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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 27.11.2020 | Bedeckt bei max. 6°C. | ||
+ Die neuen Corona-Regeln des Senats + Mettbröttchen-Sitzung bringt Millionen nach Berlin + Frauenfeindliche Gewalt soll bundesweit statistisch erfasst werden + |
von Julius Betschka |
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Im Senat war sich die Rot-Rot-Grün am Donnerstag weitgehend einig, die Beschlüsse der Bund-Länder-Gespräche mitzutragen. Die Pressekonferenz startete wegen interner Friedlichkeit sogar früher als gedacht. Beschlossen wurde folgendes: + Ab diesem Samstag werden die Kontaktbeschränkungen verschärft. Dann dürfen sich im Freien nur fünf Personen aus zwei Haushalten treffen – ausgenommen sind Lebenspartner, Pflegepersonen und Kinder unter 12 Jahre. Bund und Länder hatten sich auf eine mildere Altersgrenze von 14 Jahren verständigt. + Private Treffen sind generell nur noch mit maximal fünf Personen erlaubt – einzige Ausnahme sind Kinder unter 12 Jahre. Das heißt: Wer in einer fünfköpfigen Familie oder in einer Fünfer-WG zusammenlebt, darf keinen Besuch mehr empfangen. Ein gemeinsames Abendessen eines Haushaltes mit mehr als fünf Personen gilt aber nicht als Treffen. Das ändert sich erst, sobald jemand von außen dazukommt. „Wir definieren keine Haushaltsgrößen, wir haben nur Treffen eingeschränkt“, sagte Julian Mieth, stellvertretender Senatssprecher, dem Checkpoint am Abend. + Die Kontaktbeschränkungen über Weihnachten und Silvester sollen nur sehr sparsam gelockert werden. Bund und Länder hatten sich auf Treffen von bis zu 10 Personen geeignet, in Berlin soll die Grenze wegen der hohen Inzidenz (gestern: 215,6) bei fünf bleiben. Allerdings soll über die Feiertage die Haushaltsbegrenzung aufgehoben werden, die Ausnahmen für Kinder werden auf 14 Jahre heraufgesetzt. Für Weihnachten gilt: Sitzen fünf Personen (über 14 Jahre) in einem Haushalt unterm Weihnachtsbaum, darf Oma nicht zu Besuch kommen. + Die Maskenpflicht wird ausgeweitet auf „alle belebten Straßen und Plätze“, sagte Michael Müller. Was das bedeutet? „Sagt Ihnen die Lebenserfahrung“, antwortete der Regierende flapsig einer Journalistin. Laut Verordnung muss ab Samstag auf Märkten, in Warteschlangen, auf Parkplätzen, auf allen Straßen mit Eingängen für Geschäfte und Betriebe sowie an 35 festgelegten Plätzen und Straßen (Karte hier) ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Wer das kontrollieren soll, fragt ja schon lang niemand mehr. + Einschränkungen im Handel: Bei einer Verkaufsfläche bis 800 qm darf sich höchstens eine Person pro 10 qm Verkaufsfläche aufhalten, ab 801 qm höchstens eine Person pro 20 qm. Letzteres gilt aber nur für die Quadratmeter, die über 800er Grenze liegen. Checkpoint-Mathematik: Ein Reifenhändler mit 1200 qm Verkaufsfläche dürfte demnach insgesamt 100 Kunden hereinlassen. 80 Kunden auf 800 qm und 20 auf den 400 qm darüber hinaus. + Arbeitgeber werden explizit angehalten, unbürokratisch Homeoffice für ihre Beschäftigten zu ermöglichen. Wird auch Zeit. + Last but not least: Die Verordnung gilt nur bis 22. Dezember, danach muss eine neue Verordnung her – das schreibt das neue Infektionsschutzgesetz vor. | |||||
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Größere Unstimmigkeiten gibt es in der Schulfrage: Vorerst bleiben die Berliner Klassenzimmer offen, die Schüler im Präsenzunterricht. Trotz irrer Infektionszahlen in einigen Bezirken: In der Alterskohorte der 15- bis 19-Jährigen liegt die berlinweite Inzidenz im Schnitt bei 390. In Mitte liegt sie bei 637, in Xhain bei 779 (Übersicht hier). Fünf Prozent der Berliner Schüler sind mittlerweile in Quarantäne. Amtsärzte machen dafür aber nicht nur Infektionen im Klassenzimmer, sondern vor allem die hohe soziale Aktivität dieser Alterskohorte verantwortlich. Ändern tut sich deshalb wenig: Weiterführende Schulen dürfen ab jetzt freiwillig auf Hybridunterricht umsteigen, ausgenommen sind die Abschlussklassen. An Sekundarschulen könnten also die Klassen 8 und 11, an Gymnasien die Klassen 8 und 9 wechseln. Außerdem wird die Maskenpflicht auf Grundschulen ausgeweitet: Künftig müssen in Bezirken mit Inzidenzen von über 200 auch Fünft- und Sechstklässler Masken im Unterricht tragen. Grünen-Fraktionsvorsitzende Antje Kapek twitterte: „Ich bin erschüttert, dass wir eine Maskenpflicht für Grundschüler einführen. Sehr, sehr viele 10- und 11-jährige Kinder werden wahrscheinlich bis zum Ende des Schuljahres bis zu 8 Stunden am Tag Maske tragen.“ Tobias Schulze, Berliner Linken-Vize, wollte von ihr lieber wissen: „Wart ihr nicht dabei?“ SPD-Mann Sven Kohlmeier attestierte den Grünen, sich einen „schlanken Fuß“ zu machen. Andere Koalitionäre denken wiederum ernsthaft und immer lauter darüber nach, den Unterricht dort, wo es geht, digital stattfinden zu lassen. Unbeirrbar bleibt Senatsdirex Michael Müller: „Der Präsenzunterricht bleibt das oberste Ziel“, bekräftigte er. | |||||
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Finanzstarke Nachrichten: Bei der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses im Deutschen Bundestag – bekannt für Gerangel um Bundesmittel und Mettbröttchen – erhielt das Land Berlin viele Extra-Millionen für Kultur und Wissenschaft. Die „Urania“ soll zu einem „nationalen Bürgerforum für Demokratie und Vielfalt, Wissenschaft und Umwelt“ ausgebaut werden. Kostenpunkt: 42 Millionen Euro. Geld gibt der Bund außerdem für das Bauhaus-Archiv: 14 Millionen Euro. Das „House of Jazz“ wird mit 13 Millionen Euro gefördert. Auch die Erinnerungskultur an die DDR soll gefördert werden: Die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur erhält 400.000 Euro für ein Zeitzeugenprogramm. Viele andere Projekte profitieren – Übersicht hier. Und: Zwei neue Fraunhofer-Institute sollen in Berlin angesiedelt werden, 70 Millionen Euro fließen dafür. Eines soll zu öffentlicher Sicherheit forschen, das andere – hier schließt sich ein Kreis – soll sich mit „Immunologie, Infektions- und Pandemieforschung“. Da ist jeder Euro gut investiert. | |||||
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Eine Berliner Initiative mit Erfolg: Die Justizministerkonferenz der Länder hat am Donnerstag beschlossen, dass frauenfeindlich motivierte Straftaten künftig statistisch als solche erfasst werden sollen – ähnlich wie das bei homophoben oder antisemitisch motivierten Gewalttaten bereits passiert. Im Beschlusspapier heißt es: Die Justizministerinnen und -minister nähmen „mit Besorgnis die anhaltend große Zahl dieser Taten zur Kenntnis. Insbesondere gibt die seit Jahren gleichbleibend hohe Quote von Tötungsdelikten durch (Ex-) Partner großen Anlass zur Sorge.“ Auch im digitalen Raum nehme die Gewalt zu, Cybermobbing und digitale Nachstellungen werden als Probleme benannt. Justizsenator Dirk Behrendt sagt dem Checkpoint: „Es ist ein wichtiger Schritt, dass frauenfeindlich motivierte Straftaten künftig auch als solche benannt und bundeseinheitlich erfasst werden sollen.“ | |||||
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Geschichten, die nur Kreuzberg schreibt: Alternativer Fahrrad-Lieferdienst sucht alternativen Namen. „Kolyma2“, hat der Gründer seine kleine Lieferando-Alternative nämlich getauft, alles soll fair sein und im Kollektiv geführt, wohl benannt nach einer Nebenfigur aus dem Kracher-Film „Burn After Reading“. Leider ist „Kolyma“ auch der Name einer Region mit den furchterregendsten Gulags, die Josef Stalin je gebaut haben soll. Der Name steht heute synonym für ihren Schrecken. Nachdem Kollegin Maria Kotsev über das Radler-Start-up geschrieben hatte, gab es deshalb böse Kommentare für den Gründer. Zwar hat Stefano Lombardo komplexe Gedankengänge dazu parat, warum sich die Auseinandersetzung mit dem Film und dem Namen lohnt, aber: „Man kann von Menschen diese Abstraktion beim Essenbestellen nicht verlangen.“ Er freut sich deshalb über Namensvorschläge (hello@kolyma2.de). Vielleicht sollte er seinen Laden aber einfach „Burn After Reading“ nennen. In mahnender Erinnerung an den ersten Versuch. | |||||
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