Polen bleibt tief gespalten Ja, die Nationalkonservativen Polens haben bei der Präsidentschaftswahl gewonnen, aber das Land hat möglicherweise verloren. Andrzej Duda, der Amtsinhaber, ist erneut zum Präsidenten gewählt worden, mithilfe der öffentlich-rechtlichen Medien. Diese hat der Chef der PiS-Partei, Jaroslaw Kaczynski, längst unter die Kontrolle der Rechten gebracht. Gewählt haben den farblosen Duda vor allem die Älteren und die Landbevölkerung. Sie sind es, die die gleichgeschlechtliche Ehe und allzu viel Gleichberechtigung für Frauen ablehnen, denen die Gleichschaltung von Justizsystem und Medien wenig auszumachen scheint. Nicht dass es nicht das gute Recht dieses Bevölkerungsteils wäre, nach seinen Überzeugungen zu wählen. Aber der Anteil der Polen, der genau der gegenteiligen Meinung ist, ist mindestens genauso groß. Für deren Vertreter, den liberalen Warschauer Bürgermeister Rafal Trzaskowski, stimmte die andere Hälfte der Wähler. Der Unterschied betrug gerade einmal zwei Prozentpunkte. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte: Polen ist ein tief gespaltenes Land, hin- und hergerissen zwischen oft tiefreligiös begründetem Beharrungsvermögen, nationalen Minderwertigkeitskomplexen und der Sehnsucht nach modernem gesellschaftlichem Wandel und europäischer Teilhabe. Für die politische Stabilität in den nächsten Jahren verheißt das nichts Gutes. | Gudrun Dometeit, Politik & Wirtschaft |
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