in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag die letzten Fallen in den 28 Meter langen Kohlefasermast einzogen, dessen Spalt im Topp inzwischen bis zur Unkenntlichkeit repariert wurde, hämmerten vorm Malizia-Zelt House-Beats aus einer improvisierten Musikanlage.
Der DJ kam von nebenan – er arbeitet für 11th Hour. Aber man hilft sich unter den Imoca-Teams. Die Crew von „Guyot Environnement – Team Europe“ lieh in den vergangenen Tagen mehrmals ihr Schlauchboot aus, damit die anderen ihre Boote verholen konnten. Selbst Werkzeug wird mitunter geteilt. Und noch am Mittwoch halfen zwei Malizia-Bootsbauer bei Laminierarbeiten von „Holcim – PRB“ aus. Ein eindrucksvoller Beweis der Kameraderie unter sonst hart gegeneinander segelnden Teams.
Am Dienstag kamen alle informell auf ein Bier oder drei zusammen. Es gibt auf Initiative von Malizia sogar eine Team-übergreifende WhatsApp-Gruppe für all jene, die abends oder am Wochenende Zerstreuung suchen. Work hard, play hard – kein anderes Team lebte das in den zurückliegenden Tagen an Land so sehr wie Malizia.
Wer sich jetzt sorgt, dass es womöglich zu leger zugehen könnte: keine Bange! Die anderthalb Dutzend System-, Elektronik-, Rigging- und Komposit-Spezialisten von Boris’ Truppe, jeweils in kleine, schlagkräftige Teams unterteilt, arbeiten hochprofessionell.
In einem ausgefeilten Projektmanagement-System sind die mehreren Hundert Einzelposten des Refits von „Malizia – Seaexplorer“ erfasst. Was zu tun ist, bestimmt der normale Wartungsplan, aber auch die Verbesserungswünsche der Segel-Crew und natürlich das, was auf der zurückliegenden Etappe gebrochen, ausgefallen oder verschlissen ist.
Jeder Mitarbeiter erhält für seinen Bereich oder den seines Teams die jeweils spezifischen Prüf- und Reparaturaufträge aufs Smartphone und kann dort auch festhalten, wenn ein Job erledigt ist. Dabei können die Techniker Ausgangs- und Endzustand oder neu gefundene Lösungen mit Fotos oder Videos dokumentieren. Das gesammelte Erfahrungswissen steht also später noch allen zur Verfügung.
Die Teams koordinieren sich überwiegend selbst. Sie werden unterstützt von Marine Villard, die bei allen Besprechungen dabei ist und auf deren Rechner der gesamte Input des Teams zusammenläuft. Sie war es auch, die vorige Woche die Checklisten für die Zurückverwandlung der „Malizia – Seaexplorer“ von einer Baustelle in ein Boot erstellt und im gesamten Team-Chat auf WhatsApp geteilt hat. Allein die Anleitung fürs Einwassern und Maststellen umfasste weit mehr als 50 Zeilen eines Excel-Sheets. Und hinter jeder einzelnen steht, wer wofür zuständig und wer notfalls als Unterstützung eingeteilt ist.
Vor einer Woche ging das Boot zum Testen aller Systeme dann erstmals wieder in See, geskippert von Will Harris und mit dem Neuzugang Christopher Pratt an Bord, da Boris auf der Etappe von Itajaí nach Newport planmäßig aussetzt. Die Crew wird komplettiert um Navigator Nico Lunven und Rosalin Kuiper, deren Platzwunde am Kopf kaum mehr zu sehen und deren Gehirnerschütterung auskuriert ist.
Und nun sind auch wir alle bald wieder gefordert, die Fans, deren Zahl längst in die Hunderttausende geht: Von Sonntag an heißt es Trackerschauen, Daumendrücken, Mitfiebern. Wie wir aus vielen Zuschriften und Gesprächen wissen, ging das bisher schon mit erheblichen Schlafdefiziten einher. In den nächsten beiden Etappen ­– einmal den Atlantik hoch von Süd nach Nord, einmal quer von West nach Ost ins dänische Århus – wird es vermutlich noch schlimmer werden. Denn diese Abschnitte können eine Vorentscheidung bringen.
Irgendwie gut also, dass wir jetzt mal ein paar Wochen Pause hatten. Noch besser, dass es bald wieder losgeht! Und wenn ich an den Fly-by in der Kieler Förde denke, bekomme ich schon jetzt Gänsehaut! Wir sehen uns da, oder?!!!
Jochen Rieker, Herausgeber YACHT
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