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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 12.10.2021 | Wolkig bei max. 12°C. | ||
+ „Kein anderer Flughafen kann das“: Krisenmanagement am BER + Leben im Film: Wie Mieter zur Kulisse werden + „Wie bei den Bundesjugendspielen“: Die Partei sammelt für Wahlwiederholung + |
von Anke Myrrhe |
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Guten Morgen, was kommt bei Ihnen heute Morgen auf den Tisch? Brutale Offenheit? Alle Defizite? Ehrliches Toastbrot? Oder wollen Sie dazu zum jetzigen Zeitpunkt lieber gar nichts sagen? Abwarten, wie die Verhandlungen laufen, und am Ende zu wenig Salz im Rührei beklagen? Hauptsache, die Tischmanieren stimmen. Bei der CDU soll jetzt jedenfalls alles auf den Tisch, „man kann nach so einem Ergebnis nicht zur Tagesordnung übergehen“, sagte Generalsekretär Paul Ziemiak (nicht Armin Laschet) gestern und kündigte die Neuwahl des gesamten Vorstands an (nicht Armin Laschet). An der Front des Konrad-Adenauer-Hauses hängt ein Riesenposter: „Jetzt Mitglied werden.“ Die werden entscheidend gebraucht. | |||||
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Schonungslose Analyse kündigte auch Flughafensprecher Hannes Hönemann gestern Abend an, nachdem der BER mal wieder international in die Schlagzeilen geraten war (und das ist meist kein gutes Zeichen). „Wir gehen davon aus, dass alle die Zeichen der Zeit erkannt haben“, sagte Hönemann dem Checkpoint. „Das wird so nicht mehr vorkommen.“ Was vorgekommen ist: Stundenlanges Warten, volle Abflughalle mit Superspreading-Ambiente, Chaos an Check-In und Sicherheitskontrollen, verpasste Flüge, schlechte Laune. Und am Abend noch mal das Gleiche für Ankömmlinge: „Am Samstagabend, 23.10 Uhr, kamen wir mit einer EasyJet-Maschine aus Korfu an“, schreibt uns eine Leserin. Freundliche Ansage des Flugkapitäns, verzweifelte Suche nach Team, Teppen & Bussen, die das Aussteigen ermöglichen sollten. Ausstieg 35 Minuten nach Ankunft, doch der Zeitdruck war übereilt: „Die Halle, in die wir kamen, hatte etwas die Atmosphäre eines Wartesaals, Menschen, die sich in Schlafposition auf dem Fußboden ausgestreckt hatten, Familien mit Kindern, Kleingepäck um sich herum und so weiter ...“ Es ging das Gerücht um, dass einige Passagiere schon zwei Stunden auf ihr Gepäck warteten. „Eine einzige Ansage: Die Gepäckausgabe verzögere sich.“ Noch ein Gerücht: Es gebe lediglich zwei Menschen, die etwa fünf Großflugzeuge auszuladen hätten. „Um 1.56 Uhr große Überraschung: Das Korfu-Gepäckband rollte an.“ Ruckelnd, wie ein BER-Start in die Herbstferien. Flughafen-Sprecher Hannes Hönemann bestätigt diese Schilderung im Wesentlichen und spricht von „extremen Schwierigkeiten“. Also: Was ist passiert? Eine Mischung, sagt Hönemann, aus Personalmangel, Kurzarbeit, Mehraufwand durch Corona-Regeln. „Die Prozesse dauern deutlich länger.“ Laut Verdi haben zudem vier von zehn Beschäftigten in der Pandemie die Branche gewechselt. Als Reaktion würden nun nicht nur Bodendienstleister und Airlines noch mal nachsteuern, sondern auch der Flughafen selbst, sagt Hönemann: „So wie wir es 2019 in Tegel gemacht haben.“ Prozesse unterstützen, eigene Leute einsetzen, Mitarbeiter aus der Kurzarbeit holen, mehr Puffer einplanen. „Wir haben alle gemeinsam ein Interesse daran, dass das nicht noch einmal passiert.“ Doch über all dem steht die Frage: Kommen jetzt, bei der ersten Belastungsprobe seit der Eröffnung (67.000 Passagiere am Samstag), nicht die ohnehin bekannten Probleme zutage? Ist dieser Flughafen zu klein für diese Stadt? „Nein“, sagt Hönemann und hat noch eine überraschende Erkenntnis dabei: Eigentlich sei das, was man immer kritisiert habe – zu viele Schalter, zu wenige Self-Check-In-Bereiche – in der Pandemie ein Glücksfall. „Man könnte sogar sagen: Dieser Flughafen ist auf eine solche Situation vorbereitet wie kein anderer“, sagt Hönemann. Nun gut: Warten wir auf die nächste Ankunft. Denn die, die weggekommen sind, kommen ganz bestimmt wieder (es sei denn, sie suchen sich eine Stadt mit einem funktionierenden Flughafen). Apropos andere Stadt: Laut Morgenpost sollen Passagiere nun 240 Minuten vor Abflug zum Flughafen kommen. Zitiert wird eine Mail der Lufthansa an die Passagiere der Verbindung Berlin–Frankfurt/Main. Moment mal: 240 Minuten? Das sind, ohne Anreise und Flugzeit, vier Stunden glatt. Mit dem Zug (Sprinter) ist man in 3:52 Stunden vom Hauptbahnhof in Frankfurt. Vielleicht steckt hinter all dem auch ein großer, genialer Plan. (Weitere geniale Lösungsansätze hat Naomi Fearn im Comic, für Abonnenten.) | |||||
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Weniger genial ist die Tatsache, dass diese Stadt langsam zur Filmkulisse verkommt: Wenn Chia-Chi-Chi den Charme ersetzt und Klingelschilder reihenweise nur noch aus Nummern bestehen – Parlez-vous Berlinois? Moi non plus! In einer echten Filmkulisse wohnen Mieterinnen und Mieter in der Schwedter Straße Ecke Kastanienallee (nicht ohne Grund auch Castingallee genannt) seit Jahren. Von „inszeniertem Horror“ berichtet uns ein Anwohner, er müsse die Rollläden herunterlassen, um sich zu schützen vor dem, was „seit Wochen akustisch und optisch auf mich eindringt“. Auf einem Aushang ärgerten sich die Betroffenen kürzlich halböffentlich, Auszüge: „Leider haben wir als Mieter:innen keine Handhabe gegen eine Hausverwaltung, die unseren Wohnbereich aus Profitgründen an Filmproduktionsfirmen vermietet“, hieß es da. „Unser Eingangsbereich sieht unmöglich aus. Unsere Mülleimer stehen seit Wochen auf offener Straße. Unser Hauseingang ist euer Raucherbereich, das Trottoir sieht aus wie eine Müllhalde, unsere Hausnummer wird tagelang überklebt (Paketservice kann nicht zustellen), uns wird oft der Zugang zu Haus wegen aktuellen Dreharbeiten nicht gewehrt, der Strom wird ohne Ankündigung abgestellt. ... Zahlreiche Menschen rennen laut im Haus herum, Fenster sind stetig offen und Kabel/Stromkästen liegen überall herum und sind massive Stolperfallen. Das ... Ironische an diesem gesamten Unterfangen ist, dass euer Film genau den Umstand kritisch beleuchten soll, dem ihr uns in eurer Rücksichtslosigkeit aussetzt. Nämlich die vorbehaltlose Kapitalisierung von Wohneigentum zu Renditezwecken. ... Schaut euch mal um: von den 26 Wohneinheiten eurer Kulisse sind nur noch 11 bewohnt. Der Rest steht dauerhaft leer – bereit für euch. Nicht für Menschen, die hier leben wollen und sich aktiv für den Erhalt dieses Ortes einsetzen.“ Der Aushang wurde inzwischen entfernt, der Ärger der Mieter aber bleibt. Etwa fünf bis sechs Drehs pro Jahr mit wechselnden Produktionsfirmen seien das, erzählen zwei von ihnen vor Ort, die aus Angst vor der Hausverwaltung lieber anonym bleiben möchten. Die war gestern ebenso wenig erreichbar wie die Produktionsfirma. Die aktuellen Dreharbeiten dauerten bereits drei Wochen, sagen die Mieter, fünf weitere sollen folgen. Zwar würden die Arbeiten von der Hausverwaltung per Mail angekündigt und nach Beschwerden auch eine kleine Entschädigung gezahlt. Doch das reicht nicht, sagen die Mieter. Die Hausverwaltung unterlasse zudem notwendige Reparaturen – vermutlich für die Authentizität der Kulisse. „Eine systematische Zermürbung der Bewohner.“ Und worum geht es im Film? „Aufgrund eines nicht erklärten Vorfalls außerhalb eines Berliner Hofes sperrt die Polizei die Hofzugänge, es kommt zum Ausnahmezustand. Die Verunsicherung unter den Bewohnern befeuert allmählich Ängste. Argwohn und Panik greifen um sich, Vorurteile spalten die Gemüter...“ Wer will da noch zwischen Wirklichkeit und Realität unterscheiden? | |||||
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Dabei ist die ganz reale Realität doch manchmal unglaublicher als jede Fiktion, wie uns der Wahltag vorgeführt hat. Besonders viele Pannen gab es in Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg und in Pankow. Doch auch dort sind sich alle Beteiligten einig: Eine Wiederholung der Wahl ist nicht nötig. Zu diesem Ergebnis kamen die Bezirkswahlausschüsse gestern. In Pankow sagte Bezirkswahlleiterin Christine Ruflett, sie habe keinen Hinweis gefunden, „dass ein Wahlvorstand gesagt hätte: „Stimmzettel aus. Gehen sie nach Haus.“ Allerdings geht aus einer Liste für die Mitglieder des Kreiswahlausschusses, die dem Checkpoint vorliegt, hervor, dass dies sehr wohl der Fall war, und zwar nicht zu knapp (wie die Wahlzettel): ++ In Wahllokal 112 konnten 37 Personen aufgrund fehlender Stimmzettel keine BVV wählen. ++ In Wahllokal 123 konnten 30 Wählende den Volksentscheid nicht abstimmen. ++ In Wahllokal 200 konnten 68 Personen die AGH-Erst- und Zweistimme nicht abstimmen. ++ In Wahllokal 207 konnten 70 Personen nicht wählen, „Wahlart unbekannt“. ++ In Wahllokal 211 fehlten ab 17 Uhr AGH-Stimmzettel, Erst- und Zweitstimme. „Bis Ende der Wahl konnten keine AGH Erst- und Zweitstimmen abgegeben werden. Wählende mussten nach Hause geschickt werden.“ ++ In Wahllokal 413 fehlten die AGH-Erststimmen ab 17.45 Uhr, „15 Wählende haben AGH Erst nicht wählen können“. ++ In Wahllokal 619 fehlten ab 16.15 Uhr die Stimmzettel zur Bundestagswahl, „Wähler wurden gebeten bei Wahlwiederaufnahme wiederzukommen“. Ob sie das getan haben, ist nicht bekannt. Und das sind nur die Wahllokale, in denen die Missstände ordentlich dokumentiert wurden, in vielen weiteren der 916 Wahllokale in Pankow sind zwar fehlende Stimmzettel notiert, aber nicht die Zahl der Betroffenen. Wie sagt man so schön: Jede Stimme zählt. Übrigens hatten allein in Pankow 60 Wahllokale noch bis 19 Uhr geöffnet, 36 bis 19.30, 15 noch bis 20 Uhr. Und mit Abstand gewonnen hat Wahllokal 815, in dem bis 20.56 noch gewählt wurde. Da war fast die Elefantenrunde schon durch. Kein Wunder, dass da so mancher keine Lust mehr hatte: Wahllokal 817, 19:12 Uhr: „Wahlvorsteher verlässt wortlos das Wahllokal.“ | |||||
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Lust auf Beschwerde hat derweil „Die Partei“ – und hat deshalb eine Unterschriftenaktion zur Wahlwiederholung gestartet. Auf der Website chaoswahl.berlin sammeln Martin Sonneborn & Co. nun Erfahrungsberichte: „Da keine der Berliner Parteien bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, tun wir das. Wir haben einen Anwalt beauftragt, Wahlprüfungsbeschwerde einzulegen und die Wahl wiederholen zu lassen.“ Eine Beschwerde müsse Substanz haben, „deshalb wollen wir so viele Erfahrungsberichte wie möglich sammeln“. Auf der Website können die direkt eingegeben werden, „nach dem Ausfüllen wird ein Dokument generiert, dass Sie bitte ausdrucken und unterschrieben per Post an uns senden, faxen oder persönlich in der Geschäftsstelle der PARTEI, Kopischstraße 10 in 10965 Kreuzberg, vorbeibringen können.“ Kein Witz. „Auf Wunsch erhalten Sie eine von Martin Sonneborn unterschriebene Teilnahmeurkunde „Demokratieretter“ (wie bei den Bundesjugendspielen).“ Wir verleihen die Ehrenurkunde schon mal an Wahllokal 815, Pankow. | |||||
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Future Medicine Round Table Join our virtual event within our successful event series “Future Medicine Science Match” and discuss the question “Are we prepared for the next pandemic?” with our guests and experts: Prof. Christof von Kalle/BIH, Prof. Isabelle Bekeredjian-Ding/Paul-Ehrlich-Institut, Prof. Veronika von Messling/Federal Ministry of Education and Research, Dr. Michael May/Bristol Myers Squibb, November 4th 2021, 4 p.m. - 5:30 p.m. Register Now | |||
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