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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 19.12.2022 | Bedeckt und Schauer bei max. 3°C. | ||
+ Berliner Wiederholungswahl: Gefälschte Kandidatenrücktritte im Umlauf + Fehlanzeige bei Berlins Bezirken: Null Erfolg mit Unisex-Toiletten + Nach „Aquadom“-Kollaps: Berliner „Coral World“ will eigene Pläne überprüfen + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, was für ein furioses Finale dieser fragwürdigen WM in Katar: Frankreich kämpft sich mit Mbappé zweimal zurück ins Spiel, verliert dann im Elfmeterschießen – und Argentinien ist Welt-Messi. Was für ein episches Duell! Damit können wir uns endlich wieder ohne rote Ohren zu bekommen auf Gaslieferungen aus den Emiraten und die EM 2024 in Berlin freuen: Üble Unterstellungen, der Bundesregierung und der UEFA ginge es dabei nur ums Geld, haben sich ebenso als Verlängerungsmärchen aus tausendundeiner Nacht erwiesen wie die Behauptung, Deutschland sei moralisch, gesellschaftlich und rechtlich ja doch nicht über jeden Verdacht erhaben. Es kommentiert Katar-Claqueur und Putin-Promoter Lothar Matthäus: „Wir dürfen jetzt nur nicht den Sand in den Kopf stecken!“ Und damit zu den Meldungen aus Berlin: | |||||
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Berlins Wahlwiederholungsversuch wird nicht nur von mehr als dreißig Politikern und Bürgern mit einer Verfassungsbeschwerde in Frage gestellt (Tagesspiegel vom 17.12.), sondern jetzt auch noch von unbekannten Heckenschützen torpediert: Bei mehreren Bezirken sind in den vergangenen Tagen Rücktrittserklärungen von Kandidaturen eingegangen, die sich nach einer Überprüfung durch den Landeswahlleiter Stephan Bröchler als gefälscht herausgestellt haben. Nach den ersten Verdachtsfällen, die ihm berichtet wurden, startete Bröchler eine Umfrage bei allen Bezirken, das Ergebnis teilte er dem Checkpoint in einer Vorlesungspause mit (das Landeswahlamt leitet der Professor der HWR nebenberuflich und ehrenamtlich): „Der Rücklauf ergab zehn Meldungen.“ Bröchler nahm Kontakt auf mit der Verwaltung des Abgeordnetenhauses, informierte „alle betroffenen Walvorschläge“ (darunter auch einige prominente Parlamentarier) und bat um Auskunft darüber, ob es sich bei den eingegangenen Rücktrittserklärungen um echte handelt oder nicht. Das Ergebnis hier: „Alle Rückmeldungen lauteten, dass es sich um falsche Rücktrittserklärungen handelt, die in der Folge nicht von dem Landeswahlleiter als solche behandelt werden.“ Nicht allen Betroffenen reicht das – einige fordern, dass der Landeswahlleiter Anzeige gegen Unbekannt erstattet, um weiteren Störversuchen vorzubeugen (und damit auch möglichen neuen Anfechtungsgründen). Bei der Fahndung nach dem Täter hilft vielleicht ein wichtiges Detail: Die gefälschten Rücktrittserklärungen von Kandidaturen wurden allesamt per Fax verschickt – und das ist, Checkpoint-Leserinnen und -leser wissen das, nicht nur die bevorzugte Kommunikationsform der Berliner Verwaltung, sondern (neben Schreibmaschinen aus der Spätkaiserzeit) auch eine beliebte Wunderwaffe der Reichbürger. | |||||
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Unisex-Toiletten waren vor fünf Jahren ein Riesenaufreger: Als wären sie noch nie in einem Flugzeug aufs WC gegangen (wenn auch in der Regel nicht zu zweit oder dritt), fürchteten einige Verteidiger des zweigeschlechtlichen Abendlands den Untergang desselben, wenn sie als Mann auf dem Bürgeramt einer Frau die Kloklinke in die Hand geben müssten (oder eben auch umgekehrt). Dennoch gab das Abgeordnetenhaus eine Machbarkeitsstudie in Auftrag, der damalige Justizsenator Dirk Behrendt präsentierte das Ergebnis: In den meisten Berliner Verwaltungsgebäuden wären solche Klos für alle ohne großen Aufwand einzurichten – und billiger ist es auch noch. Berlinkenner (und solche, die es werden wollen) ahnen sicher schon, was seitdem geschah. Für unseren Checkpoint-Podcast „Berliner & Pfannkuchen“ (die aktuelle Folge zur Regenbogenhauptstadt Berlin können Sie hier hören) haben wir in allen Bezirken nach dem Stand der Dinge gefragt – also: Wie viele Unisex-Toiletten gibt es denn inzwischen? Hier das Ergebnis (absolute Zahlen): Pankow 0, Spandau 0, Marzahn-Hellersdorf 0, Neukölln 0, Reinickendorf 0, Tempelhof-Schöneberg 0, Steglitz-Zehlendorf 0… unfassbar, nicht mal für ein „00“ hat es hier gereicht (Sprachwitze mit „Doppelnull“ und „Lizenz zum Schießen“ bitten wir zu unterlassen). Mitte meldet immerhin 1 Unisex-Klo und Friedrichshain-Kreuzberg sogar 2, Lichtenberg erklärt, die Sache sei „im Umbau“ (was auch immer das bedeutet), in Treptow-Köpenick und Charlottenburg-Wilmersdorf suchen sie dagegen noch nach einer Antwort. Übrigens: Unisex-Toilettenschilder gibt’s bei Ebay schon ab 9,99 Euro (ohne Mengenrabatt). | |||||
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„Also, solcher Art Hollywood-Szenarien oder Worst-Case-Szenarien könnten hier nicht stattfinden“, tönte Aquadom-Architekt Michael Jessing im Jahr 2003 bei der Eröffnung des „größten Zylinder-Aquariums der Welt“ (drunter machen wir’s hier nicht). Wenn Sie sich’s nochmal anschauen möchten: Hier unter diesem Link erklärt der behelmte Ingenieur, dass seine vertikale Fischröhre (Höhe 16 m, Inhalt 1.000.000 l H2O) selbst bei Beschuss aus einer Handfeuerwaffe nicht platzen kann. Theoretisch. Aber seit Roland Emmerich auch einen Wohnsitz in Berlin sein Eigen nennt, hat hier praktisch jeder Wurst-Case das Zeug zur filmreifen Katastrophe. Überlebt haben nur wenige Bewohner des Aquadoms – sie wurden mit drei Eimern gerettet und in eine Notunterkunft gekippt. Kleine Fische rutschten durch die Gullis in die Kanalisation, große Fische verendeten auf der eiskalten Straße. Stellt sich die Frage: Wie sieht eigentlich das Wurst-Case-Szenario aus, wenn so etwas in der geplanten „Coral World“ direkt an der Rummelsburger Bucht passiert? Dort sollen demnächst ja auch zackige Raubfische durchs Becken pflügen… Roland Emmerich jedenfalls käme zu spät – den passenden Film zum Desaster haben Leander Haußmann und Sven Regener schon vor zehn Jahren gedreht. Allerdings dachten damals alle, „Hai-Alarm am Müggelsee“ sei eine Komödie, die Wassererwärmung infolge des Klimawandels ein Hollywood-Szenario und die deutsche Ingenieurskunst so sicher wie das größte Zylinder-Aquarium der Welt. Tempi passati – zumal sich auf der „Coral-World“-Website ein alarmierender Hinweis befindet: „In unseren Parks kommen die Gäste den Ozeanen in einer sicheren Umgebung näher“, heißt es da. Hm, kommt Ihnen das nicht auch irgendwie bekannt vor? Richtig: Das klingt ja, als hätte es Michael Jessing geschrieben („… könnten hier nicht stattfinden“). | |||||
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Gleich zwei Meldungen widmen wir heute Justizsenatorin Lena Kreck. + Wegen der Razzia im Bordell „Artemis“, bei der die Staatsanwaltschaft ihre Amtspflichten verletzte, muss das Land Berlin aller Voraussicht nach mindestens 50.000 Euro Schadenersatz zahlen (das Kammergericht urteilt am Dienstag, die Betroffenen fordern 200.000 Euro). Kreck hätte das auf Vorschlag des Gerichts abwenden können – durch eine Spende des Landes an das Kinderhilfswerk Unicef über 25.000 Euro. Die Justizsenatorin lehnte generös ab – sehr wahrscheinlich zugunsten der Bordellbetreiber. + Ihren Professorentitel wollte Lena Kreck im September „ab sofort bis auf Weiteres“ nicht mehr führen, als berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit laut wurden: Sie hatte vor der Übernahme des Senatsposten nur zwei Jahre an der Evangelische Hochschule Berlin gelehrt – erforderlich sind mindestens fünf Jahre. Nach Checkpoint-Informationen bleibt der Titelmissbrauch für Kreck allerdings folgenlos: Klammheimlich stellte die Wissenschaftsverwaltung ihre Prüfung ein (ohne weitere Ermittlung), und auch die Staatsanwaltschaft zeigt trotz einer Anzeige des AfD-Abgeordneten Marc Wallander kein Interesse an einer Strafverfolgung – die Begründung: Kreck habe nicht vorsätzlich gehandelt, sondern sich nur geirrt. | |||||
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Aus der Abo-Mailbox: Gerd und Helga Habelt wollen wissen: „Warum nennt ihr den Checkpoint ‚Checkpoint‘? Da muss es doch auch einen deutschen Begriff geben. Und ‚Checkpoint‘ bedeutet ja ‚Kontrollposten‘ – an welcher Grenze befindet ihr Euch und was wollt ihr kontrollieren?“ Also dann… Liebe Familie Habelt, als wir in grauer Vorzeit nach einem Namen für unseren geplanten Newsletter suchten, lagen auch echte deutsche Vorschläge wie „Fassbrause“ auf dem Tisch (Originalbeispiel; eingereicht von einem Werbeprofi). Aber das war uns zu nüchtern. „Checkpoint“ erreichte bei der Abstimmung dann eine Mehrheit von 0,8 Promille. Dass der hässlichste Platz Berlins später denselben Namen tragen würde, konnten wir nicht ahnen. Ansonsten befinden wir uns hier ständig an der Grenze zum Wahnsinn (wir sind ja in Berlin) und kontrollieren am liebsten akribisch den Stand unseres Erdnuss-Speichers, damit uns die Energie nicht ausgeht. Herzliche Grüße, Ihr Team Checkpoint. | |||||
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