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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 17.06.2022 | Erst heiter, später kompakte Wolken bei um 24°C. | ||
+ Beängstigend ahnungslos: Bundesinnenministerium postet Foto mit Faschistengruß + Abstand vom Asphalt: SPD-Parteispitze lässt über Weiterbau der A100 abstimmen + Rassismus-Vorwürfe: Migrantenorganisationen enttäuscht von Bildungssenatorin + |
von Julius Betschka |
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Guten Morgen, wir beginnen mit Nachrichten aus dem Krieg gegen die Ukraine: +++ Russland reduziert die Gaslieferungen nach Europa. Die europäische Energieversorgung ist vorerst nicht gefährdet, teilte die EU-Kommission am Abend mit. +++ Eine 2018 gebaute Brücke, die Russland und die von Russland besetzte Krim verbindet, ist das „Ziel Nummer Eins“ der Ukraine. Über die Brücke transportiert Russland Nachschub. Zur Zerstörung braucht die ukrainische Armee moderne Waffen. +++ Nach dem Besuch von Olaf Scholz in Kiew hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Abend von einem „historischen Tag“ gesprochen. Wie dieser für Scholz ablief, lesen Abonnenten hier. Alle weiteren Neuigkeiten können Sie in unserem Newsblog lesen. | |||||
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Auf Abstand zum Asphalt: Die Berliner SPD wird aufgebockt. Am Sonntag wollen sich die Sozialdemokraten vom Weiterbau der A100 verabschieden. Offen ist nur noch, wie sehr. Auf dem Parteitag herrscht dazu ein wahrer – Trommelwirbel! – Antragsstau. Franziska Giffey und Raed Saleh jedenfalls werden wohl, anders als vorherige Parteivorsitzende, keine Brandreden für den Weiterbau bis nach Friedrichshain halten. Zwischen den Zeilen ist herauszuhören: Auch in der Parteispitze hält man den teuren Ausbau der Piste in eine der am dichtesten besiedelten Gegenden Deutschlands dann in 10 oder 15 Jahren inzwischen für wenig realistisch. Die Partei muss sich am Sonntag entscheiden, ob sie den quälenden Kompromiss hin zu einer Bürgerbefragung weitergehen will – oder sich selbst politisch klar positioniert. Team „Ende Gelände“ werden parteiintern gute Chancen zugerechnet. Ansonsten? Alles harmonisch.400 Anträge, nur vier sind kein Konsens. Kandidaturen gegen das Team von Giffey/Saleh? Bislang keine. Schöne, neue Sozi-Welt. | |||||
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Apropos Welt: die steht völlig Kopf in Berlin-Mitte. Im Bezirk will die SPD das Scheunen- und das Westfälische Viertel von Autos befreien. Private Wagen sollen dort für ein Jahr nicht mehr parken dürfen, die Straßen sollen als Spielstraßen ausgewiesen werden, das Befahren aber weiter möglich sein. Nicht nur der Chefärgermeister der „BZ“, Gunnar Schupelius, kippt mal wieder völlig vom Stuhl, sondern auch: die Grünen. Jaja, richtig gelesen. Deren verkehrspolitischer Sprecher in Mitte, Hendrik Böckermann, schreibt: „Ein komplettes und sofortiges Parkverbot für alle Fahrzeuge schafft meines Erachtens Chaos in Nachbarkiezen und trifft besonders ältere Menschen und Menschen mit Kindern, die NOCH auf ihr Auto angewiesen sind. Wir Grüne machen Verkehrswende mit den Menschen und nicht gegen sie.“ Böckermanns „wir“ dürfte allerdings klein geraten: Im Nachbarbezirk Friedrichshain-Kreuzberg haben die Grünen eine ähnliche Maßnahme längst für den Graefekiez beschlossen. Für die Menschen und auch gegen die Menschen. Oder so. | |||||
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Donnerstagmorgen, 10 Uhr. Berlins Kriminalreporter sitzen bei der Jahrespressekonferenz der Berliner Feuerwehr. Erst hält Innensenatorin Iris Spranger ein Referat. Stühle werden auf die Bühne geschoben. Feuerwehrchef Karsten Homrighausen lässt sich vom eigenen Sprecher interviewen. 80 Minuten später, kein einziger Journalist hat eine Frage gestellt. Motto: Wenn Du nicht mehr weiterweißt, gründe einen Gesprächskreis. Denn die Feuerwehr ist selbst in Not: 492.226 Einsätze gab es 2021, 22.000 mehr als im Vorjahr. Im Schnitt waren es 1349 pro Tag. Rekord. Damit ist die Feuerwehr alle 64 Sekunden zu einem Einsatz gerufen worden. Alle 29 Sekunden ging ein Notruf ein. Während der Rede der Innensenatorin wird der Ausnahmezustand Rettungsdienst ausgerufen – wie fast an jedem Tag in diesem Jahr. An manchen Tagen war nur noch ein Rettungswagen für die gesamte Stadt verfügbar. Nicht einmal die Hälfte der Wagen kommt noch in unter zehn Minuten an. Zeit für einen Rettungseinsatz bei der Feuerwehr, kommentiert mein Kollege Alexander Fröhlich. Und, was denken Sie über diese Zahlen? | |||||
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Bildung I: Manche halten sie für überfordert, andere für rassistisch, Franziska Giffey steht zu ihrer Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse. Jetzt haben verschiedene migrantische Organisationen einen Protestbrief gegen Busse geschrieben. Erstunterzeichner sind unter anderem der Türkische Bund in Berlin Brandenburg (TBB), die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD) oder der Verband für Interkulturelle Arbeit (VIA). In dem Schreiben, das dem Checkpoint vorliegt, steht Folgendes: + „Frau Busses Stellungnahme Anfang Juni 2022 über die von ihr getätigten Äußerungen hat bei den Unterzeichner*innen Enttäuschung hervorgerufen. Frau Busse bedauert, von Sarrazin zitiert worden zu sein. Eine ernsthafte Reflexion, Distanzierung und eine Vision von einer vielfältigen Bildungslandschaft war leider nicht zu erkennen." + „Wir wünschen uns eine Bildungssenatorin, die die Vielfalt Berlins akzeptiert, und statt Spaltung das Zusammengehörigkeitsgefühl stärkt. Eine Senatorin, die zu Eltern eine Bildungspartnerschaft in Augenhöhe anstrebt und ihnen unterstellt, dass sie das Beste für ihre Kinder wollen, und ihnen nicht vorwirft, dass sie Kinder wegen des Kindergeldes in die Welt setzen.“ + „Eine Senatorin, welche die Schule als Begegnungsort des Kiezes sieht und nicht als Festung oder gar ‚Front‘, in der Werte gegen die Gefahr einer ‚Arabisierung‘ verteidigt werden.“ Fortsetzung folgt. | |||||
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Bildung II: Wenn die Findungsphase an der Hausspitze irgendwann erledigt sein sollte, gäbe es auch inhaltlich einiges für die Bildungssenatorin zu tun. Fast jeder zehnte Brandenburger Lehrer kommt aus Berlin – 2000 haben ihren Wohnsitz hier. Brandenburg verbeamtet seit 2004. Seit 2012 hat Berlin fast 5000 Lehrkräfte durch Kündigungen verloren, häufigster Grund: die fehlende Verbeamtung. Ist das etwa ein Muster? In diesem Schuljahr sind 650 Lehrerstellen nicht besetzt, im kommenden Jahr werden es 1000 sein. Schulplätze gibt es auch nicht genug. Die Grünen fordern in einem Strategiepapier, das dem Checkpoint vorliegt, Lehrer häufiger durch externe Fachkräfte zu ersetzen. Die Notenpflicht soll zur Belegpflicht werden, wenn keine gelernte Lehrkraft die Stunden übernehmen kann. Mehr Projekttage an außerschulischen Einrichtungen sollen helfen, das vorhandene Personal durch weniger Klassenarbeiten entlastet werden. Ein Runder Tisch mit Experten ist notwendig, fordert der schulpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Louis Krüger. Die Sportpolitikerin Klara Schedlich sagte dem Checkpoint: „Die Sportvereine einzubinden und den Sportunterricht durchführen zu lassen, bewirkt eine Öffnung der Schulen. Die Benotung fällt dann weg – das ist eh längst überfällig!“ Keine Lehrer? Keine Noten. Waldorfschulwitze erspare ich uns. | |||||
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