BGH-Urteil stärkt Mieterrechte
● BKA warnt vor russischer Sabotage |
● EU-Gericht begrenzt Asylverfahren |
● Euro-Scheine mit neuem Gesicht |
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Liebe Leserin, lieber Leser, Nancy Faeser könnte sich für die SPD zum Kassengift entwickeln. Der Fall Arne Schönbohm hat ihr 2023 schon den Wahlkampf in Hessen verhagelt. Jetzt überschattet er die Bundestagswahl. Denn das Landgericht München stärkte gestern dem Beamten den Rücken, den die Bundesinnenministerin eiskalt abservierte. Zur Erinnerung: Im Oktober 2022 degradierte Faeser den Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) – zehn Tage, nachdem Jan Böhmermann ihm in einer Kette von Andeutungen und Halbwahrheiten Nähe zu russischen Geheimdiensten unterstellt hatte. Ein haltloser Vorwurf, getarnt als „ZDF Magazin Royale“-Satire, in Wahrheit schlechte Recherche. Das Landgericht München untersagte dem Sender gestern, vier von fünf beanstandeten Behauptungen zu wiederholen. Die geforderte Geldentschädigung blieb Schönbohm verwehrt, doch das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Für Faeser kommt es zur Unzeit: 64 Tage vor der Wahl erinnert es erneut daran, wie die Bundesinnenministerin einen missliebigen, aber unbescholtenen Beamten fallen ließ. Und schweigend zusah, wie seine Integrität durch Böhmermanns Verächtlichmachung beschädigt wurde. |
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| Arne Schönbohm: Von Innenministerin Faeser als Behördenchef abserviert (© dpa) |
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Deshalb läuft bereits ein zweites Verfahren. Das Verwaltungsgericht Köln geht der Frage nach, ob Faeser den Chef der Bonner Cyberabwehr-Behörde damals vorschnell oder unrechtmäßig schasste und damit gegen ihre beamtenrechtliche Fürsorgepflicht verstieß. Die mündliche Verhandlung soll Ende Januar 2025 stattfinden, in Sichtweite des Wahlsonntags. Manche Wähler könnten sich fragen, warum eine Ministerin, die per Demokratiefördergesetz den „starken Staat“ auf jene loslassen will, die „den Staat verhöhnen“ – warum diese Ministerin sich nicht vor den Staatsdiener Schönbohm stellte, nachdem Böhmermann ihn als „Floppy, der Diskettenclown“ verspottet hatte. Nun schlägt das Karma zurück. Wie sehen Sie den Fall? Schreiben Sie uns an feedback@focus-magazin.de |
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| Russlands Präsident Wladimir Putin, 72 (© dpa) |
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Putin will mit Trump über Ukraine sprechen – EU in Sorge |
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Der russische Präsident Wladimir Putin hat in seiner jährlichen Presse- und Bürgerkonferenz indirekt eingestanden, die Verteidigungskraft der Ukrainer unterschätzt zu haben. Russland hätte sich schon viel früher auf einen Krieg vorbereiten sollen, sagte der Kremlchef in Moskau. Auf die Frage, ob ihn die vergangenen fast drei Jahre Krieg verändert hätten, sagte er: „Ich mache weniger Witze.“ Er fuhr fort zu behaupten: „Die Situation ändert sich radikal, wir rücken entlang der gesamten Front vor.“ Eine Waffenruhe lehnt Putin ab. Zugleich erklärte er, bei möglichen Gesprächen mit Donald Trump zu Kompromissen bereit zu sein. Ukraine-Präsident Selenskyj allerdings werde er nicht als Gesprächspartner akzeptieren. Trump hatte mehrfach angekündigt, er werde den Krieg schnell beenden. Deshalb wächst in der Ukraine und der EU die Sorge, Trump und Putin könnten sich hinter dem Rücken von Kiew auf Gebietsabtretungen zugunsten Russlands einigen. Man müsse die Ukraine zunächst in die Lage versetzen, sich militärisch gegen Russland zu behaupten, mahnte die neue EU-Außenbeauftrage Katja Kallas auf dem EU-Gipfel in Brüssel. Unterdessen warnt das Bundeskriminalamt deutsche Unternehmen vor russischen „Ausspähungs- und Propagandadelikten bis hin zu Sabotagehandlungen“, berichtet Reuters unter Berufung auf ein BKA-Schreiben. Auch kleinere Vorfälle wie unbefugte Foto- und Videoaufnahmen, das unerlaubte Betreten von Firmengeländen, Graffiti, Brände und Explosionen sollten misstrauisch machen. Zudem könnten russische Stellen über soziale Medien versuchen, Kontakt zu einzelnen Mitarbeitern aufzunehmen. |
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| Der Bundesgerichtshof stärkt Mieterrechte bei Wohnraumknappheit (© dpa) |
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Wegweisende Urteile zu Asyl und Miete |
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Der EuGH in Luxemburg und der BGH in Karlsruhe haben gestern zwei wichtige Entscheidungen gefällt. Urteil 1: EU-Staaten können Asylgesuche von Menschen grundsätzlich ablehnen, sofern ein anderes EU-Mitgliedsland einem früheren Antrag bereits nicht stattgegeben hat.Mit dieser Entscheidung reagierte der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) auf eine Vorlage des Verwaltungsgerichts Minden zu den Verfahren einer staatenlosen Palästinenserin sowie eines Libanesen, deren Anträge andere EU-Staaten bereits abgelehnt haben. Nun steht fest: Deutsche Behörden dürfen Folgeanträge als unzulässig bewerten, sofern keine besonderen Umstände vorliegen. Zwischen Januar und November 2024 wurden laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 236.399 Asylanträge gestellt. Bei 19.538 Anträgen handelte sich um Folgeanträge. Urteil 2: Die 2020 eingeführte zweite Berliner Mietpreisbremse ist rechtmäßig. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, sie liege im öffentlichen Interesse und sei kein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie. Berlin gilt derzeit stadtweit als angespannter Wohnungsmarkt, weswegen höchstens zehn Prozent mehr als die ortsübliche Vergleichsmiete verlangt werden dürfen. Das Ziel, überdurchschnittlichen Mieterhöhungen bei der Wiedervermietung entgegenzuwirken, sei in einer solchen Situation legitim, so der BGH. Menschen sollten sich ein Leben in ihrer bisherigen Umgebung leisten können. |
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| Ex-Staatssekretär Patrick Graichen, 52, im Untersuchungsausschuss „Atomausstieg“ (© dpa) |
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Atomausstieg: Graichen weist Vorwürfe zurück |
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Im Untersuchungsausschuss des Bundestags hat der frühere Wirtschafts-Staatssekretär Patrick Graichen gestern Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Atomausstieg zurückgewiesen. Auf die Frage, ob das Ministerium im Jahr 2022 bei der Frage einer möglichen Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke ohne „Denktabus“ vorgegangen sei, antwortete er: „Ja, das sind wir.“ Vor allem die Union wirft Wirtschaftsminister Robert Habeck sowie Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) vor, nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs den Weiterbetrieb von Kernkraftwerken in Deutschland nicht wie von den Ministerien dargestellt „ergebnisoffen“ und „unvoreingenommen“ geprüft, sondern aus ideologischen Gründen entschieden zu haben. Interne Dokumente legen nahe, dass es Vorgaben aus der Behördenleitung gab. Graichen war bis Mai 2023 Energie-Staatssekretär im Wirtschaftsministerium und einer der engsten Mitarbeiter Habecks. Er musste nach Vorwürfen der Vetternwirtschaft das Amt räumen. Heute ist er Aufsichtsrat des ukrainischen Energiekonzerns Ukrenergo.
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| Seit 2022 an der Spitze der Bundesbank: Joachim Nagel, 58 (© Marc Krause für FOCUS-Magazin) |
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Bundesbank-Chef Nagel: Neue Optik für Banknoten |
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Die Europäische Zentralbank ändert die Optik der Banknoten: Statt stilisierter Baudenkmäler werden auf den neuen Euro-Scheinen europäische Geistesgrößen zu sehen sein. Das kündigte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel im Interview mit dem FOCUS an. „Europa hat in Wissenschaft und Kultur bedeutende Köpfe hervorgebracht, die sich ausgezeichnet machen würden auf den Euro-Banknoten“, sagte Nagel, der auch Mitglied im EZB-Rat ist. Die Notenbank denkt dabei offenbar an Köpfe wie Leonardo da Vinci oder Hildegard von Bingen. Konkrete Namen nennt er nicht: „Noch haben wir uns nicht festgelegt. Aber wir finden ganz sicher hervorragende Motive für unsere sechs Banknoten – vom Fünf-Euro-Schein bis zum 200er.“ Dass die Währungsunion auseinanderbrechen könnte, weil die Haushaltsdisziplin einzelner Mitglieder bröckelt, fürchtet der Bundesbank-Präsident nicht. „Ein Ende des Euro ist für mich kein Thema.“ Auch die zurückgestufte Bonität Frankreichs infolge der hohen Staatsschulden bereite ihm „keine schlaflosen Nächte“, betonte er: „Es ist wichtig, dass alle Mitgliedsstaaten die gerade erst reformierten Fiskalregeln befolgen. Und ich gehe davon aus, dass dies ernst genommen wird.“ |
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| Marode Schule. Viele Bundesländer leben über ihre Verhältnisse (© dpa) |
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Öffentliche Schulden steigen ungebremst |
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Im dritten Quartal standen Bund, Länder und Gemeinden mit 2.488,6 Milliarden Euro Staatsschulden in der Kreide, teilte das Statistische Bundesamt gestern mit. Das sind 1,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Einbezogen sind auch Schattenhaushalte wie das Sondervermögen für die Bundeswehr sowie die Sozialversicherung. Allein beim Bund stieg die Schuldenlast seit Jahresanfang um rund 1,3 Prozent auf 1.719 Milliarden Euro. Bei den Ländern ging sie bis September um 2,0 Prozent auf 606 Milliarden Euro nach oben. Die größten Schuldenmacher waren dabei Mecklenburg-Vorpommern (13,0 Prozent), Rheinland-Pfalz (10,6 Prozent) und Berlin (8,1 Prozent). Den stärksten Schub gab es zuletzt aber bei den Gemeinden. Dort stiegen die Verbindlichkeiten seit Januar um 5,6 Prozent auf 163,4 Milliarden Euro. |
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Bundesweit ist jeder Bürger im Schnitt mit insgesamt rund 29.500 Euro verschuldet. Am stärksten über seine Verhältnisse lebt Bremen. Die Hansestadt ist mit 33,8 Milliarden Euro in den Miesen. Das ergibt eine Pro-Kopf-Verschuldung von knapp 34.000 Euro - gut 25 Mal so hoch wie in Bayern (Tabelle). |
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204.441 Mal haben Netzbetreiber Haushalten in Deutschland wegen offener Rechnungen 2023 der Strom abgestellt (minus 4.000 Fälle gegenüber 2022). Das teilte das Wirtschaftsministerium auf Anfrage der Linken mit, so dpa. Die Gasversorgung wurde im Jahr 2023 mehr als 28.000 Mal gekappt. Grund: Die hohen Strom- und Gaspreise. Zugleich stieg die Zahl der gemeldeten Gassperren von auf 28.059 (plus 5072).
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| Turn-Internetstar Erika Rischko. Senioren bleiben laut Studien immer länger fit (© dpa) |
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70 ist wirklich das neue 60 |
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Eine aktuelle Studie der Columbia University belegt: Im Vergleich zu vergangenen Generationen besitzen ältere Menschen heute deutlich größere geistige, körperliche, psychische und sensorische Fähigkeiten. „Diese Gewinne sind gewaltig“, sagt Studienleiter John Beard. Ein 68-Jähriger des Jahrgangs 1950 zum Beispiel ist so gesund und leistungsstark, wie es ein 62-Jähriger des Jahrgangs 1940 war. Dieser Verjüngungs-Effekt steigt, je weiter man zurückblickt. 70 ist das neue 60. Die amerikanischen Forscher haben britische Daten ausgewertet. Auch die seit 1989 laufenden Berliner Altersstudien BASE I und II bestätigen den Trend. Die heutigen Alten sind leistungsfähiger, seltener traurig, und sie berichten auch von größerem Wohlbefinden. Zu verdanken ist dies unter anderem dem medizinischen Fortschritt, besserer Hygiene, Ernährung und Bildung sowie weniger belastenden Arbeitsbedingungen. |
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Gewinnerin: Innerlich sei sie eine gebrochene Frau. Doch die Französin Gisèle Pelicot, 72, ist mit ihrem Mut zum weltweiten Vorbild im Kampf gegen sexualisierte Gewalt geworden. Fast zehn Jahre lang hatte ihr damaliger Ehemann sie betäubt von Fremden vergewaltigen lassen. Trotz des Traumas bestand sie auf einen öffentlichen Prozess. „Ich denke an die nicht anerkannten Opfer, deren Geschichten im Dunkeln bleiben. Sie sollen wissen, dass wir denselben Kampf teilen“, sagte Pelicot nach der Urteilsverkündung. Die 51 Täter wurden zu 428 Jahren Haft verurteilt. | |
Verlierer: Das italienische Maranello hat Formel-1-Legende Michael Schumacher, 55, längst zum Ehrenbürger gemacht. Doch der Rat der Stadt Kerpen kriegt es einfach nicht auf die Kette. Im März hatte sein Fanclub zum wiederholten Mal eine Petition bei Schumis Heimatstadt eingereicht, den siebenfachen Weltmeister auszuzeichnen. Erst vertagte sich der Rat, jetzt findet er: vorerst kein Bedarf. Ein Schneckentempo, das Schumi unwürdig ist. | |
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… möchten wir herzlich gratulieren: Die Auszeichnung „Mikrobe des Jahres 2025“ geht an das Corynebacterium glutamicum! Laut Jury (die Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie) liefert das keulenförmige, robuste und fleißige Kleinstlebewesen jährlich allein 3,5 Millionen Tonnen des in der asiatischen Küche beliebten Würzmittels Natriumglutamat. Achtung: Zu viel davon kann Kopfschmerzen, erhöhten Insulinspiegel und Blutdruck auslösen. Doch dafür kann die Bodenmikrobe schließlich nichts. | | 1957 in Japan als natürlicher Glutaminsäureproduzent entdeckt: das Corynebacterium glutamicum (© dpa) | Am Montag begrüßt Sie mein Kollege Thomas Tuma mit einem Weihnachts-Special – und ich wünsche Ihnen schon jetzt fröhliche Festtage! Herzliche Grüße | | Tanit Koch |
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