Liebe/r Leser/in, „Wir erleben eine Zeitenwende. Und das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor. Im Kern geht es um die Frage, ob Macht das Recht brechen darf, ob wir es Putin gestatten, die Uhren zurückzudrehen in die Zeit der Großmächte des 19. Jahrhunderts, oder ob wir die Kraft aufbringen, Kriegstreibern wie Putin Grenzen zu setzen.“
Diese Sätze jähren sich heute. Am 27. Februar 2022, drei Tage nach Beginn des Überfalls von Russland auf die Ukraine, trat Bundeskanzler Olaf Scholz vor den Bundestag. Die von ihm erklärte „Zeitenwende“ war keine übliche Politikersprechblase, auch wenn sie zwischenzeitlich wie eine „Zeitlupenwende“, so eine Titelzeile im FOCUS vor Wochen, wirkte: Vor der Zeitenwende lieferte Deutschland lediglich ein paar Schutzhelme zur Verteidigung der Ukraine, inzwischen sind es schwere Kampfpanzer. Die Bundeswehr wurde mit 100 Milliarden Euro Sondervermögen zusätzlich ertüchtigt, an den Küste wurden in Rekordzeit LNG-Terminals zur Sicherung des Energiebedarfs errichtet, und unser Land sucht nun permanent neue Verbündete.
Heute Nacht erst ist Olaf Scholz aus Indien zurückgekehrt. Das bald bevölkerungsreichste Land der Welt hat ein Wirtschaftswachstum von sechs Prozent, wichtige Rohstoffe und Bedarf am Absatz seiner Produkte. Es könnte uns aus der riskanten Abhängigkeit von China befreien. Meine Kollegin Franziska Reich hat Scholz auf seinem Kurztrip begleitet, hier lesen Sie ihre Einschätzung.
Während der Bundeskanzler versucht, Deutschland in der Welt neu zu positionieren, wird in Berlin wieder ausgezählt. Heute hat der Landeswahlausschuss das amtliche Endergebnis der Berlin-Wahl festgestellt, am Wochenende sickerten die Zahlen bereits durch: CDU-Kandidat Kai Wegner führt mit einem Vorsprung von fast 10 Prozentpunkten. Auf Platz 2 folgt SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey, die nach der erneuten und nun verbindlichen Auszählung noch ganze 53 Stimmen (!) von ihrer Konkurrentin Bettina Jarasch von den Grünen trennen.
Wahlberechtigt waren 2,5 Millionen Berlinerinnen und Berliner. Ihren Anspruch, Sondierungsgespräche und eventuell wieder eine Koalition mit Linkspartei und Grünen zu führen, stützt Franziska Giffey auf mickrige 53 Stimmen. Das ist eine Farce! Außerhalb dieser wunderbaren Stadt würde man wohl sagen: Das ist Berlin!
Warten wir mal ab, ob die Idee diese Woche übersteht …
Ich wünsche Ihnen einen guten Start! |