Wird diese Nachricht nicht richtig dargestellt, klicken Sie bitte hier. Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser Fliegen mit Gepäck ist zum Alptraum geworden. Passagiere beklagen sich. Die Anzahl falsch transportierte Gepäckstücke hat sich verdoppelt. Das hat auch negative Folgen für Reiseveranstalter. Mehr in diesen «Travel ius».
Kann der Reisende bei kleinen Mängel seine Reise kündigen? Was hat der Reiseveran-stalter vorzukehren. Das musste das Landgericht Frankfurt entscheiden, mit überraschendem Ergebnis.
Und zum Schluss: Die Methusalem-Champagnerflasche: 6 Liter perlendes Vergnügen – oder doch nicht?
Hinweis: Webinare zum neuen Datenschutzgesetz sind in Vorbereitung.
Viel Vergnügen mit diesen "Travel ius".
Rolf Metz, Rechtsanwalt
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| 1. "Gepäck-Wahnsinn" und Pauschalreisen «Der Handgepäck-Boom ist zum Alptraum geworden» so titelte Travel News vom 19. Mai 2023 und legte am 22. Mai 2023 noch nach. Travel Inside veröffentlichte am 16. Mai 2023 einen ausführlichen Artikel über den «Baggage IT Insights 2023»-Report der SITA. So hat sich die Zahl der falsch beförderten Gepäckstücke von 2021 auf 2022 fast verdoppelt.
Nun was haben diese Schreckensmeldung mit Pauschalreisen zu tun? Weshalb sollten diese Meldungen auch Reiseveranstalter aufschrecken?
In "Travel ius" Nr. 2 vom 12. April 2023 haben wir das Montrealer Übereinkommen vorgestellt, welches die Haftung bei internationalen Flugreisen regelt Und wie damals ausgeführt, ist bei Flugpauschalreisen der Reiseveranstalter sogenannter vertraglicher Luftfrachtführer. Als vertraglicher Luftfrachtführer haftet er mit der Fluggesellschaft (ausführender Luftfrachtführer) für einen unfallfreien Flug.
Das Montrealer Übereinkommen regelt zusätzlich die Haftung für das Gepäck. Also verspätete Auslieferung, Beschädigung oder Verlust desselben.
Die Haftung für beschädigtes oder verlorenes Gepäck ist auf SZR 1’288 = ca. 1'600 CHF begrenzt. Es handelt sich um eine maximale Haftung und nicht etwa um eine pauschale Entschädigung. Der Fluggast muss daher seinen Schaden nachweisen. Entschädigt wird der Zeit-wert, also was die beschädigten oder verlorenen Gegenstände im Zeitpunkt des Schadens noch für einen Wert aufwiesen.
Bei verspätetem Gepäck ist der Verspätungsschaden zu bezahlen. Der ist schwierig zu be-messen, da ja das Gepäck noch eintrifft. Und die Schadenersatzzahlung darf nicht zu einer Bereicherung des Fluggastes führen. Daher sind die Fluggesellschaften sehr zurückhaltend und geben z.T. «Overnight Kits» ab. Auch der Verspätungsschaden ist auf ca. 1'600 CHF begrenzt.
Wichtig zu wissen ist, dass der Fluggast strenge Fristen einzuhalten hat. Verpasst er diese Fristen, entfällt jeglicher Schadenersatzanspruch.
Da es sich um eine solidarische Haftung zwischen Fluggesellschaft und Reiseveranstalter handelt, kann sich der Reisende entweder an die Fluggesellschaft, den Reiseveranstalter oder beide wenden.
Für den Reiseveranstalter ist aber damit die Sache noch nicht erledigt. Denn neben dem Schaden kann die Reise noch einen Mangel aufweisen. Dies insbesondere bei verspätetem Eintreffen des Gepäcks an der Feriendestination.
Kürzlich hat der Fall eines Kreuzfahrtenpassagiers die Runde gemacht, der seinen Koffer erst einige Tag nach Beginn der Kreuzfahrt erhalten hat. Hier ist abzuklären, ob der Passagier allen-falls an vereinbarten Leistungen (z.B. Ausflügen, Kapitäns-Dinner) aufgrund des fehlendes Gepäckes nicht teilnehmen konnte. Das wäre dann ein Mangel, der aufgrund des Pauschalreisegesetzes zu entschädigen wäre.
Es ist aber auf zwei wichtige Punkte hinzuweisen, die im Rahmen des Montrealer Übereinkommens wie des Bundesgesetzes über Pauschalreisen zur Anwendung kommen: Selbstverschulden und Schadensminderungspflicht. Hat der Passagier den Schaden selbst verschuldet, kann er diesen nicht geltend machen. So ist allgemein bekannt, dass Medikamente ins Handgepäck gehören. Oder wenn man im Winter in den hohen Norden reist, die Winterjacke nicht in den Koffer packt, sondern im Handgepäck mitnimmt.
Die Schadensminderungspflicht besagt, dass der Reisende auch dazu beitragen muss, dass der Schaden nicht noch grösser wird. Typisches Beispiel beim verspäteten Koffer, der Veranstalter stellt dem Reisenden eine Pauschalsumme für den notwendigen Kleiderkauf zur Verfügung. Nutzt der Passagier dieses Geld nicht, kann er nicht im Nachhinein weiteren Schadenersatz und/oder Minderung des Reisepreises geltend machen. – Da ist auch zu erwähnen, dass dem Reisenden das Recht auf Selbstabhilfe zusteht. Unterlässt der Veranstalter den Mangel zu beseitigen, so kann der Reisende das Notwendige selbst vorkehren und diese Auslagen gegenüber dem Veranstalter geltend machen.
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| 2. Kündigung der Pauschalreise: Verweigerter Flug - Reisender geht nach Hause
Nicht jede Unannehmlichkeit berechtigt den Reisenden zur Kündigung des Reisevertrages.
Dem Gerichtsfall liegt folgende Geschichte zu Grunde: Eine Familie hatte Ferien in der Dominikanischen Republik gebucht. Im Reisepreis waren Anreise vom Wohnort zum Flughafen Frankfurt, Flug nach Südamerika, Hotelunterkunft usw. enthalten. Die Familie fand sich wie vorgesehen am Abflugtag, 1. Januar 2022 um 07:01 am Check-In-Schalter ein. Doch da die drei Personen nicht auf der Passagierliste standen, verweigerte die Fluggesellschaft den Transport.
Die Ehefrau nahm mit dem Reiseveranstalter Kontakt auf. Um 12:47 rief der Veranstalter die Ehefrau an und bot einen Ersatzflug für den folgenden Tag, 2.1.2022 um 11:35 Uhr an. Doch die Familie nahm das Ersatzangebot nicht an, sie war nämlich schon auf der Rückreise zu ihrem Wohnort. Sie wollte auch nicht für den Ersatzflug nach Frankfurt zurückkehren. Vor Gericht verlangte die Familie u.a. den gesamten Reisepreis zurück, die zusätzlich Auslagen für die Rückreise, die Hundepension (720 Euro) und die PCR-Tests.
Das Gericht entschied zu Ungunsten der Kläger. Die Verweigerung des Fluges ist ein Mangel der Reise. Bei einem Mangel müsse der Reisende dem Veranstalter die Möglichkeit bieten, den Mangel zu beseitigen. Indem der Veranstalter einen Ersatzflug am nächsten Tag angeboten habe, habe er seine Abhilfepflicht erfüllt. Zudem habe er innerhalb angemessener Frist den Ersatzflug angeboten. Das Angebote erfolgte zwar «erst» 5 Stunden und 47 Minuten später. Diese Frist sei angesichts, dass es sich um einen Feiertag gehandelt habe und die Information in den Morgenstunden erfolgte, nicht ungemessen lange. Es sei den Reisenden zumutbar gewesen, so lange zu warten resp. wieder auf den Flughafen zurückzukehren (der Veranstalter hätte für die Unterkunft aufkommen müssen).
Im Weiteren hätte die Familie das Ersatzangebot annehmen müssen. Die Reise umfasste 12 Tages und 11 Nächte. Die Verkürzung des Urlaubes um einen Tag, also 11 Tage und 10 Näch-te oder rund 10% stelle keine erhebliche Beeinträchtigung dar.
Wie würde die Rechtslage in der Schweiz aussehen?
Das Gericht ging davon aus, dass mit dem Check-In-Versuch die Reise angetreten worden war.
Der Ausfall des Fluges ist somit als Mangel nach Art. 12 f. Pauschalreisegesetz anzusehen. Die Reisenden haben richtig gehandelt, dass sie den Veranstalter informiert haben, Art. 12 Abs. 1 PauRG. Nach Art. 12 Abs. 2 und Art. 13 PauRG hat der Veranstalter geeignete Lösungen zu finden, um die Reise fortzusetzen. Diese Abhilfe hat innert angemessener Frist zu erfolgen. Das deutsche Gericht macht dazu zwei wichtigen Ausführungen: Erstens war die Mitteilung betreffend Ersatzflug (gute fünf Stunden nach der Reklamation) innert angemessener Frist. Dabei wurde berücksichtigt, dass es sich um einen Feiertag handelte und der Mangel am frühen Morgen eintrat. Zweitens sah es den Ersatzflug am nächsten Tag als korrekte Abhilfe an. Hier verweist es u.a. auf den Umstand, dass die Reise nur um 10% verkürzt worden wäre, was keine erhebliche Beeinträchtigung darstelle.
Ob ein Schweizer Gericht dieser Argumentation folgen würde, ist offen. Wird doch in der Literatur die Meinung vertreten, dass die Abhilfe grundsätzlich den ursprünglich vereinbarten Leistungen entsprechen müsse, wenn auch dem Veranstalter ein gewisser Spielraum zustünde. Eine Kündigung sei aber nur zulässig, wenn die Fortsetzung der Reise unzumutbar sei. – Die genannten 10% haben auch in der Schweiz ihre Bedeutung. Nämlich vor Abreise sind Preiser-höhungen bis 10% unwesentliche Vertragsänderungen (Art. 8 Abs. 2 PauRG). Daraus schliesst die Lehre, dass Programm- und Leistungsänderungen vor Abreise, welche den Wert der Reise um maximal 10% herabsetzen, als unwesentliche Änderungen anzusehen seien und vom Kunden akzeptiert werden müssten. – Ob diese Regel auch für Mängel während der Reise Anwendung findet, kann - mangels Gerichtsurteil - nicht beantwortet werden.
Quelle: Urteil Landgericht Frankfurt/Main vom 27.10.2022, Aktenzeichen 2-24 O 13/22
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3. Und zum Schluss: Die Methusalem-Champagnerflasche: 6 Liter perlendes Vergnügen – oder doch nicht? Wer liebt es nicht, im Restaurant so mal richtig mit Freunden zu festen und dabei einen guten Tropfen zu trinken. Das sagte sich auch ein Gast in einem deutschen Nobelrestaurant und be-stellte eine Flasche Champagner, und zwar eine Sechs-Liter-Flasche Roederer Cristal.
Als es ums Zahlen ging, war die Freude verflogen. Der Champagner sollte 13’000 Euro kosten. Der Gast weigerte sich zu zahlen, da ihm die Bedienung den Preis von 1'300 genannt habe. Es ist klar, dass der Streit vor Gericht landete, denn das Restaurant beharrte auf seiner Forderung. Kurz vor Prozessbeginn hat nun der Gast seine Zeche bezahlt, sodass das Gericht nicht entscheiden musste.
Ein typischer Fall aus dem «Lehrbuch» und zwar über die Grundlagen des Vertragsabschlusses. Gemäss Restaurant hatte man dem Gast den Preis sogar schriftlich gegeben und der Gast öffnete die Champagner-Flasche selbst. Da kann ein Vertragsabschluss kaum bestritten werden.
Quelle: LTO Legal Tribune Online,hier geht es zum Text auf LTO aufgerufen 23.5.2023 |
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