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Zünden die Aktien-Splits bei Alphabet, Amazon und Shopify die nächste Rallye?

Lieber Geldanleger,

 

der Sell-off im Technologie-Sektor trifft viele Anleger schmerzhaft. Nachdem zunächst die zuvor besonders gehypten High-Growth-Aktien auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurden mit teilweise Kursverlusten an die 90% gegenüber ihren Allzeithochs aus dem Frühjahr 2021, standen zuletzt auch die bisher schier unerschütterlichen Big-Techs unter deutlichem Abgabedruck.

Enttäuschende Quartalszahlen und/oder verhaltene Prognosen bei Amazon, Alphabet, Apple und vielen anderen, versetzten die Anleger in Panik und die Börsenkurse gaben kräftig nach.

Kommt nochmals ein Absturz an den Aktien-Märkten?

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Auch S&P und Dow Jones litten, denn Apple und Microsoft sind dort Schwergewichte und wenn ihre Kurse unter Druck stehen, ist dies von anderen Werten nur schwer zu kompensieren. Selbst wenn, wie aktuell, Öl- und Energie-Werte ordentlich zulegen, hat ihre Verzwergung im Vergleich zu den Billionen-Unternehmen über die letzten 15 Jahre eben auch Schattenseiten.

Berkshire Hathaway ist die teuerste Aktie der Welt. Auch Warren Buffetts Unternehmen musste zuletzt einen Teil seiner Kursgewinne wieder abgeben und notiert mit 450.000 US-Dollar nun bereits mehr als 15% unter dem Allzeithoch von Ende März bei 540.000 US-Dollar. Dabei läuft es bei den meisten von Berkshires Tochterunternehmen ziemlich gut, bei Banken, Versicherungen, Eisenbahnen, Energie- und Industrie-Unternehmen.

Doch Berkshires größtes Asset ist Apple; Buffett hatte im Ausverkauf im März an 3 Tagen seine Position für 600 Mio. US-Dollar ausgebaut und hielt am Ende des 1. Quartals 2020 damit 890,9 Mio. Anteile im Gesamtwert von 155,6 Mrd. US-Dollar. Der Kurs stand da bei 175 US-Dollar, nun sind es rund 145 – ein Minus von 26,7 Mrd. US-Dollar. Kein Wunder also, dass auch die Berkshire-Aktie deutlich nachgegeben hat.

Alphabet und Amazon können da nicht mithalten, obwohl ihre Aktien mit Kursen um die 2.300 US-Dollar auch zu den teureren Aktien-Werten gehören. Shopify mit knapp 375 US-Dollar liegt hingegen im Mittelfeld.

Buffett hat sich immer gegen einen Aktien-Split gewehrt. Er kam aber dem zunehmend stärker werdenden Wunsch vieler Kleinanleger nach und brachte 1996 B-Aktien auf den Markt. Die A-Aktie stellt einen 1.500-mal so hohen Anteil am Unternehmen wie B-Aktie dar und ihr Stimmrecht wiegt sogar 10.000-mal so viel.

Alphabet, Amazon und Shopify hingegen haben sich für den „klassischen“ Weg und damit für einen Aktien-Split entschieden. Für ihre Aktionäre ändert sich dadurch einiges, aber nicht alles, so dass sich die Frage stellt, ob die Maßnahme nur Augenwischerei ist oder auch Mehrwert für die Aktionäre schaffen kann.

Der Aktien-Split

Die Bezeichnung Aktien-Split suggeriert, dass Aktien aufgeteilt werden. Und er wirkt sich auf die Alt-Aktionäre auch in etwa so aus. Doch die zugrundeliegenden Vorgänge sind schon etwas komplizierter.

Ein Aktien-Split ist eigentlich eine Kapitalerhöhung, nur eben aus Gesellschaftsmitteln und nicht, wie üblich, durch externe Kapitalzufuhr. Hierzu werden Rücklagen in Grundkapital umgewandelt und diese dann in Form von sog. Berichtigungs-Aktien an die bisherigen Aktionäre ausgegeben und zwar im Verhältnis ihres bestehenden Anteils am Grundkapital. Bei diesem Vorgang ändern sich also weder das Vermögen noch die Kapitalausstattung der Gesellschaft. Bilanzrechtlich handelt es sich um einen Passivtausch innerhalb des Eigenkapitals.

Für den Aktionär ändert sich an seiner Vermögens-Position nichts: Wem vor dem Aktien-Split 1% an der Firma gehörte, dem gehört auch nach dem Aktien-Split 1% an der Firma.

Bei einem Aktien-Split im Verhältnis 1:10 hätte man also statt 100 Aktien zuvor nach dem Aktien-Split 1.000 Aktien im Depot. Da sich der Wert der Firma durch den Split nicht geändert hat, verteilt sich der Firmenwert damit auf die zehnfache Zahl an Aktien – und der Aktienkurs fällt dem entsprechend.

Unter diesem Gesichtspunkt ist das ganze also ein Nullsummenspiel.

Aktien-Splits sind vor allem in Hausse-Phasen beliebt bei den Unternehmen. Nach einem jahrelangen Bullen-Markt ist der Aktienkurs optisch (zu) teuer geworden. Wer hat schon die Möglichkeit, sich eine einzige Aktie für 450.000 US-Dollar zu kaufen? Daher werden die Aktien gesplittet und ihr Kurs auf diese Weise verringert. Es können sich dann wieder viel mehr Anleger, vor allem Kleinanleger, den Kauf der Aktien leisten. Das erweitert den Interessentenkreis und sorgt für etwas mehr Nachfrage nach den Aktien.

Allerdings wurde dieses früher so gewichtige Argument in den letzten Jahren kräftig entwertet. Denn immer mehr Broker bieten Sparpläne an, mit denen man Bruchstücke von Aktien kaufen kann. Naja, nicht direkt Aktienteile, sondern eher Berechtigungsscheine auf einen Anteil an einer Aktie. Aber beim Erwerb eines ADR (American Depository Receipt) kauft man ja auch nur einen Hinterlegungsschein und keine originäre Aktie, so dass sich beim Erwerb von „Aktienbruchstücken“ letztlich auch kein wesentlich größeres Risiko ergibt.

Ein niedriger Aktienkurs sorgt für höhere Börsen-Umsätze. So können sich mehr Kleinanleger die Aktie leisten und auch die Hemmungen beim Handeln sind geringer. Denn ein 1%-iger Spread sieht bei einer 100 US-Dollar-Aktie mit 99,50 zu 100,50 US-Dollar nicht so abstoßend aus wie bei einer 1.000-Aktie mit Kursstellung 995 zu 1.005 US-Dollar. Rechnerisch und finanziell macht es keinen Unterschied, aber es schreckt halt psychologisch stärker ab.

Doch auch dieses Argument alleine kann nicht (mehr) überzeugen. In den letzten Jahren haben (passive) Index-Fonds enorme an Beliebtheit zugenommen und es gibt inzwischen mehr Aktien-Fonds und ETFs als Aktien. Je mehr Geld in ETFs fließen und nicht mehr direkt in Aktien-Werte, desto unerheblicher ist der Spread bei einzelnen Aktien (der Spread zwischen An- und Verkaufskurs beim ETF allerdings nicht).

In den USA kommt jedoch noch ein weiteres gewichtiges Argument hinzu, das für Aktien-Splits sprechen kann, jedenfalls bei den größten Unternehmen: der Dow Jones-Index. Dieser ist ein Anachronismus, was seine Berechnung angeht, denn er ist ein kursgewichteter Index. Während z.B. beim DAX die Unternehmen nach ihrer Marktkapitalisierung in den Index einfließen, zählt diese bei Dow Jones-Index nichts. Hier geht es alleine um den Preis einer einzelnen Aktie, die das Gewicht im Index bestimmt.

Stellen wir uns mal vor, die A-Aktie notiert bei 50 US-Dollar und die B-Aktie bei 100 US-Dollar. Das A-Unternehmen ist 1 Billion US-Dollar schwer, das B-Unternehmen 100 Milliarden.

Bei „normalen“ Indizes würde die A-Aktie damit im Index eine doppelt so hohe Gewichtung aufweisen (wegen des Börsen-Werts) und damit die Entwicklung des Börsen-Index doppelt so stark beeinflussen wie die B-Aktie.

Sonderling Dow Jones-Index

Beim Dow Jones-Index hingegen kommt es auf den Aktienkurs der einzelnen Aktie an. Die B-Aktie ist mit 100 US-Dollar doppelt so teuer wie die A-Aktie und daher würde sie im Dow Jones-Index auch doppelt so viel Gewicht haben. Obwohl das A-Unternehmen 10-mal so wertvoll ist wie das B-Unternehmen (1 Billion gegen 100 Milliarden).

Das führt zu dem unschönen Effekt, dass nicht jede Aktie für den Dow Jones-Index geeignet ist. Erinnern wir uns einfach mal an Berkshire Hathaway. Mit 450.000 US-Dollar die teuerste Aktie der Welt und auch nach der Börsenkapitalisierung eines der 10 wertvollsten US-Unternehmen. Das schreit geradezu danach, in den Dow Jones-Index aufgenommen zu werden. Doch das geht nicht. Denn Apple und Microsoft zusammen sind mit einer Börsenkapitalisierung von 4,25 Billionen US-Dollar etwa 6,5-mal so viel wert wie Berkshire Hathaway mit 665 Milliarden US-Dollar.

Doch würde die Berkshire-A-Aktie in den Dow Jones-Index aufgenommen, würden alle anderen 29 Aktien zusammen überhaupt keine Rolle mehr spielen. Das Gewicht von Berkshire würde nahezu 100% des Dow Jones-Index ausmachen, die anderen Aktien fänden nur im Nachkommastellenbereich Berücksichtigung.

Nun kann man Berkshire Hathaway natürlich als Extrembeispiel abtun, aber das ändert nichts am Prinzip bzw. am Grundproblem. Charles Dow, der Erfinder des Dow Jones-Index, hat ihn nun einmal als Kurs-Index konzipiert und daran wurde seitdem nicht gerüttelt.

Schauen wir uns also mal Amazon an, die es auf eine Börsenkapitalisierung von 1,2 Billionen US-Dollar bringen bei einem Aktienkurs von 2.300 US-Dollar und stellen dies Apple gegenüber mit einem Börsen-Wert von 2,3 Billionen US-Dollar bei einem Aktienkurs von 140 US-Dollar. Normalerweise müsste Apple also ein ungefähr doppelt so hohes Gewicht im Index bekommen, aber aufgrund der Kursgewichtung des Dow Jones würde Amazon mit dem 16,5-fachen Gewicht in den Index einfließen. Eine völlig irrsinnige Konstellation und deshalb hat Amazon keine Chance auf eine Dow-Jones-Aufnahme.

Oder eher gesagt hatte...

Amazon hat es getan, Alphabet und Shopify auch...

Denn am Freitag, den 3. Juni 2022 nach Börsenschluss hat Amazon einen Aktien-Split durchgeführt und seine Aktionäre haben nun 20 Amazon-Aktien im Depot anstelle von zuvor einer. Der Aktienkurs notiert daher seit Montagmorgen entsprechend niedriger und rangiert so um die 115 US-Dollar. Und mit 115 US-Dollar spielt Amazon nun in einer Kursliga mit Apple (115 US-Dollar) oder Microsoft (260 US-Dollar), so dass die Aktie mit Sicherheit in den Dow Jones einzigen würde, sofern das Unternehmen einen entsprechenden Antrag auf Index-Aufnahme stellt. Was wohl passieren dürfte.

Während Amazon seinen Aktien-Split bereits vollzogen hat, steht dieser bei Alphabet noch aus. Die Aktionäre haben am 1. Juni einem Split von 1:20 zugestimmt, der am 15. Juli umgesetzt werden soll. Die Aktie wird dann in etwa auf dem Niveau von Amazon notieren.

Und auch bei Shopify gaben die Aktionäre grünes Licht für einen 1:10-Aktien-Split. Am 22. Juni erhalten die Aktionäre demnach 9 zusätzliche Aktien in ihre Depots eingebucht. Doch während bei Alphabet und Amazon die Aktien-Splits nachvollziehbar sind, ist die Maßnahme bei Shopify weniger verständlich.

Der Aktienkurs hatte sich in den letzten Jahren zwar vervielfacht und auch viel stärker als die der anderen Aktien, aber nach dem Allzeithoch bei knapp 1.700 US-Dollar Mitte November ist der Kurs massiv eingebrochen auf aktuell rund 375 US-Dollar und hat damit knapp 80% eingebüßt. Ohne Aktien-Split. Nach dem Split läge der Kurs also unter 40 US-Dollar, aber auch 375 US-Dollar erscheinen nicht unattraktiv hoch. Und da Shopify nur noch eine Marktkapitalisierung von knapp 47 Mrd. US-Dollar auf die Waagschale bringt, wäre eine Dow Jones-Aufnahme auch kaum zwingend.

Der nach Marktkapitalisierung schwächste Dow-Wert ist Walgreens Boots Alliance mit 37,0 Mrd. US-Dollar Marktkapitalisierung, auf Platz 29 rangiert Travellers mit 42,5 Mrd. US-Dollar und auf Platz 28 Dow mit 49,3 Mrd. US-Dollar. Über die wahre Motivation von Shopify-Gründer und Großaktionär Tobi Lütke für den Aktien-Split darf also weiter gerätselt werden.

Ob die Aktien jetzt kaufenswert sind, entscheidet ohnehin nicht die Durchführung eines Aktien-Splits. Hier sollte die fundamentale Entwicklung ausschlaggebend sein und darum unterziehen wir die drei Unternehmen noch einem Quickcheck.


 Alphabet 

Bei Alphabet dreht sich (fast) alles um das Suchmaschinengeschäft und um Werbung. Google ist die mit über 90% Weltmarktanteil dominierende Internet-Suchmaschine und hat es sogar in den alltäglichen Sprachgebrauch geschafft: "to google". Größter Herausforderer ist Microsoft mit seiner Suchmaschine Bing, die es auf 2,3% bringen. Dahinter folgt Yahoo! mit etwas mehr als 1,5%, doch das frühere Internet- und Suchmaschinen-Schwergewicht greift schon seit Jahren im Hintergrund auf Googles Suchalgorithmen zurück. Womit dessen Weltmarktanteil de facto bei über 94% liegt. Die perfekte Definition eines funktionierenden Monopols.

Bei mobilen Endgeräten gibt es einen größeren Wettbewerb, vor allem durch Facebook. Und natürlich greift Amazon einen immer größeren Anteil am Werbemarkt ab, weil immer mehr Menschen ihren Einkauf auf Amazons Website oder in seiner App starten und dort auf die Suche gehen.

Neben einer ganzen Reihe von weiteren „Other Bets“, zu denen vor allem Waymo oder das Betriebssystem Android gehören, wird vor allem YouTube für Alphabet immer wichtiger. Doch genau in diesem Segment schwächelte man zuletzt, wie die Zahlen zum 1. Quartal zeigten.

Obwohl der Umsatz von Alphabet im 1. Quartal mit 68,01 Mrd. US-Dollar die Prognosen der Analysten von 68,11 Mrd. US-Dollar verfehlte, wuchs er dennoch um 23% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Werbeeinnahmen des Unternehmens stiegen im Vorjahresvergleich um 18% auf 54,66 Mrd. US-Dollar.

Der Umsatz des Google-Cloud-Segments legte um 44% auf 5,82 Mrd. US-Dollar zu und lag damit über der Erwartung von 5,76 Mrd. US-Dollar. Doch anders als die großen Marktführer Amazon (AWS) und Microsoft (Azure) verdient die Google Cloud bisher kein Geld, sondern erkauft sich ihre Umsatzsteigerungen mit hohen Verlusten. Und dafür ist das Wachstum auch nicht viel besser als bei den hochprofitablen Platzhirschen.

Für große Ernüchterung sorgte der Einbruch bei den YouTube-Werbeerlösen, dem eigentlichen neuen großen Hoffnungsträger. Mit Abflauen der Corona-Pandemie werden Outdoor-Aktivitäten wieder attraktiver als reines Stubenhocken und weil so viele Unternehmen aufgrund fehlender Materialien ihre Produktion reduzieren oder gar stoppen müssen, fahren sie auch ihren Werbeaufwand runter. Das trifft in der Online-Werbung vor allem Google und YouTube.

Der Ausblick ist dem entsprechend verhalten, denn an der grundsätzlichen Problematik gestörter Lieferketten und schlechter Verfügbarkeit von Materialien und Rohstoffen hat sich nichts geändert. Werbung aus dem Tech-Sektor bleibt auch aus, zumal dort gerade viel Personal entlassen wird. Im Gegenzug steigt die Hoffnung auf den Gastronomie- und Hotel-Sektor, der nach 2 harten Jahren in diesem Sommer endlich wieder Morgenluft schnuppern will.

Googles Marktstellung ist schier unangreifbar, auch wenn die zahlreichen Kartellverfahren genau das erreichen wollen. Eine mögliche (zwangsweise) Konzern-Aufspaltung ist nicht ganz unwahrscheinlich, weiter hohe Kartellstrafen ebenso. Doch die verfahren dürften noch viele Jahre andauern und somit in absehbarer Zeit wenig Relevanz für die Unternehmens-Entwicklung haben.

Die Aktie ist vergleichsweise moderat bepreist und die potenzielle Dow Jones-Aufnahme nach dem erfolgten Aktien-Split könnte sich als zusätzliche Triebfeder erweisen.

Alphabet Inc. (ISIN: US02079K3059)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 21/22e/23e
Kurs
A14Y6F / GOOGL
1,5 Bio. USD
26/21/17
2.219,56 USD


 Amazon 

Der ehemalige Online-Buchversender ist längst ein Online-Powerhouse und krempelt eine Branche nach den anderen um. Dabei erschließt Amazon sich inzwischen auch zunehmend klassische Branchen und wächst in den "Offline-Bereich" hinein. Die Übernahme von Whole Foods war hierzu nur der Auftakt.

Beim E-Commerce ist Amazon hinter Alibaba die globale Nr. 2 und inzwischen ist man einer der führenden Anbieter beim Video-Streaming („Prime“). In den USA sind bereits zwei Drittel der Haushalte Amazon Prime-Abonnenten und mehr als die Hälfte aller Online-Produktsuchen beginnen inzwischen auf Amazon. Was für eine Marktmacht!

AWS, der weltweite Marktführer bei Cloud-Diensten ist ein Wachstumsmotor und dazu noch höchst profitabel. Sein enormer Cashflow hat in den letzten Jahren Amazon in die Lage versetzt, in allen anderen Bereichen massiv zu investieren und neu Geschäftsfelder zu erschließen.

Innerhalb von wenigen Jahren ist Amazon zu einem der weltweit führenden Logistik-Anbieter geworden und betreibt inzwischen die weltweit zweitgrößte Flotte an Frachtflugzeugen – samt eigenem Flughafen als Logistikdrehkreuz. Bei den Auslieferungen von Bestellungen, die über die Amazon-Plattform generiert wurden, liegt Amazons Anteil inzwischen bei annähernd drei Viertel und auch in absoluten Zahlen nimmt man in Deutschland bereits Marktführer DHL ins Visier. Zudem bietet Amazon seine Logistikdienste längst auch externen Kunden an und lastet so seine Kapazitäten schnell weiter aus.

Nach dem gleichen Muster entstand auch AWS. Zunächst war es der interne Cloud-Dienst für Amazons Website und Plattform. Doch dann baute man die Kapazitäten massiv aus und bot die Dienste externen Kunden an. Die Geburt einer Erfolgsgeschichte, die ohne Amazon selbst nicht denkbar gewesen wäre.

Die Cloud-Sparte ist auch nicht das Problem, sondern der Online-Handel. Amazon verdient hier wieder kein Geld mehr, weil man weiterhin massiv investiert in Logistik und Personal. Die hohe Inflation und der leergefegte Arbeitsmarkt führen vor allem in den USA zu deutlichen Lohnsteigerungen und das belastet die Margen. Gleichzeitig fällt die Verbraucherstimmung, was zu geringeren Konsumentenausgaben führen dürfte.

Doch auch strategisch wird es für Amazon und anderen Onlineplattformen enger. Immer mehr Unternehmen mit starken Marken ziehen sich von Plattformen zurück und unterbinden auch, dass Händler ihre Produkte über Plattformen anbieten. Sie setzen stattdessen auf den eigenen Online-Shop, den Direktverkauf an die Kunden (D2C – Direct-to-Consumer).

Wer Nike- oder Adidas-Turnschuhe kaufen möchte, muss dies online über deren eigenen Shop tun. Bei Zalando, Amazon und anderen ist da nichts mehr zu finden. So sparen sich die Marken-Unternehmen die Marge, die ansonsten die Plattformen abgreifen würden.

Für die Plattformen ist das durchaus ein Problem, denn ihre Attraktivität resultiert auch daraus, dass Konsumenten bei ihnen alle Wünsche erfüllt bekommen. Wenn sich nun immer mehr Anbieter, und vor allem die besonders beliebten, von der Plattform zurückziehen, verliert die Plattform an Attraktivität. Auch für andere Anbieter, die von den „Mitnahme-Effekten“ profitiert haben, wenn Käufer der Top-Marken bisher im Vorbeigehen noch einige andere Sachen in ihren Online-Warenkorb gelegt haben.

Und auch bei der neuen Cashcow, den Werbe-Einnahmen, bekommt Amazon Probleme. Einerseits laufen Kartell-Verfahren, weil Amazon eigene Produkte bzw. die von zahlungswilligen Händlern bevorzugt platziert haben soll. Und auf der anderen Seite stößt Amazon an die Grenzen des Präsentierbaren: es gibt einfach nicht genügend Platz für noch mehr Werbung und gesteuerte Produkteinblendungen, ohne dass die Nutzererfahrung noch schlechter wird. Und die hat in den letzten Monaten durchaus gelitten.

Wer ein bestimmtes Produkt sucht, insbesondere von einer bestimmten Marke, und ständig andere Produkte oder solche von anderen Herstellern angezeigt bekommt, wird zunehmend genervt und der Einkaufsspaß fährt gegen die Wand. Amazon scheint hier den Bogen bereits überspannt zu haben, wie die zunehmenden Nutzerbeschwerden zeigen. Relevanz aus Sicht des Kunden muss bei den Suchergebnissen wieder einen gewichtigeren Stellenwert bekommen als das Erzielen noch höherer Werbe-Einnahmen. Denn wenn die Kunden sich von Amazon abwenden, bekommt Amazon ein echtes Problem.

Der Aktienkurs hat nach den sehr ernüchternden Zahlen und dem noch viel enttäuschenderen Ausblick auf den Rest des Jahres kräftig den Rückwärtsgang eingelegt. Der Online-Handel insgesamt verbucht in diesem Jahr Rückgänge, das ist man schon lange nicht mehr gewohnt. Sofern Amazon seine Kostensituation wieder in den Griff bekommt und in der für alle Online-Händler herausfordernden Situation weiter Marktanteile gewinnen kann, vor allem durch sein Prime-Programm, könnte die Aktie durchaus eine interessante Wette auf eine starke Erholungsrallye darstellen. Die mögliche Dow-Aufnahme sollte allerdings kein alleiniger Kaufgrund sein.

Amazon.com Inc. (ISIN: US0231351067)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 21/22e/23e
Kurs
906866 / AMZN
1,18 Bio. USD
51 / 138 / 43
110,30 USD


 Shopify 

Shopify ist ein führender Infrastruktur-Anbieter für den Online-Handel und bietet bewährte Tools für die Gründung, das Wachstum sowie für die Vermarktung und Verwaltung von Einzelhandels-Unternehmen jeder Größe an. Die Kunden können sich schnell, einfach und ohne Programmier-Kenntnisse einen professionellen Online-Shop erstellen und ihre Produkte über mehrere Verkaufskanäle hinweg bewerben, verkaufen und verwalten. Die Bestellungen und Bestände werden zentral an einem Ort verwaltet.

Shopify hat darüber hinaus ein Ökosystem rund um seinen Online-Shop-Baukasten geschaffen und bietet zahlreiche Services wie Marketing, Bezahlabwicklung, Fulfillment-Dienste oder Kredite für junge Unternehmen an. Das Shopify-Dashboard ist mittlerweile in 21 Sprachen verfügbar.

Shopify bietet unterschiedliche Abonnements an, so dass der Kunde das Shopify-Ökosystem nie verlassen muss. Die Lite Version ist in den USA bereits ab 9 US-Dollar pro Monat verfügbar. Die Shop-Betreiber gewöhnen sich an die Plattform und können mithilfe von Shopify ihre Geschäfte schnell und einfach skalieren. Umso mehr Geld die Händler verdienen, desto mehr Transaktionsgebühren erwirtschaftet Shopify.

Und hierin liegt in gewisser Weise auch das Problem. Im Zuge der Corona-Lockdowns erfuhr auch Shopify eine Sonder-Konjunktur und durch strategische Partnerschaften, wie mit Facebook und Instagram setzte man weitere positive Impulse.

Doch nachdem sich die Online-Umsätze seit Anfang 2021 merklich abgekühlt haben, sind sie in 2022 sogar rückläufig. Das wirkt sich entsprechend negativ auf die Online-Händler und auch auf Shopify aus, die an deren Umsätzen Provisions-Anteile erhalten; Shopify erzielt 71% seiner Erlöse im Segment „Merchant Solutions“. Die anderen 29% stammen aus den relativ stetigen "Subscription Solutions", wozu vor allem die monatlichen Abonnement-Gebühren und Einnahmen aus dem Verkauf von Designs, Apps und der Registrierung von Domain-Namen stammen.

Im 1. Quartal wuchs der Umsatz auf Jahressicht um 21%. Im gleichen Vorjahresquartal waren es noch 110%. Gewinne erzielt Shopify nicht und will auch künftig jeden verdienten Cent in weiteres Wachstum stecken, um sein Ökosystem weiter auszubauen und neue Kunden zu gewinnen. Die Eigenkapitalquote liegt bei 83% und das Unternehmen hat keine Nettofinanz-Verbindlichkeiten. Die Bruttomarge lag 2021 bei 54% und zeigt, wie profitabel das Geschäftsmodell sein könnte, würde nicht so aggressiv in Marketing und in den Ausbau des Ökosystems investiert.

„Ein zu hoher Kaufpreis für die Aktie eines exzellenten Unternehmens kann dem Investor die Auswirkungen eines Jahrzehnts positiver Geschäftsentwicklung zunichtemachen.“
– Warren Buffett –

Das KUV liegt bei 8,8 – das ist historisch gesehen Tiefststand, doch das Wachstum hat sich ebenfalls rekordverdächtig abgeflacht. Die Aktie ist trotz des starken Kursrückgangs noch immer sehr hoch bewertet und preist jahrelanges profitables und hohes Wachstum ein. Was Shopify momentan so nicht liefert.

Shopify (ISIN: CA82509L1076)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 21/22e/23e
Kurs
A14TJP / SHOP
40 Mrd. USD
60 / neg. / neg.
345,56 USD


Mein Fazit

Der Wert von Aktien-Splits wird oft angezweifelt und ein messbarer Mehrwert ist kaum nachzuweisen. Aber er schadet auch nicht. Wenn zudem die Aufnahme in einem der weltweit führenden Börsen-Indizes winkt, wie bei Amazon und Alphabet, dann kann ein Aktien-Split durchaus positiv auf den Kurs wirken. Apples (vorletzter) Aktien-Split im Jahr 2014 führte zur Aufnahme in den Dow Jones-Index und der Aktienkurs zog anschließend kräftig an. Wegen der starken operativen Entwicklung, aber auch, weil viele Index-Fonds nun Apple-Aktien kaufen mussten.

Einen ganz so starken positiven Impuls sollte man bei Amazon und Alphabet nicht erwarten. Aber durchaus positive Effekte. Ist man von dem Unternehmen überzeugt, stellt die Dow Jones-Aufnahme ein zusätzliches Kaufargument dar. Alleine für sich ist sie kein Kaufgrund.

Ein Aktien-Split hat keinen Einfluss auf den Unternehmens-Wert, aber durchaus auf die Bewertung, die die Börse dem Unternehmen zugesteht...


Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig,
Value Investor und Betreiber des Blogs
„iNTELLiGENT iNVESTiEREN“.

Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte:
Die Redakteure/Autoren sind in den folgenden besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Kommentars investiert: Alphabet, Amazon, Apple & Berkshire Hathaway

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ein schönes Wochenende wünscht Dir

Dein
Armin Brack
Chefredakteur Geldanlage-Report

>> Die nächste Ausgabe erscheint am 18. Juni

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