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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 04.01.2022 | Ganztägig Wolken und zeitweise Regen bei milden 8°C. | ||
+ Kuriose Ortswahl: Senatorin will nicht pendeln – oder doch? + Kiez-Protest gegen Corona-Protest + Parkplätze selbstverständlich: Pankower Straßenweltordnung + |
von Anke Myrrhe |
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Guten Morgen, beginnen wir den Tag mit einer völlig belanglosen Meldung. In den USA wird heute der Trivia-Tag begangen und damit belanglose Informationen, Kuriositäten und Fakten ohne vordergründig praktischen Nutzen gefeiert. Was das mit uns zu tun hat? Zum Glück absolut gar nichts. Wobei… Es gehört zu den Trivialitäten dieser Stadt, dass hier die Kuriositäten regieren. Und damit sind wir bei dem, was Zugezogene häufig recht unvorbereitet trifft (wir empfehlen zur Vorbereitung die Ausgaben Checkpoint 1ff.). Berlins neue Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) jedenfalls wird sich in einiges einarbeiten müssen, was hier als völlig normal gilt – vielleicht wollte sie auch deswegen zum Durchschnaufen ihre Wochenenden in Kassel verbringen, wo sie gerade mit ihrem Mann ein Haus gekauft hatte. Einen Tag Bedenkzeit, ob sie den Job in Berlin annehmen wolle, hatten die Grünen ihr dem Vernehmen nach im Dezember zugestanden. Nicht sonderlich viel, um die Sache mit der Pendelei ordentlich zu durchdenken (175.000 Zugkilometer, CP von gestern). Unsere Anfrage jedenfalls hat die Senatorin offenbar ins tiefere Grübeln gebracht: „Da Frau Gote schneller als erwartet eine Wohnung in Berlin gefunden hat, hat sich das Pendeln nach Kassel erledigt“, teilte ihre Sprecherin gestern mit. „Sie hat auch ein Privatleben, welches sie von ihrem beruflichen Leben trennt. Daher wird sie hin und wieder in Kassel sein, wo ein Teil ihrer Familie lebt.“ Aha. Also, was denn nun? Auf weitere Nachfrage meines Kollegen Hannes Heine stellte sich heraus: Gote werde zwar die meiste Zeit in Berlin verbringen (auch an Wochenenden), der Hauptwohnsitz aber bleibt Kassel – weil sie eine gemeinsame Anschrift mit ihrem Ehepartner brauche. Also doch pendeln, ein bisschen. Ob die in § 1353 BGB geregelte „eheliche Lebensgemeinschaft“ einen gemeinsamen Hauptwohnsitz verlangt, ist zumindest juristisch umstritten. Sie wissen schon: drei Ehen, vier Meinungen. Gote hätte es aber auch einfacher haben können: Fürs Ummelden braucht es einen Termin beim Bürgeramt, und damit gewinnt man hier bekanntlich unendlich viel Zeit. Dass die Senatorin damit in Berlin nicht wahlberechtigt ist, also weder die eigene Regierung wiederwählen noch an Volksabstimmungen teilnehmen kann, können Sie jetzt gerne trivial finden, kurios aber ist es in jedem Fall. | |||||
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Live und präsent tagt heute übrigens der Senat zum ersten Mal in diesem Jahr. In Vorbereitung auf das Treffen der Ministerpräsidenten am Freitag wird es selbstredend um die Corona-Lage gehen, Beschlüsse sind allerdings nicht vorgesehen. Die neue Regierende erwartet zwar steigende Zahlen in dieser Woche, aber: „Das ist alles in einem Rahmen, der beherrschbar und auch planbar ist“, sagte Giffey am Sonntag im Deutschlandfunk. Die neue Schulsenatorin Astrid-Sabine Busse ließ sich gestern Abend im rbb zu der Aussage hinreißen: „Die heutige Tendenz sieht beruhigend aus.“ In der Tat blieben die befürchteten Ausreißer bei den Schultests (die in dieser Woche täglich durchgeführt werden) gestern aus. Dennoch ist der Trend klar erkennbar: Während die offizielle Inzidenz Berlin noch bei 265 ausweist, stehen die Tagesspiegel-Zahlen (die immer voraus sind) schon bei 308,5. Im Gesundheitsamt Spandau rechnet man damit, bis Mittwoch die Nachmeldungen der Feiertage abgearbeitet zu haben (Q: rbb-Abendschau). Während Giffey sich am Wochenende noch gegen eine Verkürzung der Quarantäne ausgesprochen hatte („Jetzt im Moment brauchen wir das noch nicht, weil unsere kritische Infrastruktur nicht zu 30 Prozent außer Gefecht gesetzt ist sondern maximal zu zehn Prozent”), hieß es gestern aus der Gesundheitsverwaltung: Wenn es eine Empfehlung des RKI gebe, werde man dieser folgen. Heißt: Abwarten und Ausfälle zählen. | |||||
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Gezählt hat auch die Polizei gestern Abend die vielen kleinen unangemeldeten Demonstrationen von Gegnern der Corona-Maßnahmen und jenen, die sich dagegen auflehnen. An der Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg wehrte sich der Kiez in der dritten Woche in Folge erfolgreich mit Blasmusik und Zettelbotschaften gegen die selbsternannten Querdenker, die versucht hatten, den historischen Ort der Friedlichen Revolution zu instrumentalisieren. Viel Liebe in der Luft. | |||||
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Auf wenig Liebe stießen bekanntlich 290 Straßennamen, bei denen der Politologe Felix Sassmannshausen „antisemitische Bezüge“ festgestellt hat (CP von gestern). Wir dokumentieren hier jeden Tag die genannten Straßen eines Bezirks und was die Studie (initiiert von Berlins Antisemitismusbeauftragtem Samuel Salzborn) empfiehlt. Erfreulicherweise ist die Liste für Friedrichshain-Kreuzberg recht kurz: Nur die Arndtstraße im Bergmannkiez hat sich zur Umbenennung disqualifiziert, benannt nach dem Historiker und Dichter Ernst Moritz Arndt (1769-1860), „Vertreter eines aggressiven Nationalismus, den er mit antifranzösischen Ressentiments begründete. In dem Kontext äußerte er sich auch offen frühantisemitisch. Dies lag in seinem nationalistischen Weltbild begründet.“ Weitere Forschung und/oder Kontextualisierung (z.B. per Plakette am Straßenschild) wird zudem bei folgenden Straßen und Plätzen empfohlen: Fichtestraße, Fontanepromenade, Franz-Mehring-Platz, Friedrichstraße, Grimmstraße, Jahnstraße, Mehringdamm, Mehringplatz, Schleiermacherstraße, Wilhelmstraße. Morgen geht’s hier weiter mit Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg. | |||||
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Aus der Reihe „Wo wohnen wir denn?“ (Teil II) ist auch die Pankower Straßenweltordnung zu betrachten. Anlass zu dieser Einschätzung liefert die Antwort des Bezirksamts auf die Anfrage des Grünen-Abgeordneten Axel Lüssow mit dem zugegebenermaßen ziemlich bescheuerten Titel „Kein Baum ist illegal – Denkmalschutz ohne Klimafolgenbewältigung?“, der möglicherweise auch zur, sagen wir mal, ungeschickten Antwort der Bezirksstadträtin Rona Tietje (SPD) beigetragen hat. Es geht um die denkmalgeschützte Wohnstadt Carl Legien, von deren „einstmals geschlossenen Baumreihen“ laut Anfragensteller Lüssow „weniger als die Hälfte erhalten“ ist. Im Oktober habe das Bezirksamt Nachpflanzungen mit der Begründung abgelehnt, „in der bauzeitlichen Vorgartengestaltung habe es keine Bäume gegeben – es sei das denkmalpflegerische Ziel, die Bereiche langfristig auf diese Situation zurückzuführen.“ Lüssow möchte nun also wissen: „Gab es in der bauzeitlichen Gestaltung die aktuelle Anzahl von Parkplätzen und den derzeitigen Durchgangsverkehr an der Erich-Weinert-Straße? Falls nein – wie beabsichtigt das Bezirksamt die Bereiche auf die ursprüngliche Situation zurückzuführen?“ Antwort der Stadträtin: „Nein…. Da es heute, anders als in den 1920er Jahren, selbstverständlich ist, dass private Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenraum (und nicht in Garagen) abgestellt werden, beabsichtigt das Bezirksamt nicht, die Parkplätze im Straßenraum zu entfernen.“ Schöne neue Welt. Die Lösung hat die BVG: Das Auto öfter mal stehen lassen (zum Beispiel so). | |||||
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